Chinas tönerne Bank-Kolosse: Emission der Staatsbank größter Börsengang überhaupt!

FORMAT: Volumen von unglaublich 22 Mrd. Dollar Trotz Rekord hat Chinas Finanzbranche Probleme

Mit 22 Milliarden Dollar Volumen geriet die Emission der chinesischen Staatsbank ICBC zum größten Börsengang der Geschichte. Trotz des Rekords hat Chinas Finanzbranche ernste Probleme.

Dieser Tage hat die unaufhaltsam expandierende Wirtschaftsmacht China erneut einen Rekord gebrochen. Die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) feierte in Hongkong und Shanghai ihr Börsendebüt. Die chinesische Regierung verkaufte 15 Prozent an der Großbank und nahm dabei 22 Milliarden Dollar ein.

Damit führt das Finanzinstitut nun die Liste der bisher größten Börsengänge der Geschichte an - bis dahin hatte diesen Ehrenplatz das japanische Telekomunternehmen NTT inne, das 1998 gut 18 Milliarden bei Investoren sammelte. "Wir sind sehr, sehr zufrieden. Dies ist ein Meilenstein in der Entwicklung unserer Bank", jubelte ICBC-Präsident Jiang Jianqing anlässlich der Emission in Hongkong.

Mit dem Börsengang der ICBC hat der China-Boom nun auch den Bankensektor erreicht. Der Ansturm auf die neuen Papiere war so groß, dass die Emission um das 80-fache überzeichnet war. Kleinaktionäre und Großinvestoren lieferten sich ein derart hartes Match um die begehrten ICBC-Titel, dass der Kurs gleich in den ersten Handelsminuten um fast 20 Prozent in die Höhe schoss.

Die anscheinend ungebremste Börseneuphorie ist allerdings nur eine Seite der Medaille. Die Kehrseite: Experten warnen seit Jahren, dass der chinesische Bankensektor hohe Risiken birgt. Fast die gesamte Branche befindet sich unter Kontrolle der kommunistischen Regierung und wird von vier staatlichen Großbanken ("The Big Four") dominiert. Vetternwirtschaft und Korruption stehen auf der Tagesordnung, und Kredite werden in großem Stil vergeben - teils sogar ohne Risikobewertung. Ende 2005 belief sich daher das Volumen der Not leidenden Darlehen nach offiziellen Angaben auf 1,57 Billionen US-Dollar. Chinesische Banken gelten zudem im internationalen Vergleich als sehr ineffizient. "Der Bankensektor ist neben anderen Bereichen wie Soziales und Umwelt eine der großen Schwächen Chinas", sagt Hannes Androsch, Exfinanzminister und Großaktionär der AT&S, die in Shanghai ein Leiterplattenwerk betreibt.

280 Milliarden Dollar hat die chinesische Regierung seit 1998 zur Tilgung dieser Not leidenden Kredite aufgewendet, davon flossen alleine 60 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr in die vier großen Staatsbanken. Immerhin notieren drei der vier - die Bank of China, China Construction Bank und nun ICBC - seit kurzem an der Börse. Vor den IPOs wollte die chinesische Zentralbank noch schnell die Bilanzen trimmen.

Bei der ICBC sah dies folgendermaßen aus: Um satte 80 Milliarden Dollar wurde das Kreditportfolio in den letzten Jahren bereinigt. Ende des vergangenen Geschäftsjahres beliefen sich die Problemkredite nach Angaben der Bank noch auf knapp 20 Milliarden Dollar. Dies entspricht 4,7 Prozent des gesamten Kreditvolumens. "Der Prozentsatz liegt nun auf einem recht niedrigen Niveau", meint Ronald-Peter Stöferle, Asien-Experte bei der Erste Bank, "doch Finanzexperten bezweifeln, dass diese Angaben auch der Wahrheit entsprechen."

Die Bilanzen wurden zwar schnell poliert, an der jahrzehntelangen Kreditvergabepraxis und dem veralteten Management in den Banken hat sich hingegen nichts geändert. "Die Bilanzen schauen zwar gut aus, aber die Strukturen dahinter sind die alten", meint Andreas Werner, Leiter des China-Geschäfts in der Raiffeisen Zentralbank (RZB).

Die Verquickung mit dem Staat ist im chinesischen Bankensektor weiterhin enorm. ICBC-Präsident Jianqing fungiert nebenbei etwa als Wirtschaftsmanager im erweiterten Zentralkomitee der Kommunistischen Partei. Immer wieder tauchen auch schwere Korruptionsfälle in den Staatsbanken auf. Die Bank of China hat im Frühjahr 75 Manager wegen Bestechung gefeuert. Ein stellvertretender Leiter einer Bankfiliale räumte satte 94 Millionen Euro auf die Seite, und ein Topmanager wurde wegen Bestechung gar zum Tode verurteilt.

Ein funktionierendes Risikomanagement fehlt: Vor allem in den Bankfilialen im ländlichen Raum - ICBC hat etwa 19.000 in ganz China - werden Kredite sehr leichtfertig und ohne genauere Prüfung vergeben. Oft brauchen potenzielle Kreditnehmer nur die richtigen Kontakte, um an Geld zu kommen. "Bis ein effizientes Risk-Management installiert ist, dauert es Jahre. Das Personal dazu muss überhaupt erst ausgebildet werden", so China-Banker Werner.

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