Wenn man nicht mehr
alle Tassen im Schrank hat

Die hier gemeinten Tassen kann man auch nicht in den Schrank stellen, da sie sich angeblich vom jiddischen Wort toshia (=Verstand) herleiten.

von "Die Buschtrommel" - Wenn man nicht mehr
alle Tassen im Schrank hat © Bild: Shutterstock/Proshkin Aleksandr

Liebe Freundinnen und Freunde der gepflegten Buschtrommel-Unterhaltung, wenn man sprichwörtlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hat wird es nichts bringen, sein Geschirr auf Verluste zu überprüfen. Die hier gemeinten Tassen kann man auch nicht in den Schrank stellen, da sie sich angeblich vom jiddischen Wort toshia (=Verstand) herleiten. Dass man momentan tatsächlich dem ein oder anderen empfehlen möchte, ganz schnell mal seine toshia ‚Porzellansammlung’ neu zu sortieren und zu überprüfen, möchte ich an dieser Stelle lieber nicht vertiefen.

Ich habe vor einiger Zeit jedoch eine Geschichte erlebt, wo tatsächlich nicht mehr alle Tassen im Schrank waren. Also echte, aus Porzellan. Ich bin mir sicher, dass ihr ihn (fast) alle kennt. Er ist mega berühmt. Also mein früherer Klient. Aber den Namen kann ich natürlich nicht nennen. Megaaaaa geheim. Wegen Vertragsklauseln und so. Aber die Geschichte möchte ich euch nicht vorenthalten.

Mein Klient reiste kreuz und quer durch die Welt und kam nur zum Wechseln der Kleidung kurz nach Hause. Die Wohnung und zwei Kater wurden in seiner Abwesenheit von seiner Haushaltshilfe betreut. Der Schauspieler wohnte auf über 250 Quadratmeter, verteilt über drei Etagen und viele Zimmer. Eines Tages kam er von einer seiner Reisen zurück, ich holte ihn am Flughafen ab und wir fuhren zu seiner Wohnung. Seine Haushaltsfee öffnete uns die Tür. Erschrocken bemerkten wir, dass der komplette rechte Arm der Frau verbunden war. Mein Klient ließ alle Taschen fallen und umarmte seine Haushaltsfee.

»Oh nein, Anna, was ist passiert?«
»Moritz hat mich gebissen und total zerkratzt.«

Mein Klient und ich schauten uns irritiert an. Die beiden Kater Max und Moritz waren schon älter und die Ruhe selbst, wir konnten uns das Verhalten von Moritz beim besten Willen nicht erklären. Mein Klient gab der Frau sofort für ein paar Tage frei, um sich zu erholen. Die Fee schnappte sich ihre Tasche und war innerhalb von wenigen Sekunden aus der Wohnung verschwunden.

Mein Klient hatte ein großes Herz und ihn plagte das schlechte Gewissen. Sein Kater hatte die arme Frau gebissen. Er überlegte hin und her und hatte schließlich die Idee, für die Frau ein schönes Geschenk zu kaufen und es ihr nach Hause zu bringen. Gesagt, getan.
Ich begleitete ihn zur Wohnung seiner Haushaltsfee. Die Mutter der Fee öffnete uns die Tür und schien nicht sonderlich begeistert zu sein, meinen Klienten zu sehen. Sehr zögerlich bat sie uns herein und ließ uns im Wohnzimmer Platz nehmen, während sie nach ihrer Tochter rief.
Ich blickte mich im Wohnzimmer um. Irgendwie kamen mir einige der Einrichtungsgegenstände bekannt vor. Ich stupste meinen Klienten an und deutete auf eine Kommode.

»Sag mal, hast du nicht auch so eine Skulptur bei dir zu Hause stehen?«

Mein Klient stutzte, stand auf und ging zu der Skulptur. Dann hob er sie hoch und schaute sich den Boden der kleinen Statue genau an.

»Ich glaube, ich spinne, das ist meine Skulptur, auf dem Boden steht nämlich eine Widmung für mich.«

»Und schau mal dahinten, dieses Bild, hat dir das deine Mutter nicht mal zu deinem Geburtstag geschenkt? Und die Tassen auf dem Esstisch kommen mir auch bekannt vor.«

Ich stand auf und öffnete die Glasvitrine. Der Inhalt gehörte in weiten Teilen meinem Klienten. Die gute Fee war in Wahrheit eine Hexe. Sie hatte nach und nach Gegenstände im Wert von über 40.000 Euro aus der Wohnung meines Klienten in ihren eigenen Haushalt integriert.
Mein Klient war tief getroffen, er hatte der Frau blind vertraut. Am meisten erschütterte ihn jedoch, dass er den Verlust seiner Sachen nicht einmal bemerkt hatte. Er lebte in solch einem Überfluss, dass ihm ein paar Bilder oder Tassen weniger nicht aufgefallen waren.

Die einzige, sich an dieser Stelle aufdrängende Empfehlung kann also sein: Wir sollten alle – besonders jetzt – regelmäßig prüfen, ob wir noch alle Tassen im Schrank haben.

Und jetzt seid ihr dran liebe Leserinnen und Leser! Fehlten bei euch schon einmal Tassen im Schrank? Schreibt mir eine E-Mail an info@corinnabusch.com

© Corinna Busch Corinna Busch. Journalistin, Autorin, Coach und News.at-Kolumnistin

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