"Müssen noch viel strenger sein"

Kardinal spricht über die Causa Stützenhofen, die Pfarrer-Initiative und den Zölibat

von
Christoph Schönborn - "Müssen noch viel strenger sein"

NEWS: Eminenz, nach Ihrer ebenso mutigen wie aufsehenerregenden Entscheidung in der Causa Stützenhofen/Pfarrgemeinderat - Motto: der Mensch geht im Einzelfall vor dem Regelwerk: Ist dies ein Paradigmenwechsel hin zu einer offeneren, mehr auf heutige Lebenswirklichkeiten abzielenden Kirche Österreichs?
Schönborn: Wir sind eine Kirche der Sünder und daher seit jeher offen für alle Menschen, aber wir heißen nicht jeden Lebensentwurf gut. Das ist eine Frage der Glaubenstreue, und daran hat sich auch nichts geändert. Bei meinem Entschluss, ein Pfarrgemeinderatswahlergebnis nicht zu beeinspruchen, ging es darum: Viele getaufte und gläubige Christen leben in Situationen, die nicht den Geboten Gottes entsprechen. Sie sollen aber in der Kirche leben, in ihr mitarbeiten und so auch ihre Freundschaft mit Christus entwickeln können. Wie kann dieses Mitleben konkret aussehen? Da ist die Kirche erst dabei, das auszuloten.

Vielleicht müssen wir mit uns selber noch viel strenger sein.

NEWS: Was können Sie bzw. die Kirche Österreichs tun, um dem aktuellen Vorwurf einer Doppelmoral in der Kirche ("Der heilige Schein") wirksam zu begegnen? Der Pfarrer von Stützenhofen sagte wegen des Pfarrgemeinderates: "In Sünde zu leben darf nicht die Norm sein"; anderseits outete ihn selbst nun eine Frau wegen eines Verhältnisses.
Schönborn: Gegenfrage - worin genau besteht die Doppelmoral? Die Kirche bietet Regeln an für ein gutes Leben im Einklang mit der Liebe Gottes. Wir wissen, dass weder die Priester noch irgendjemand sonst alle Regeln immer einhalten werden. Sollen wir deshalb die Regeln nicht mehr verkünden? Problematischer ist der offenbar verbreitete Eindruck, wir Priester würden über Sünden in den eigenen Reihen eher hinwegschauen als über die Sünden der Laien. Vielleicht müssen wir tatsächlich mit uns selbst noch viel strenger sein.

NEWS: Seit letztem Sonntag wird - siehe auch die ORF-Sendung "Im Zentrum" - nach dem Outing einer Dame aus Pressbaum heftig über den Pflichtzölibat diskutiert. Glauben Sie, dass diese Regelung auf der Ebene der Weltkirche vielleicht doch einmal verhandelbar sein wird?
Schönborn: Über den Zölibat wird seit 2.000 Jahren verhandelt, und trotzdem hält die Kirche an ihm fest. Weil sie ihn als besonderen Schutz und Kraftquelle betrachtet. Und gerade jetzt, wo uns weisgemacht wird, dass der Sex stärker ist als der Mensch, wollten wir dieses Zeihen, dass das Ringen um Keuschheit zumutbar und wertvoll ist, nicht aufgeben. So wie wir nicht aufhören werden, die Ehe hochzuhalten - auch wenn der Ehebruch grassiert.

Das sehe ich als Zeichen seiner Hirtensorge um die Kirche.

NEWS: Papst Benedikt XVI. hat am Gründonnerstag die Pfarrer-Initiative Österreichs auf die Weltbühne gehoben, als er öffentlich sagte: "Wir wollen den Autoren glauben, dass sie von Sorgsamkeit für die Kirche bewogen sind, dass sie überzeugt sind, die Trägheit der Institutionen mit drastischen Mitteln in Angriff zu nehmen, um neue Wege zu öffnen. Ist Ungehorsam allerdings ein Weg?" Wie bewerten Sie diesen bemerkenswerten Hinweis?
Schönborn: Als Zeichen seiner Hirtensorge um die Kirche.

NEWS: Die Pfarrer-Initiative rund um Helmut Schüller will nun das direkte Gespräch mit dem Papst. Sehen Sie dafür eine Chance, oder werden Sie sich persönlich im Vatikan dafür verwenden, dass so etwas zustande kommt?
Schönborn: Der Papst hat gezeigt, dass er genau weiß, was hierzulande diskutiert wird. Ich bezweifle, dass ihm ein solches Gespräch viel Neues brächte. Aber umgekehrt täte es uns Österreichern immer gut, ein wenig Geist von der Weltkirche zu atmen. Die katholische Kirche ist ja weltweit viel vitaler und dynamischer, als es sich aus
der kleinen österreichischen Sicht darstellt, und daher auch nicht unbedingt sehr hellhörig für österreichische Patentrezepte.

NEWS: Italienische Zeitungen schrieben zuletzt, dass Österreichs Kirche im Vatikan "verschrien" sei, dass da mit der Ortskirche einiges nicht in Ordnung sei. Kann dies Auswirkungen haben auf die bevorstehenden Bischofsernennungen in Graz, in Feldkirch, in Salzburg? Etwa in dem Sinn, dass der Vatikan erneut äußerst "romtreue" Bischöfe ernennen wird?
Schönborn: Die Treue zum Papst und zur Kirche und ihrer Lehre ist doch kein Widerspruch dazu, dass jemand ein guter Hirte ist. Im Gegenteil! Daher hoffe ich, dass die zu ernennenden Bischöfe beides vereinen. Und hat es in der Kirchengeschichte je eine Ortskirche ohne Probleme gegeben?

Kommentare

geri1960

Buberl ? Was ist gescheiter für die Pfaffen ??
Buberln oder normalen Sex wie es für den Menschen eigentlich vor vorgesehen ist !!!

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