Charlie Hebdo-Anschlag
war nur der Anfang

Die Attacke auf das Satiremagazin läutete für Europa ein Jahr des Terrors ein

von Fakten - Charlie Hebdo-Anschlag
war nur der Anfang © Bild: © Corbis. All Rights Reserved.

Am Jahrestag: Anschlagsversuch auf Pariser Polizei

Der Angreifer hatte eine Bombenattrappe bei sich und lief mit einem Schlachterbeil bewaffnet auf die Polizisten zu. Dabei rief er auf Arabisch "Allah ist groß!", wie die Pariser Staatsanwaltschaft mitteilte. Polizeibeamte hätten ihn niedergeschossen, noch bevor er in das Polizeirevier im Viertel "Goute d'Or" im 18. Arrondissement vordringen habe können.

Mann hatte Flagge des "Islamischen Staats" dabei

Augenzeugen berichteten von "zwei bis drei" Schüssen. Das Viertel war laut Anrainern großräumig abgeriegelt, die Bewohner seien angewiesen worden, die Fenster zu schließen und Balkone nicht zu betreten.

Die Pariser Terrorstaatsanwaltschaft hat unterdessen die Ermittlungen aufgenommen. Bei dem Mann sei eine auf Papier ausgedruckte Flagge des "Islamischen Staats" (IS) sowie ein Bekennerschreiben auf Arabisch gefunden worden, teilte die Pariser Staatsanwaltschaft am Donnerstag mit.

Angreifer identifiziert

Die Identität des von der Polizei erschossenen Mannes konnte nach Berichten französischer Medien mittlerweile geklärt werden. Der 20-Jährige soll im Zusammenhang mit einem gemeinschaftlichen Raub 2013 in Südfrankreich polizeibekannt sein. Als Geburtsort wird Casablanca in Marokko genannt, wie die französische Nachrichtenagentur AFP berichtete.

Was damals geschah

Insgesamt zwölf Menschen starben als die beiden Brüder Cherif und Said Kouachi kurz vor Mittag die Redaktionsräume von "Charlie Hebdo" stürmten und mit Kalaschnikows um sich schossen. Zu den Opfern zählten einige der bekanntesten Karikaturisten Frankreichs, wie Stephane Charbonnier (Charb), Jean Cabut (Cabu), Philippe Honore oder Georges Wolinski. Nach zwei Tagen auf der Flucht wurden die beiden Täter, die sich zur Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel (AQAP) bekannten, in einer Druckerei nördlich von Paris von Sondereinsatzkräften erschossen.

Die Brüder Kouachi standen in Kontakt zu Amedy Coulibaly, alle drei hatten sich vorwiegend in Frankreich und sprichwörtlich unter den Augen des französischen Geheimdienstes radikalisiert. Letzterer gab an, im Namen der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) zu handeln und erschoss am Tag nach dem "Charlie Hebdo"-Attentat eine Polizistin im Süden von Paris. Wiederum einen Tag später nahm er Kunden eines koscheren Supermarktes als Geiseln - vier von ihnen tötete er, bevor die Polizei den Markt stürmte und Coulibaly erschoss. Insgesamt starben an den drei Terrortagen im Jänner 17 Opfer.

Auftakt zu umfassender Überwachung

Europäische und internationale Spitzenpolitiker reagierten mit Entsetzen, rund 50 von ihnen beteiligten sich wenige Tage nach den Anschlägen gemeinsam mit 1,5 Millionen Franzosen am "Republikanischen Marsch" durch das Zentrum von Paris. Vor allem aber war der "Republikanische Marsch" eine Vorschau auf das, was Frankreich in den nächsten Monaten erwarten sollte. Möglich war der gemeinsame Aufmarsch der Spitzenpolitiker wider den Terror nur aufgrund massiver Sicherheitsmaßnahmen, die Paris an diesem Tag beinahe zum Stillstand kommen ließen. Kurze Zeit später brachte die französische Regierung eines der umfassendsten Geheimdienstgesetze Europas auf den Weg, das Lauschangriffe ohne Zustimmung eines Richters sowie ein Monitoring der gesamten Internetkommunikation erlaubt. Auch die höchste Terrorwarnstufe - die Attentatswarnung - ist in Paris seit nunmehr einem Jahr ununterbrochen in Kraft.

Verhindert hat das die verheerenden Anschläge vom 13. November, als islamistische Extremisten beinahe zeitgleich das Feuer auf mehrere Bars und Restaurants sowie im bekannten Konzertsaal "Bataclan" eröffneten, freilich nicht. Die Attacke, bei der 130 Menschen starben, war nach heutigem Kenntnisstand in Belgien vorbereitet und auch von dort aus koordiniert worden. Trotz eines unmittelbar nach der Attacke verhängten Ausnahmezustandes und Grenzkontrollen konnten die französischen Behörden die Ausreise eines mutmaßlichen Beteiligten - des heute weltweit gesuchten Salah Abdeslam - nach Belgien nicht verhindern.

Heftige Kritik von Bürgerrechtlern

Auch aufgrund des auf drei Monate ausgedehnten Ausnahmezustandes, der den Sicherheitskräften etwa nächtliche Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss oder Hausarrest für potenzielle Gefährder erlaubt, wurden in den Wochen danach unzählige Razzien rund um Paris durchgeführt: Fast 3.000 waren es bis Jahresende, knapp 400 Menschen wurden mit Hausarrest belegt, mehr als 500 Verfahren eingeleitet. Nicht nur, weil diese Razzien oft Unschuldige trafen, übte etwa die französische Menschenrechtsliga heftige Kritik an den Maßnahmen. Auch sind es immer wieder ganz gewöhnliche Kriminelle, die ins Visier der Terrorfahnder geraten: So wurden etwa 181 der gut 500 Verfahren wegen Rauschgiftdelikten eingeleitet.

Die Kritik ist umso heftiger, als die Terrorgefahr im vergangenen Jahr eher zugenommen als abgenommen zu haben scheint und der Anschlag vom 13. November der schlimmste in Europa seit der Al-Kaida-Attacke auf die Vorstadtzüge von Madrid 2004 war. "Ich schulde Ihnen die Wahrheit", gab sich der französische Präsident Francois Hollande zuletzt bei seiner Neujahrsbotschaft pessimistisch. "Wir haben den Terrorismus noch nicht besiegt, die Bedrohung ist noch immer da, auf höchstem Niveau, wir vereiteln regelmäßig Attentate."

Schwer gesicherte Silvesterfeiern

Und nirgendwo war das zuletzt sichtbarer als bei den Silvesterfeierlichkeiten, die vielerorts in Europa unter nie zuvor gekannten Sicherheitsvorkehrungen stattfanden. Alleine rund um den Wiener Silvesterpfad waren 500 Polizisten im Einsatz, in Paris waren es 11.000, das traditionelle Feuerwerk wurde ebenso wie in Brüssel, wo noch am Vormittag sechs Terrorverdächtige festgenommen wurden, abgesagt. Und in München ließ die Polizei in den Abendstunden blitzartig den Hauptbahnhof und den Bahnhof Pasing räumen, nachdem es zuvor "konkrete" Hinweise auf einen Anschlag durch IS-Terroristen gegeben hatte.

Vielleicht ist es aber gerade die Silvesternacht, die etwas Hoffnung geben kann. Denn allen Terrorwarnungen zum Trotz ließen sich Hunderttausende in Paris, in Wien, in München nicht davon abhalten, den Jahreswechsel gebührend zu feiern. "Freunde aus der ganzen Welt, ich danke euch für #prayforparis, aber wir brauchen nicht noch mehr Religion. Unser Glaube gilt der Musik! Küssen! Leben! Champagner und der Freude", schrieb bereits der französische Karikaturist Joann Sfar unmittelbar nach den Anschlägen vom 13. November.

Gott am Cover der Sonderausgabe

"Charlie Hebdo" selbst begeht den Jahrestag gewohnt provokant. Am Mittwoch erschien eine Sonderausgabe, auf deren Cover ein blutverschmierter Gott mit einer umgehängten Kalaschnikow wegrennt. Die Überschrift darüber lautet: "Ein Jahr danach: Der Mörder ist noch immer auf der Flucht." Gezeichnet hat die Karikatur "Charlie Hebdo"-Chef Laurent Sourisseau. Im Editorial kritisiert der als Riss zeichnende Sourisseau "vom Koran verblödete Fanatiker", die wie "geweihte Ärsche anderer Religionen" ein Ende des Magazins gewünscht hätten, weil es über Religiöses zu lachen wage.

Im Mittelteil der Sonderausgabe sind auch Arbeiten der ermordeten Zeichner Stephane Charbonnier (Charb), Jean Cabut (Cabu), Bernard Verlhac (Tignous), Philippe Honore und Georges Wolinski gedruckt. Das Magazin mit einer Auflage von einer Million Exemplaren wird auch international vertrieben.

Hollande würdigt getötete Polizisten

Ein Jahr nach dem islamistischen Anschlag auf die Satirezeitung "Charlie Hebdo" hat Frankreichs Staatschef Francois Hollande die dabei getöteten Polizisten gewürdigt. Diese seien "gestorben, damit wir in Freiheit leben können", sagte er am Donnerstag bei einer Zeremonie vor Vertretern von Polizei, Gendarmerie und Militär im Innenhof der Pariser Polizeipräfektur. "Wir werden sie nie vergessen."

Kommentare

Sämtliche Terrormeldungen aus Westeuropa kommen auch in den osteuropäischen Ländern an. Somit ist auch zu verstehen, warum dort weiterhin als Obergrenze "Null" genannt wird und man nichts von einer Willkommenskultur wissen will.

Es gibt viel bedrucktes unnützes Papier das erst am Tod vieler Bäume schuld trägt, danach an der Verblödung von Lesern. Aber eine Menge Menschen verdienen damit das bissel Geld, mit dem sie gerade noch überleben können.
Aber kaum jemand merkt, wohin der Weg führt.

gustigusti melden

C.H. ist ein unnützes, schmutziges Stück Papier, und trotzdem: die Anschläge haben den wichtigsten Kampf unserer Zeit ins Medienlicht gerückt: Meinungsfreiheit. In Christopher Hitchens' Worten: "ich verteidige meine eigene Meinung gegen die allgemeine Meinung, gegen jede Mehrheit, überall, jederzeit. Wem das nicht gefällt, der kann eine Nummer ziehen, sich hinten anstellen und mich am A... l...".

Nudlsupp melden

Das denke ich mir auch oft. Wenn ich dafür, daß ich meine Meinung poste, auch wenn eine radikale Minderheit diese nicht mag persönlich angegriffen und diffamiert werde. Das ist auch hier neuerdings in Mode gekommen, daß man sich nicht mehr mit Tatsachen auseinandersetzt, sondern mißliebige Meinungen einfach mit Beleidigungen quittiert. Insofern weiß ich, daß die Zahl derer, ....

Nudlsupp melden

die bei mir eine Nummer ziehen können, hier auch täglich wächst. Einen intelligenten Menschen, habe ich darunter aber noch nicht ausmachen können.

gustigusti melden

Gerade bei Ihnen muss man ja sagen, dass Ihre Schreibweise – in letzter Zeit gar nicht, aber ich denke zurück an die Zeit der Wienwahl – geradezu einladend für Negativemotionen war. Das ist auch OK, jeder kann die Selbstverwirklichung praktizieren wie er meint. Dass es User gibt, die jetzt noch auf Ihnen herumreiten, nun das sagt mehr über denjenigen aus als über Sie. Habens Vertrauen, dass viele

gustigusti melden

Aussagen hier gekonnt ignoriert werden, nicht nur von mir. Und grade Sie sind sicherlich nicht auf den Mund gefallen, Konter geben ist immer angebracht

higgs70
higgs70 melden

@nudlsupp
Naja, wenn man zum Inhaltlichen nichts mehr zu sagen hat, stößt man sich halt an was anderem und dann wirds meistens persönlich. Das ist immer so.
Aber nur wer den Freiraum lässt, erfährt die Gedanken des anderen in aller Pracht und Schäbigkeit, denn die Anonymität solcher Foren löst vielen die Zunge, was zwar den Nachteil einer höheren durchschnittlichen Grobheit hat, aber den gegenwärtigen Schädelinhalt viel realistischer abbildet. Was würde es bringen wenn ich mich auf zivilisierte Masken verlasse? Dort wo es anonym ist, dort wo man kann, dort wo die Tünche der Kultur schneller bröselt als ein Enter-Knopf gedrückt werden kann, dort ist es echt. Und es verhindert das wohlige Gefühl sich unter harmlosen, zivilisierten Menschen zu befinden, es hält einen wach;-)))
Und wie gustigusti schon richtig schrieb, hier könnens ja, wenns Ihnen danach ist, dagegenhalten und "zurückschießen" und so solls auch sein.

christian95 melden

Im Vorjahr war es Hebdo, heuter sind es massive Angriffe auf unsere Frauen in der Silvesternacht.
Wie lange will dazu die FrauenministerIn, Glawischnig oder Korun & Co noch schweigen?

christian95 melden

Über die sexuellen Übergriffe auf Frauen in Salzburg oder Wien berichtet nicht einmal unser Staatsfunk!
Die Polizei in Wien: "Es gab keine Anzeigen".

christian95 melden

http://www.oe24.at/oesterreich/chronik/Sex-Mob-wuetet-auch-in-Oesterreich/218780106

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