Burschen wegen Mordversuchs vor Gericht: Wollten töten, um an ein Auto zu kommen

Schwererziehbare waren aus Feriencamp getürmt Bei Schuldspruch drohen 10 Jahre bis lebenslänglich

Burschen wegen Mordversuchs vor Gericht: Wollten töten, um an ein Auto zu kommen

Beide Angeklagte legten ein Geständnis ab, allerdings schob der ältere die Mordabsicht plötzlich dem jüngeren in die Schuhe. Dieser habe ihn beeinflusst. "Ich könnte niemanden verletzen", betonte der 21-Jährige. Das Gericht versuchte herauszufinden, ob sie tatsächlich jemanden töten wollten."Ich war doch nicht fähig dazu, sonst hätten mich Schuldgefühle geplagt. Das Opfer hätte mir schon leidgetan", antwortete der 15-Jährige kleinlaut auf die Frage seines Verteidigers, warum er den Hüttenbesitzer die Axt doch nicht auf den Kopf geschlagen hatte.

Es sei ihm damals durchaus bewusst gewesen war, dass der Transportunternehmer sterben hätte können, gab der Schüler zu. Warum er vor der Untersuchungsrichterin drastischere Angaben gemacht hat? "Es kommt dann besser rüber", sagte der bisher unbescholtene 15-Jährige, der laut Gerichtspsychiater Bernhard Mitterauer gerne im Mittelpunkt steht, an einer ausgeprägten Gefühlskälte sowie an einer Persönlichkeitsstörung leidet und als höchst gefährlicher Täter einzustufen ist.

"Drecksarbeit" für den Freund
Wäre alles nach Plan gelaufen, hätte sein Freund beim ersten Coup die "Drecksarbeit" machen und dem Volvo-Fahrer mit dem gestohlenen Küchenmesser die Kehle durchschneiden sollen. Er selbst wollte dann den Hüttenbesitzer mit einer Hacke niederhauen - "wie man das im Film sieht", schilderte der 15-Jährige. Weil es zu dem geplanten Blutvergießen doch nicht gekommen war, zogen sein Anwalt Carl Heinz Gressel und der zweite Verteidiger Christof Brunner in Erwägung, dass die beiden wegen "fehlender krimineller Energie" von der Tat Abstand genommen hätten - was einen Freispruch vom Mordversuch zur Folge hätte. "Als sie das Opfer vor Augen hatten, beschlossen sie, es beim schlimmen Spiel zu belassen", erklärte Gressel.

Sehr wohl recht ernst nahm Staatsanwältin Karin Sperling den blutigen Plan des Duos. "Der Mord sollte das Mittel sein, den Opfern das Fahrzeug wegzunehmen." Immerhin habe der Jüngere einen Amoklauf in einer Berliner Oberschule am Zeugnistag im Mai 2007 geplant, bei dem er zwei Schüler mit Messern verletzten wollte. Der 15-Jährige wurde von der Justiz "ermahnt", das Strafverfahren gegen ihn eingestellt.

Hüttenurlaub
Wegen des geplanten Amoklaufs hatte sich das Scheidungskind mit seiner Mutter vollends zerstritten. Er kam in ein Berliner Kinderhaus, dort lernte er seinen 21-jährigen Freund kennen. Dieser kommt aus zerrüttenden Familienverhältnissen, lebte bei einer Pflegefamilie und in den vergangenen acht Jahren in dem Kinderhaus. Er war mehrmals in psychiatrischer Behandlung. Mit zwei Betreuern und einigen Jugendlichen reisten die Angeklagten am 12. Oktober 2007 zu einem einwöchigen Urlaub in eine Selbstversorgerhütte nach Rohrmoos. Weil sie Geld aus einer Hütte gestohlen hatten und die Polizei sie verfolgen würde, beschlossen sie, mit einem gestohlenen Pkw nach Berlin abzuhauen. Allerdings besaß der 21-Jährige keinen Führerschein, obwohl er seinem Freund vortäuschte, er könne Auto fahren.

Vorher verfasste der jüngere Bursch noch ein Testament, in dem er auch Delikte von Diebstahl bis zum versuchten Totschlag ankündigte: "Mir tut es leid, was ich getan habe und tun werde", stand unter anderem geschrieben. Einen Zettel mit makabrem Text erhielt auch der Hüttenbesitzer in Kuchl. "Wir entschuldigen uns für das, war wir ihnen angetan haben. Wir haben in den letzten drei, vier Tagen Scheiße gebaut. Die Polizei ist hinter uns her. Bitte übergeben sie den Zettel der Presse." Unterschrieben hat ihn nur der 15-Jährige. "Wollen sie kriminell sein?", fragte die Vorsitzende Richterin. "Wenn Freunde von mir im Bau (im Gefängnis, Anm.) waren, werden sie besser respektiert", antwortete der Jugendliche. Er brach schließlich in Tränen aus, als die Vorsitzende einen Brief erwähnte, den er aus der U-Haft in Salzburg an seine Mutter geschrieben hatte. Der Prozess soll heute zur weiteren Gutachtenergänzung vertagt werden.

Mordversuch
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Duo zweifachen Mord- und zweifachen schweren Raubversuch vor. Laut Gerichtsgutachten gilt der jüngere als "hochgradig gefährlich". Die beiden machten sich am 15. Oktober mit gestohlenen Rädern aus dem Staub und radelten nach Kuchl in den Salzburger Tennengau. Dort misslang ihr erster Coup: Um einem Autobesitzer unter einem Vorwand den Zündschlüssel herauszulocken, läuteten sie an der Haustür des Volvo-Fahrers. Im Jackenärmel hatten sie Küchenmesser versteckt. Doch der Mann wurde misstrauisch und öffnete nicht.

Auch Plan B scheiterte: Mit einer Axt lauerten sie einem Unternehmer vor dessen Hütte auf, weil sie es auf seinen Mitsubishi abgesehen hatten. Als der Mann öffnete, schlug der Schüler "aufgrund eines inneren Hemmungszustandes" doch nicht zu, steht in der Anklageschrift. Der Unternehmer konnte die beiden vertreiben und die Polizei alarmieren. Wenig später wurden die Verdächtigen geschnappt.

Im Falle eines Schuldspruchs drohen dem Jüngeren ein bis zehn Jahre Haft, dem Älteren zehn bis 20 Jahre oder lebenslang.

(APA/red)