Skandal in Orange

News hat das entscheidende Dokument im Krimi um die BZÖ-Finanzen

Politisch ist das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) schon seit längerem so gut wie von der Bildfläche verschwunden. Gäbe es nicht immer wieder hochnotpeinliche Gerichtsauftritte ehemaliger oranger Politiker, das Haider-Bündnis wäre vielleicht schon in Vergessenheit geraten.

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Investigativ - Skandal in Orange

Dabei darf jedoch eines nicht übersehen werden: Bis zuletzt verfügte das BZÖ über Finanzen in Millionenhöhe. Der Großteil davon stammt wohl aus verschiedenen Formen der Parteienförderung – somit von der öffentlichen Hand. Geld, das leicht verschwinden könnte, wenn keiner hinsieht. Und genau um diesen Verdacht geht es nun.

Die Anzeige

Kärntner BZÖ-Funktionäre haben diese Woche eine Sachverhaltsdarstellung bei der Staatsanwaltschaft Klagenfurt eingebracht. Diese soll sich gegen mehrere Personen richten – darunter ausgerechnet gegen die zwei höchsten Politiker, die die Partei noch hat: Johanna Trodt-Limpl und Wilhelm Korak, beide Abgeordnete im Kärntner Landtag. Sie lenken das Bundes-BZÖ und leiteten bis Anfang Juni auch die Kärntner Landesgruppe. Letztere hat mittlerweile allerdings einen neuen Obmann. Und der räumt nun offensichtlich auf.

Insgesamt soll es um eine ganze Reihe von Vorwürfen gehen. Einer davon scheint jedoch besonders brisant zu sein und hat in den vergangenen Tagen in Grundzügen den Weg in die Medien gefunden: Trodt-Limpl soll vor einigen Monaten von der Partei 20.000 Euro für einen Englisch-Kurs kassiert haben, den es möglicherweise gar nicht gab. Korak sei ebenfalls für den Phantom-Lehrgang gebucht gewesen.

Wie kommt es zu diesem Vorwurf? Das entscheidende Dokument liegt News exklusiv vor. Dabei könnte es sich um die skurrilste Scheinrechnung handeln, die je in Zusammenhang mit dem BZÖ aufgetaucht ist – und das will etwas heißen.

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Die Rechnung

Auf den ersten Blick scheint alles noch einigermaßen okay: Eine US-Universität stellt 22.400 Dollar für einen viertägigen Lehrgang in "effektiver Verhandlungsführung" in Rechnung. Als "Studenten" sind Trodt-Limpl und Korak angeführt. Nun kann man fragen, weshalb zwei Kärntner Landtagsabgeordnete einen solchen Kurs benötigen und ob 2.800 Dollar – das waren umgerechnet rund 2.600 Euro – pro Tag und Nase nicht ein bisschen viel sind. Das ist aber noch das geringste Problem mit der Rechnung.

Ausgestellt wurde das Dokument augenscheinlich am 30. November 2016 von der "California State University, Hayward" in den USA. Hier beginnt es, wirklich spannend zu werden. Laut Internetseite der Universität heißt die Uni nämlich nicht mehr so. Ihr aktueller Name ist "California State University, East Bay" – und zwar schon seit 2005. Um einen Lehrgang der Uni "Hayward" besuchen zu können, hätten Trodt-Limpl und Korak also mindestens zwölf Jahre in Vergangenheit reisen müssen.

Es ist aber nicht nur der Name der Uni, der aus älteren Zeiten zu stammen scheint. Sucht man im Internet nach der auf der Rechnung angeführten "School of Business and Economics", findet man nunmehr ein "College of Business and Economics".

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Und auch das Universitätslogo mit dem großen "H" in der Mitte, mit dem das Papier gestempelt ist, sieht heute grundlegend anders aus.

"Bar bezahlt"

Doch obwohl vieles an dem Papier massiv aus der Zeit gefallen scheint, ist das Kursdatum mit 10. bis 13. Februar 2017 angegeben. Auf dem Dokument findet sich ein handschriftlicher Vermerk, dem zufolge das Geld am 1. Dezember 2016 bar übergeben worden sein soll. Ob das der übliche Zahlungsweg für einen derartigen Betrag an eine US-Universität ist, sei hier dahingestellt.

Noch spannender ist jedoch der zweite handschriftliche Vermerk auf dem Dokument. Da wird der Rechnungsempfänger vom BZÖ-Kärnten auf die Adresse von Trodt-Limpl korrigiert. Und dann heißt es abgekürzt: "im Auftrag der geschäftsführenden Bundesobfrau überwiesen". Die Unterschrift könnte – mit freiem Auge betrachtet – jedenfalls jene von Trodt-Limpl sein.

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Aber was wurde hier "überwiesen", wenn das Geld ohnehin cash bezahlt worden ist?

Eine denkbare Variante: Trodt-Limpl hat das Geld vorgestreckt und sich dann von der Partei zurückgeholt. Berichten zufolge sollen in Zusammenhang mit der Rechnung vier mal 5.000 Euro vom BZÖ-Bundeskonto an Trodt-Limpl geflossen sein. Ob das wahr ist, wird die Staatsanwaltschaft wohl demnächst überprüfen. Wäre es so, stellt sich die Frage umso dringender, ob es den Kurs überhaupt gegeben hat. Sollte mit einem manipulierten Beleg Geld aus der Parteikassa gezogen worden sein, wäre dies jedenfalls gravierend.

Frühere FPÖ-Connection

Wie könnte eine solche Rechnung – von wem auch immer – manipuliert worden sein? Die Uni aus Kalifornien war unter ihrem alten Namen früher tatsächlich in Österreich aktiv. Gemeinsam mit der Privatuniversität Imadec bot man Lehrgänge an. Diese Zusammenarbeit endete bereits 2002. Aber just der Imadec war seinerzeit eine gewisse FPÖ-Nähe nachgesagt worden. Zu den Studierenden zählte auch der ehemalige persönliche Sekretär von Landeshauptmann Jörg Haider und spätere FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gerald Mikscha. Wurde einfach eine alte Rechnung aus dem Archiv umgeschrieben, um Geld von der Partei zu kassieren?

Trodt-Limpl und Korak haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten. News konfrontierte die beiden Landtagsabgeordneten mit den Details der vorliegenden Rechnung. Trodt-Limpl erklärte am Telefon, sie habe den Lehrgang konsumiert und selbst bezahlt. Es sei ein Coaching gewesen, "wie man Verhandlungen führt in englischer Sprache" und wie man politische Diskussionen führt, "und, und, und". "Es war ganz intensiv, und ich habe da sehr viel gelernt." Stattgefunden habe der Kurs in Wien.

Die mehrfache Nachfrage, wo genau der Kurs abgehalten wurde, ließ Trodt-Limpl allerdings unbeantwortet. Auch antwortete sie nicht auf die Frage, wer denn den Lehrgang abgehalten habe. Konkret angesprochen darauf, dass die Uni seit 2005 nicht mehr so heißt wie auf der Rechnung vermerkt, erklärte sie, sie sei nächste Woche in Wien und werde "mit den Herrschaften" Kontakt aufnehmen. Sie werde alles klären. Trodt-Limpl spricht von einer "Hatz" gegen ihre Person und behauptet, jemand wolle ihr das Landtagsmandat abspenstig machen.

Andere Erklärungen

Stimmen die Angaben Trodt-Limpls, könnte folgendes passiert sein: Zum Beispiel könnte die US-Uni für die Abrechnung versehentlich ein zwölf Jahre altes Briefpapier erwischt haben. Oder jemand, der Trodt-Limpl und Korak übel mitspielen möchte, könnte seinerseits das Papier gefälscht haben. Da nun die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde, wäre das freilich riskant und würde wohl bald zum Schuss ins eigene Knie werden. Dann ginge der BZÖ-Skandal wohl erst so richtig los. Oder Trodt-Limpl könnte einem betrügerischen Anbieter aufgesessen sein, der nur so tut, als wäre er von einer US-Universität. Das wäre ihr beim Lehrgang aber wahrscheinlich aufgefallen.

Die BZÖ-Chefin hätte es jedenfalls in der Hand, den Vorwurf sehr rasch aus der Welt zu schaffen: Zum Beispiel, indem sie eine Bestätigung vorlegt, dass sie den Lehrgang absolviert hat. Eine solche wird im stolzen Preis wohl inbegriffen gewesen sein. Es sollte allerdings der richtige Name der Uni draufstehen.