"Bin richtig sauer auf die"

Charlotte Roche sprach mit NEWS.AT über ihren verfilmten Roman "Feuchtgebiete"

von Charlotte Roche © Bild: Nicolas Kantor / Majestic

NEWS.AT: Haben Sie den Kinofilm Feuchtgebiete schon gesehen?
Charlotte Roche: Ja klar, oh Gott, ich rede doch nicht da drüber und hab' den dann noch nicht gesehen, was denken Sie von mir?

NEWS.AT:Und wie gefällt Ihnen das Ergebnis?
Charlotte Roche: Ich habe nach drei Minuten schon gewusst: Das ist der Knaller. Ich habe schon nach drei Minuten soviel gelacht und gequietscht und geschrien. Und die Hauptdarstellerin finde ich den absoluten Wahnsinn.

NEWS.AT:Ist sie genauso, wie Sie sich Ihre Helen Memel beim Schreiben vorgestellt haben?
Charlotte Roche: Nein! Meine Helen ist nicht so hübsch wie die Carla Juri. Ich hatte eher mich selber vor Augen als 18-Jährige. Die haben zwar versucht, Carla Juri ein bisschen hässlicher zu machen, indem sie ihr die Haare abgeschnitten haben, aber das funktioniert nicht bei so schönen Leuten.
Vor allem die Sachen, die sie selbst gemacht haben, waren für mich total unterhaltsam. Und die Mutterfigur ist sogar besser als im Buch, das muss ich neidlos anerkennen.

NEWS.AT:Gibt es dennoch etwas, was sie anders gemacht hätten am Film?
Charlotte Roche: Nein. Es gibt viele Sachen, wo ich denke, das hätte ich mal schreiben sollen. Wo ich so richtig sauer auf die bin, weil das so geil dazu passt. Aber ich bin nicht drauf gekommen.

NEWS.AT:Hatten Sie beim Schreiben schon den Gedanken, dass das mal auf die Kinoleinwand kommen könnte?
Charlotte Roche: Niemals! Also wirklich niemals! Beim Schreiben bin ich schon so überfordert mit dem Schreiben, dass ich denke, ich schaff das Buch nicht zu Ende zu schreiben. Weiter kann ich nicht denken. Und das dann war das ein Schock, was für ein Erfolg das war. Also kein bisschen habe ich gedacht, dass das jemand verfilmen könnte. Da wäre ich ja größenwahnsinnig – beim ersten Buch!

»Wollte den Film nicht kaputtmachen«

NEWS.AT:Hatten Sie keine Lust, selbst mitzuspielen?
Charlotte Roche: Die Helen spielen das wäre ja arg, die spielt ja eine 18-Jährige und ich bin ja 35. Ich war für eine Cameo-Appearance eingeladen, aber an dem Tag konnte ich nicht. Ich finde, dass ich auch nicht so gut schauspielern kann und ich wollte den Film nicht kaputtmachen.

NEWS.AT:Sie haben am Film also gar nicht mitgewirkt, weder am Drehbuch mitgeschrieben, noch sonst irgendwie mitgearbeitet?
Charlotte Roche: Das einzige, was ich gemacht habe, und warum ich jetzt nur gute Laune habe, war, diesen Produzenten auszusuchen. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Seitdem ich diesen Film gesehen habe, wache ich morgens mit einem Lächeln auf und schlafe abends mit einem Lächeln ein. Weil ich hab da vier Jahre darauf gewartet und ich mache jetzt ganz ganz gerne Werbung dafür und ich bin verliebt in die Hauptdarstellerin und besser kann das gar nicht laufen für mich.

NEWS.AT:Sie haben ihn also erst gesehen, als er fix und fertig war der Film?
Charlotte Roche: Ja genau! Ich dachte, ich kenne mich mit Film nicht aus. Weshalb soll ich denen jetzt da reinfunken, ich will denen auch nicht auf den Sack gehen bei der Arbeit. Ich dachte, ich schreib lieber ein drittes Buch in der Zeit.

NEWS.AT:Ein drittes Buch also. Ist es schon in Arbeit?
Charlotte Roche: Ja.

NEWS.AT:Worum wird es gehen?
Charlotte Roche: Es ist schon wieder so schlecht geschrieben, wie die anderen beiden. Ich kann nicht anders schreiben leider. Ich schreibe so, wie ich spreche. Das berührt manche Leute, aber manche stößt das auch ab. Und es ist schon wieder eine Ich-Erzählerin und auch wieder eine Frau in der Hauptrolle, aber mehr will ich nicht verraten.

NEWS.AT:Sie sagten gerade „schon wieder so schlecht geschrieben“. Da haben Sie recht, nicht alle sind Ihren Büchern wohlgesonnen: Wie sehr trifft einen das – schlechte Kritiken?
Charlotte Roche: Mein Trick ist, das alles nicht zu lesen. Das habe ich schon beim Moderieren gelernt. Eine Kritik von Freunden, die es wirklich nachweislich gut meinen, damit kann ich umgehen. Aber eine Kritik von Kritikern würde mich so treffen, das ich nachher gar nicht mehr weiß, was ich machen soll.

NEWS.AT:Ebenfalls schlechte Kritiken bekam der Sado-Maso-Roman „Shades of Grey“. Was sagen Sie dazu?
Charlotte Roche: Ja ich kenne es natürlich, aber ich habe es nicht gelesen. Mich spricht das Thema gar nicht an. Also ich schreibe zwar gerne über Sex, ich lese auch gerne über Sex, aber mit Bondage und Sado Maso kann ich nichts anfangen – weder im Privatleben, noch in Büchern. Klar gibt’s da auch eine Liebesgeschichte, aber wenn die dann anfangen, sich zu fesseln und sich weh zu tun, und wenn dann jemand als Zimmermädchen verkleidet ist, dann lache ich mich kaputt. Ich finde Fetisch-Sachen total lächerlich und sexuell überhaupt nicht attraktiv.

»Ich finde Fetisch-Sachen total lächerlich«

NEWS.AT:Sie sind aus England, leben in Deutschland, sind auch sonst viel unterwegs: Welche Nation ist Ihrer Meinung nach am offensten im Umgang mit den Themen, über die sie so schreiben?
Charlotte Roche: Die Holländer. Aber sowas von! Für mich persönlich ist das Land, das am schlechtesten damit umgehen kann, Deutschland. Weil da wird die Frage gestellt: Darf man das überhaupt? Und wenn man sagt: Das ist doch Pornographie, dann denkt man, oh Gott oh Gott, die wollen das verbieten. Also in Deutschland ist immer riesen hysterische Aufregung, die sind da noch im Mittelalter im Katholischen und dann sind alle Länder so dazwischen. Alle anderen sind cooler als die Deutschen und dann sind die Holländer die allerlockersten, finde ich. Die Journalisten sagen dort: „Ja mein Gott, der Stuhlgang, das ist ja das wichtigste im Leben. Wenn der nicht gut funktioniert, dann ist das ganze Leben kaputt“

NEWS.AT:Und wie sind die Österreicher?
Charlotte Roche: Die sind auf jeden Fall nicht so hysterisch wie die Deutschen, ich finde das ganz angenehm.

NEWS.AT:Wird es wieder eine neue Talkshow mit Ihnen geben?
Charlotte Roche: Wenn ich die Talkshow mache, mache ich nur die Talkshow. Und wenn ich schreibe, dann kann ich nebenbei nicht moderieren und jetzt schreibe ich mein drittes Buch. Leider schaffe ich da Multitasking nicht.

NEWS.AT:Haben Sie schon weitere Pläne nach dem Buch?
Charlotte Roche: Nein, gar nichts. Ich denke jetzt schon wieder beim Schreiben: Oh Gott, oh Gott, hoffentlich schaffe ich es, das Buch fertig zu machen. Weiter kann ich nicht denken, ich bin da sehr beschränkt.

NEWS.AT:Sagen Sie uns zum Abschluss noch, warum man sich "Feuchtgebiete" im Kino ansehen sollte?
Charlotte Roche: Da habe ich einen sehr, sehr guten Grund: Also jetzt vor allem an Frauen, ja? Carla Juri ist ja sehr viel nackt und die Art, wie die das spielt, ist für unser verwöhntes, retuschiertes Auge eigentlich ein Schock: Da sind blaue Flecken, da sind Pickel, die Hauptdarstellerin ist im Prinzip gar nicht geschminkt. Und wegen der Art, wie sie auf diese natürliche Art fast die ganze Zeit nackt ist und all diese ekeligen Sachen, die sie mit ihrem Körper anstellt, geht man aus dem Film raus und hat als Frau mit einem normalen Körper ein wahnsinnig tolles Gefühl.

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