SPÖ-"Dringliche" sieht
Kickl als "Drahtzieher"

Innenminister zeigt sich unbeeindruckt: "Ich habe Recht, und Sie haben Unrecht"

Die SPÖ glaubt, dass Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) der "Drahtzieher" bei der rechtswidrigen Razzia im BVT ist.

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Erhitzte Gemüter - SPÖ-"Dringliche" sieht
Kickl als "Drahtzieher"

Der Nationalrat ist hitzig aus der Sommerpause zurückgekehrt - denn bei der von der Opposition einberufenen, mittlerweile dritten Sondersitzung zur BVT-Affäre ging es wenig zimperlich zu. Die SPÖ warf Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) vor, "Drahtzieher" der umstrittenen Razzia beim Verfassungsschutz zu sein. Dieser tat die Opposition wiederum als "Verschwörungstheoretiker" ab.

SPÖ-"Dringliche" sieht Kickl als "Drahtzieher"

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) bat angesichts der aufgeheizten Stimmung schon vor Beginn der Debatte, die Würde des Hohen Hauses im Auge zu behalten. Das funktionierte freilich nur bedingt. Die SPÖ brandmarkte in ihrer "Dringlichen Anfrage" Kickl als "Drahtzieher" bei der "überfallsartigen Hausdurchsuchung" im Verfassungsschutz, die vom Oberlandesgericht Wien zuletzt großteils als rechtswidrig beurteilt wurde. Die Mitnahme heikler Daten aus dem BVT habe "einen Schaden für die Sicherheit des Landes" ausgelöst, befand der SPÖ-Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss, Jan Krainer. "Wer trägt die politische Verantwortung? Das kann nur der Innenminister Kickl sein."

»Unterschied zwischen Opposition und Inquisition noch nicht ganz verinnerlicht«

Einige hier hätten "den Unterschied zwischen Opposition und Inquisition noch nicht ganz verinnerlicht", startete auch Kickl gleich einmal deftig in die Beantwortung der "Dringlichen". Es handle sich um einen Kriminalfall im BVT, und wenn die Opposition nun einen politisch Verantwortlichen suche, dann lediglich dafür, dass es eine "rechtsstaatlich korrekte Vorgangsweise" gegeben habe - "na da bin ich gerne dafür verantwortlich, das ist ein schönes Kompliment", meinte Kickl.

Kickl beantwortet über 50 Fragen im Eiltempo

Die Antworten auf die über 50 Fragen der SPÖ ratterte Kickl im Eiltempo herunter. Dass dem BVT eine Suspendierung aus der wichtigen "Berner Gruppe" internationaler Geheim- und Nachrichtendienste drohte, erfuhr Kickl nach eigenen Angaben am 26. Juni. Seine quasi zeitgleichen Äußerungen, dass die Kooperation mit den Partnerdiensten funktioniere, basierten auf Aussagen auf zahlreichen Ebenen, die ihm dies bestätigt hätten, gab sich Kickl unbeirrt. Genüsslich zitierte der Innenminister auch den deutschen Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU), der erst am Freitag betont hatte, "Österreich ist und bleibt ein wichtiger Partner Deutschlands in der nachrichtendienstlichen Kooperation".

Die Opposition beruhigte das keineswegs. NEOS-Abgeordnete Stephanie Krisper meinte, Kickl habe seit der umstrittenen Hausdurchsuchung mehrmals Unwahrheiten verbreitet und die Bürger an der Nase herumgeführt. Peter Pilz von der Liste Pilz warnte wiederum, würde Österreich aus dem "Berner Club" geworfen, "dann sind wir in der Bekämpfung des Terrorismus blind und taub". Jeder Tag mehr, den sich Kickl im Amt befinde, schade dem BVT. Pilz brachte denn auch einen gemeinsamen Misstrauensantrag gegen den Innenminister ein, der allerdings am Ende der Sitzung erwartungsgemäß von den Regierungsparteien abgeschmettert wurde.

ÖVP und FPÖ verstanden den Sinn der Veranstaltung ohnehin nicht ganz: Der U-Ausschuss habe erst zwei Tage lang Zeugen befragt, erinnerte ÖVP-Sicherheitssprecher Werner Amon. Wenn die Opposition jetzt schon wisse, wo die politische Verantwortung liegt, können man es mit dem Ausschuss auch lassen, oder die Opposition nehme diesen ohnehin nicht ernst.

Jenewein spricht von "Hexenprozess"

Übergekocht ist die Stimmung dann beim Auftritt des freiheitlichen Fraktionsführers Hans-Jörg Jenewein, der mit Wörtern wie "Hexenprozess" und "Schmutzkübel" um sich warf und die SPÖ-Fraktion einen "aufgeregten Hühnerhaufen" schimpfte. Sobotka hatte jedenfalls alle Hände voll zu tun, sowohl die Redner als auch die Zwischenrufer zur Contenance zu rufen.

Am Rande der Sitzung sorgte das Innenministerium für Wirbel: Mitte der Woche hatte sich eine Kickl-Referentin als "Journalistin" getarnt in den Medienraum den U-Ausschusses gesetzt, was der Minister am Freitag im Plenum verteidigte, habe die Mitarbeiterin doch einen Presseausweis. Am Freitag versuchte eine Ministeriums-Mitarbeiterin mit einer Kamera ins Parlament zu kommen, die ihr aber nach Angaben der Parlamentsdirektion wegen fehlender Genehmigung abgenommen wurde. Die Parlamentsdirektion arbeitet gemeinsam mit der Vereinigung der Parlamentsredakteure an einer Möglichkeit, dass die vertraulichen Medienräume auch "bestimmungsgemäß" genutzt werden.

Unklar blieb vorerst, wie es mit den hunderttausenden E-Mails des Wiener Anwalts Gabriel Lansky weitergeht, die von der Justiz an den BVT-Untersuchungsausschuss übermittelt worden waren. Lansky und seine Kanzlei haben sich deshalb jedenfalls wegen Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte an den Verfassungsgerichtshof gewandt.

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