Zacken aus der Krone

Eine öffentliche Fehlerkultur ließ die Kronen Zeitung bisher vermissen

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Fakten - Zacken aus der Krone

"Das war ein Fehler, wie er mir in 39 Jahren noch nicht passiert ist", sagt Christoph Biró, Chefredakteur der Steirer-"Krone". Er entschuldigte sich damit für seinen jüngsten Leitartikel (siehe Faksimile), in dem er ohne Belege über Übergriffe und Sachbeschädigungen durch Flüchtlinge schrieb und gegen "junge, testosterongesteuerte Syrer" hetzte. Die "Kronen Zeitung" hat damit neues Terrain betreten. Neu ist nicht, dass Österreichs auflagenstärkste Zeitung mit unhaltbaren Gerüchten gegen Minderheiten kampagnisiert, sich im Ton vergreift, mit Ängsten spielt oder Tatsachen verdreht. Neu ist auch nicht der Shitstorm in den sozialen Medien, den solche Entgleisungen nach sich ziehen. Neu ist vielmehr, dass sich das Boulevardblatt entschuldigt. "Bisher hat sich die 'Krone' um eigene Fehler oder Kritik von außen nicht geschert", sagt Engelbert Washietl, jahrelanger Sprecher der "Initiative Qualität im Journalismus"."Bisher hatte man das Gefühl, die Macher der 'Kronen Zeitung' leben in einer Enklave, unbeeindruckt von dem, was der Rest der Welt so denkt. Vor allem durch die sozialen Medien und den öffentlichen Druck ist das heutzutage aber immer schwerer möglich", sagt Washietl.

© Kronen Zeitung

Auch wenn die Zeitung den Presserat, das Selbstkontrollorgan der Branche, offiziell ignoriert, dürften die vielen Fehltritte an Lesern und Mitarbeitern nicht mehr spurlos vorbeigehen, meint Washietl. Die "Krone" ist immerhin das vom Presserat meistgerügte Medium. Entschuldigen hätte sich die Zeitung schon oft können. Gerade bei Berichten über Minderheiten druckte man immer wieder Falschmeldungen.

Im September des vergangenen Jahres meldete die Salzburg-Ausgabe am Cover: "Für Flüchtlinge Frau gekündigt. Salzburger Mindestrentnerin muss aus Wohnung raus, weil Asylwerber kommen". Tatsächlich musste die 72-jährige Dame aber weder ihre Wohnung verlassen, noch wurde der Mietvertrag gekündigt. Eine Entschuldigung oder Richtigstellung blieb aus.

Im Dezember berichtete das Blatt von einer "tobsüchtigen Türkin", die das weihnachtliche Krippenspiel einer christlichen Schule in Wien sabotierte. "Auch ihre Tochter und ein Mann stimmten in das Geheul ein" und nur dank "hünenhafter" Polizisten konnte das "Trio" wieder unter Kontrolle gebracht werden, schrieb das Blatt. Was die "Krone" nicht dazusagte: Wenige Wochen zuvor war der Sohn der "Tobsüchtigen" bei einem Unfall gestorben. Als bei dem Krippenspiel eine Lehrerin kollabierte, erlitt die trauernde Frau einen Nervenzusammenbruch. Das berichtete die "Krone" erst Tage später in einem kleinen Kasten am Seitenrand -abermals ohne Entschuldigung.

Eine andere Coverstory lautete: "Eltern und Geschwister erschossen: Fünffach- Mörder als Asylwerber!" Ein Afghane habe im "Alko-und Drogenrausch" fünf Angehörige erschossen. Danach habe er in Österreich Asyl beantragt. Dass der Mann unter einer Psychose litt und die Morde lediglich erfunden hatte, konnte der aufmerksame Leser erst am nächsten Tag einem winzigen Kasten auf Seite elf entnehmen.

Ein Fall für sich ist "Krone"-Kolumnist Michael Jeannée, der mit polemischen und unwahren Behauptungen regelmäßig Presseratsrügen provoziert -was er dann lustvoll zelebriert. Entschuldigungen und Richtigstellungen sind seine Sache nicht, mit einer Ausnahme: Nachdem er anlässlich des Flüchtlingsdramas mit 71 Toten auf der A4 die Schlepper als "Tiere in Menschengestalt" bezeichnet hatte, entschuldigte er sich wenig später: Die lieben Tiere hätten diesen Vergleich wirklich nicht verdient.

Das öffentliche Schuldeingeständnis von Christoph Biró ist daher in mehrfacher Hinsicht beachtlich. Biró zählte bisher zum besonnenen Flügel der "Krone". Die Tatsache, dass er sich für kurze Zeit aus der Redaktion zurückzieht, dürfte aber nicht nur seinem Charakter zuzuschreiben sein, sondern könnte auch als Zeichen gewertet werden, dass selbst die "Krone" sich nicht mehr alles erlauben kann.

Kommentare

Genug von Gehirnwäsche! Krone soll versuchen endlich die Wahrheit schreiben, nicht das was vorgeschrieben sind.

Egal, ob Krone oder News oder sonstwer: Wenn etwas als Tatsache dargestellt wird, muß es auch stimmen - jeder Journalist sollte persönlich dafür haften! Natürlich können auch Meinungen, persönliche Schlußfolgerungen oder Satiren gedruckt werden - nur müssen diese als solche erkennbar sein. Es gibt keine "falschen Tatsachen", sondern nur Lügen (bewußt oder unbewußt, vorsätzlich oder fahrlässig).

Oberon
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Zugegeben, die "Krone" treibt es mit ihren reißerischen Artikeln manchmal auf die Spitze, aber vielleicht kommt sie gerade deswegen - auch bei eher gemäßigten usern - an, weil sie FÜR Österreicher ist. Sie setzt da an, wo andere Medien kläglich versagen! Niemand hat es gern, im eigenen Land von extremen Anwendern der politischen Korrektheit als Mensch 2.Klasse gesehen zu werden, wenn auch nur.....

Oberon
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....subtil formuliert. Das macht's der "Krone" natürlich leicht. :-)

Zu der 72-jährigen alten Dame. Um die Ecke gedacht. An dem Fall wird schon was dran sein. Der Vermieter wollte die Wohnung nicht aus reiner Herzensgüte Flüchtlingen zur Verfügung stellen, sondern vermutlich deswegen, weil er dadurch die Miete erhöhen kann.

giuseppeverdi melden

Dass die Krone was eine gerechte Berichterstattung anbelangt, nicht das Gelbe vom Ei ist, weiß jeder, der dieses Blatt regelmäßig liest. Aber dass sich gerade NEWS, auf diese "Fehler'" stürzt, bei dem nicht ein einziger Artikel ohne Fehler in dieser Richtung passiert (alles wird gut geredet), das ist grotesker als grotesk. wie heißt es so schön liebes NEWS? Wer im Glashaus sitzt......LÖSCHEN!!!!

gustigusti melden

Man muss der Fairness halber sagen, dass auch der Ton von News sich in den letzten Wochen zumindest ein wenig geändert hat. Ich lese hier immer noch gern, die Krone extrem selten daher will ich's nicht beurteilen. Aber sie haben recht, dass wir uns alle wünschen, man würde uns die Wahrheit sagen - die GANZE Wahrheit! Und das kann man nur unter Verwendung vieler Dienste, dank Internet geht's!

Oberon
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Diverse Medien haben halt noch immer nicht erkannt, dass gezieltes Verschweigen von unangenehmen Tatsachen und Schönfärberei die Leser misstrauisch macht. Man ist deswegen kein schlechter Mensch, wenn man das oftmals undankbare und unangepasste Verhalten von Asylwerbern kritisiert und auch kein
Nazi, wenn man mal dem Strache recht gibt. Es muss doch einen Mittelweg geben!
Wir wollen ......

Oberon
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....informiert werden, was in unserem Land passiert. Sachlich und korrekt, und OHNE p.c.-mäßige Verrenkungen! Das muss doch möglich sein?!

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