Motivation im Büro: Smiley-Ansteckknöpfe, XXL-Grinsen und jede Menge Büroklammern

Vom eigenen Engagement zur motivierenden Führung

Jeder Chef brennt für sein Unternehmen. Schließlich hat er es mit großem persönlichem Engagement aufgebaut und zu dem gemacht, was es heute ist. Doch leider sind nicht immer alle Mitarbeiter genauso motiviert. Doch wie lässt sich in der täglichen Unternehmenspraxis ihren vielen Herausforderungen das eigene Engagement in eine motivierende Führung übertragen? Diese Frage kann zu so mancher Absurdität in der Chefetage führen – so erfährt und erlebt das auch Hannes. Der 49-jährige studierte Betriebswirt ist Produktionsleiter und Mitglied der Geschäftsleitung eines internationalen Industriekonzerns. Er gewährt einen Einblick, was auf der Management-Etage so gedacht und getan wird – erst recht, wenn es um Motivation geht. Übrigens: Ein Schmunzeln aufgrund dieser Business-Satire ist hier durchaus erlaubt ...

von Chefsache - Motivation im Büro: Smiley-Ansteckknöpfe, XXL-Grinsen und jede Menge Büroklammern © Bild: Shutterstock

Auch Hannes hat es erwischt: Seine Mitarbeitenden sind nicht mehr motiviert. In seiner Abteilung ist die Mitarbeitermotivation gemäß der letzten Personalumfrage bereits zum zweiten Mal hintereinander gesunken. Diesmal sind es 0,4 Prozentpunkte weniger. Zwar ist das Niveau mit 86,491398 Prozent ziemlich ordentlich, aber Luft nach oben hat’s immer. Sagt der CEO. Man darf nie damit zufrieden sein, dass man zufrieden ist, meint er.

Im Grunde haben sich alle Mitarbeitenden über die Prozesse, das Arbeitsvolumen und auch die meisten andern Punkte positiv geäußert. Es ist einzig das Kriterium "ich fühle mich motiviert in meiner täglichen Arbeit", dessen positive Spannung auf der Einstufungsskala etwas abgeschlafft ist.

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Von daher ist die Aussage präzis. Die Mitarbeitenden fühlen sich nicht mehr so stark motiviert. Die Devise von Hannes’ Chef ist ebenso klar: sorgen sie dafür, dass diese Zahl nächstes Jahr wieder höher ist, am liebsten um die 90 Prozent.

Ein Chef kann seine Mitarbeiter nicht motivieren, oder?

Hannes ist im ersten Moment etwas unsicher, was er tun soll. Irgendwann hat er gelernt, dass ein Chef seine Mitarbeiter nicht motivieren kann. Im besten Fall soll er sie in einer ersten Phase nicht demotivieren und dann ein Umfeld schaffen, in dem sich alle entwickeln und entfalten können. Das motiviert gemäß der Wissenschaft. Aber das greift erst langfristig. Hannes bleiben nur ein paar Monate, um den Motivationswert aufzuhübschen. Er muss also aktiv motivieren. Hannes wäre nicht Hannes, wenn er nicht geplant und strukturiert vorgehen würde.

Zuerst kauft er sich einen Stapel Motivationsbücher mit Titeln wie "Mitarbeiter motivieren in 30 Tagen", "Gehe hin und motiviere", "Die Steve-Jobs-Motivations-Methode". Er zieht selbst einschlägige Literatur von ehemaligen Eishockey- und Fußballtrainern bei, die im Sport erfahren haben, wie man motiviert und es nun für gutes Geld an Tagungen und in Bestsellern weitergeben. Auf dem Sportfeld sind sie allerdings nicht mehr gefragt – vielleicht motivierten sie dort zu sehr. Wie auch immer. Hannes hat das Gelesene sauber strukturiert verinnerlicht und in seinen gewohnten Maßnahmenplan gesetzt.

Positives Gesicht und XXL-Grinsen

Er hat entschieden, dass er „Think-positiv“ als Grundmotto für die Motivation einsetzt. Kurz bevor er ins Büro seiner Abteilung oder in die Fabrikationshalle seiner Produktionsinseln geht, schaut er in den Spiegel. „Positives Gesicht“ – ein XXL-Grinsen setzt er auf, nicht nur kurz, sondern permanent, bis er das Büro respektive die Fabrikationshalle wieder verlässt. Das strahlt aus. Genauso wie sein euphorisches "Hallo, einen schönen, tollen Morgen wünsche ich euch allen und den supergroßen Erfolg!" In überschwänglicher Tonart in die Büroräume geworfen soll es anstecken und Energie geben.

Im Fish-Motivationsvideo hat er gesehen, dass Fische werfen motiviert. Hannes hat sich dazu einen Vorrat an Büroklammern gekauft. Beim Eintritt ins Großraumbüro seiner Innendienst-Equipe wirft er rein spaßeshalber immer eine Hand voll Büroklammern in die Luft. Die Adressaten dieser Nachricht wird die Botschaft wohl erreichen – obwohl sie es noch nicht schaffen, die Freude daran auch zu zeigen.

Hannes trägt neu auch "Smiley-Ansteckknöpfe" am Hemd. Das steckt an, buchstäblich. Er begrüßt jeden Tag einen Mitarbeiter per Handschlag und wünscht ihm einen ganz besonderen Tag. Selbstverständlich verschickt er in der Mittagspause per E-Mail an alle eine positive Tagesnachricht. "Es geht nicht ums Gewinnen, es geht ums Kämpfen. Packen wir es an!" oder "Jeder Tag ist der beste Tag, ganz besonders der heutige" oder ein schlichtes "Die Welt ist schön!" Auch hier spürt er den Erfolg nicht unmittelbar. Rückmeldungen bleiben noch aus. Nun, erfolgreich muss es ja nicht sofort sein, es muss erst in ein paar Monaten wirken – bei der nächsten Mitarbeiterumfrage.

Noch mehr Schnickschnack

Selbst die Signatur seines E-Mail-Accounts hat Hannes motivierender gestaltet. Das professionell-knapp formulierte "freundliche Grüße" wird ersetzt durch "lebensfrohe Energie und einen suuuperdollen Tag wünscht Ihnen ...". Hannes steht zwar überhaupt nicht auf solchen Schnickschnack. Als gelernter Ingenieur ist er den wissenschaftlichen Tatsachen verpflichtet. Vom Typ her liegt sein Hauptgewicht auf "DISG-blau", er ist also strukturiert, ordentlich und aufgabenbezogen. Aber wenn in den Büchern steht, dass solcher Schnickschnack nützt, so wird es wohl sein. Auch seine Kleidung hat er angepasst und sich an Barack Obama ein Vorbild genommen. "Der ist ja auch ein Motivator", sagt sich Hannes und krempelt an der Arbeit die Ärmel seiner Hemden fortan stets zu einem Viertel hoch.

Schließlich sucht er noch nach einem passenden Video auf youtube. Der Beginn einer Rede von Steve Ballmer vor seiner Microsoft-Crew erscheint Hannes passend. Ballmer springt auf die Bühne, rennt hin und her, jubelt, schreit, gerät fast außer Atem, stellt sich ans Rednerpult und beginnt "we – we are the best companyyyyy – yeah!" Genau, das ist es. Hannes übt ebenfalls einen Text ein, steigert seine Fitness und beim nächsten Abteilungsmeeting stürmt er ins Sitzungszimmer, macht rennend drei Runden um den Tisch, kommt völlig außer Atem, schaut begeistert in die entgeisterten und irritierten Gesicherter seiner Mitarbeitenden und setzt zu seiner Rede an – "Mist, ich hab den Text vergessen!" Doch rasch fängt er sich: "Ich werde ihn nach der Sitzung mailen."

Fazit

Die Hauptaufgabe eines Chefs liegt in der Organisation – schließlich muss das Unternehmen laufen und das am besten rund. Je nach Branche, Größe und Business müssen Strategie und Ziele festgelegt, regelmäßig Gespräche mit Banken, Lieferanten und Geschäftspartnern geführt, Mitarbeiter gefunden, Bestellungen getätigt, Kunden gesucht und besucht, die Buchhaltung vorbereitet, Umsetzungspläne erstellt und auch noch das eine oder andere Wichtige getan werden. Ganz nebenbei kommt dazu noch eine weitere Aufgabe: Die Führung, nicht nur des Unternehmens, sondern vor allem der Mitarbeiter. Diese zu motivieren ist Teil einer guten Führung.

Bedeutet Führen – ganz theoretisch – schon die zielgerichtete Beeinflussung des Verhaltens und Erlebens von Personen innerhalb einer Gruppe, müssen bei der Motivation zusätzliche Aspekte betrachtet werden. Denn die Situationen, in denen Führungskräfte richtig handeln und entscheiden sollen, sind ebenso vielfältig wie die davon betroffenen Mitarbeiter. Immer besteht ein Zusammenhang aus Umgebung, Abhängigkeit und Befindlichkeit. Vor diesem Hintergrund wird schnell klar, warum es die eine Weisheit zur richtigen Führung bzw. Motivation nicht geben kann. Aber eines ist klar: erfolgreiche Führung ohne Motivation ist kaum machbar.

Fünf Schritte zur Motivation

Schritt 1 – Selbst top motiviert sein

Motivation kann nur auslösen, wer Motivation ausstrahlt. Und um Motivation auszustrahlen, muss man sie zwingend in sich selbst tragen. Der erste Schritt muss also immer sein, sich selbst zu hinterfragen, ob man selbst wirklich top motiviert ist. Wenn ja, gilt es zu beachten, dass man als Chef gerade in Phasen des Wandels selbst auf der Handlungsebene ist. Wer Veränderungen initiiert, Neuerungen anstößt, muss Folgendes bedenken: Wer aktiv ist, ist automatisch motivierter. Das heißt, nur weil wir vielleicht selbst finden, dass ein Projekt prima ist, können wir nicht automatisch davon ausgehen, dass es alle anderen auch tun.

Schritt 2 – Sinn vermitteln

Die Arbeit muss Sinn machen. Und diesen Sinn muss jeder einzelne für sich selbst erkennen oder auch immer wieder offengelegt werden. Für den einen Mitarbeiter ist es der zufriedene, ja begeisterte Kunde, für den anderen vielleicht das Vertrauen des Chefs bzw. der Chefin. Mit Geduld, authentischem Handeln und Einfühlungsvermögen können wir dazu beitragen, Sinn zu vermitteln. Und genau dieser Sinn, vom einzelnen Mitarbeiter wahrgenommen und im Idealfall auf dessen Vorstellungswelt passend, motiviert!

Schritt 3 – Aufhören zu demotivieren

Ein etwas provozierender Ansatz: Wer als Chef davon ausgeht, dass die eigenen Mitarbeiter motiviert werden müssen, geht auch davon aus, dass sie es nicht sind. Daraus lässt sich eine Haltung ableiten. Im Normalfall kommen die meisten Mitarbeiter durchaus motiviert an den Arbeitsplatz, erfahren dort aber "Demotivation" – schon ist es vorbei! Darum einfach die Mitarbeiter nicht durch zu starre Regeln, Voreingenommenheit oder überhöhte Ansprüche demotivieren. Dann ist die halbe Miete schon geschafft. Dabei hilft oft schon die Überlegung, wie man einen Mitarbeiter vielleicht einmal ganz speziell und individuell unterstützen kann.

Schritt 4 – Freiräume zulassen

Die meisten Menschen, nicht nur solche in kreativen, künstlerischen Berufen, schätzen Freiraum in der Gestaltung ihrer Arbeit sehr. Hier gilt es anzusetzen. Chefs sollten sich deshalb überlegen, was sie zwingend wie haben möchten und es dann mitteilen. Alles andere, wie beispielsweise Wege dazu, wie man Angebote einholt, das Telefongespräch mit einem Kunden führt oder sich mit dem Kollegen am besten abstimmt, wird dem einzelnen Mitarbeiter überlassen. Klar, die einen sind froh um Unterstützung, dann kann der Chef oder die Chefin auch mal einen Anschub geben – aber bitte nicht mehr.

Schritt 5 – Eigene Lösungen machen stolz

Wer selbst die Lösung findet, wer diese selbst austesten und erfolgreich umsetzen kann, ist stolzer und somit motivierter. Wer beispielsweise mitbestimmen kann, wie ein neues Produkt präsentiert wird, wird mit viel mehr Motivation in das Verkaufsgespräch gehen. Wirkliche Mitgestaltung, und sei es in noch so kleinem Rahmen, ist nachweislich einer der wichtigsten Faktoren, Menschen bei der Stange zu halten. Aber bitte keine Alibi-Beteiligung. Habe ich als Chef bereits eine Entscheidung gefällt, sollte ich nicht mehr fragen "Wie finden sie das?". Es sei denn, ich wäre bereit, meine Entscheidung nochmals zu revidieren, sollten die Mitarbeiter sie nicht toll finden.

Zusammenfassung:

Zum Thema "Motivation in der Führung" ist schon viel geredet, geschrieben und philosophiert worden. Doch vorweg: DEN einzig richtigen Ansatz, jemand anderen zu motivieren, gibt es nicht – ebenso wenig wie DIE richtige Führung. Zwar gibt es typische Situationen, wie sie überall in der Geschäftswelt an der Tagesordnung sind: fehlende Loyalität von Mitarbeitern, Jung führt Alt, vom Kollegen zum Vorgesetzten, Umgang mit Vorurteilen. Sie alle zeigen, wie eng Führung und Motivation miteinander verwoben sind. Und im Idealfall dürfen bei alledem die Kunden nicht vergessen werden – schließlich sind sie von essenzieller Bedeutung für den Erfolg. Schon aus diesem Grund sollte jeder einzelne Mitarbeiter voll bei der Sache sein. Doch wie kann es gelingen, alle Mitarbeiter als Chef so zu motivieren, dass ihr Engagement zum Fokus wird? Ist einem Chef die Motivation der Mitarbeiter ebenso eine Herzensangelegenheit wie das eigene Unternehmen gedeihen und wachsen zu sehen, überträgt sich das persönliche Engagement automatisch auf die Führung. Es gilt also: Motivation leben, Ziele sauber formulieren und Wege dazu frei lassen. Die Mitarbeiter werden sich darin und daran entwickeln. DAS motiviert!

Zum Autor

Als Kommunikationsberater begleitete Stefan Häseli während mehrerer Jahre zahlreiche Unternehmen bis in die höchsten Vorstände von multinationalen Konzernen und dozierte an Universitäten und Fachhochschulen im Themenfeld Kommunikation. Er regt als internationaler Speaker dazu an, wirkungsvolle Kommunikation im Alltag mit Spaß zu erleben.

Der Schweizer Business-Kabarettist Stefan Häseli ist ausgebildeter Schauspieler, gefragter Entertainer und Comedian mit jahrelanger Bühnenerfahrung, der sämtliche Programme selbst schreibt. Dazu kommen regelmäßige Engagements in Kino-Produktionen, TV-Serien, Werbespots und Schulungsfilmen. Er gehört zu den Business Comedians der ersten Stunde, begeistert sein Publikum mit feinsinnigem Humor.

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In seinen Vorträgen und Seminaren vermittelt er Wissen kurzweilig und gespickt mit Beispielen aus der Praxis sowie amüsanten Anekdoten – stets mit einem liebevollen Augenzwinkern analysiert er aktuelle Ereignisse regelmäßig als kommunikativer Beobachter.

Stefan Häseli schreibt Bücher, Fachartikel und Kolumnen. Gerade ist sein neues Buch erschienen: "Best Practice Leadershit – Absurde Wahrheiten aus den Chefetagen"

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