"Liebesgeschichten
und Heiratssachen"

Nestroy-Premiere: Gregor Bloeb ist das Kraftzentrum in Georg Schmiedleitners Regie

Adel gegen Bürgertum, Reich gegen Arm. Wer nichts hat, gilt nix, lernt man vom Diener Nebel. "Liebesgeschichten und Heiratssachen" ist eine der schärfsten Satiren Nestroys. Es geht um die Kluft in der Gesellschaft. Georg Schmiedleitner zeigt mit einem hervorragenden Ensemble, allen voran Gregor Bloeb, die Härte dieses Texts.

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Burgtheater - "Liebesgeschichten
und Heiratssachen"

Das Sofa bedient er mittels Fernsteuerung. Der goldene Anzug, das Bärtchen, das blond gefärbte Haar weisen den Neureichen aus. Aus dem Fleischer Fett ist Florian von Fett geworden. Verständlich, dass er seine Tochter keinem Armen geben will. Er ist das Kraftzentrum der Aufführung.
Wie in keinem seiner Stücke übt Nestroy schärfste Kritik am Kapitalismus und an der Gier.

© Georg Soulek

Auf Volker Hintermeiers düsterer Bühne rotiert bei Bedarf eine Drehbühne, wechselt die Szenarien zwischen einem Wirtshaus, einem Laufsteg, dem geschmacklos eingerichteten Salon Fetts und einer Toilettenkabine. (Möglicherweise der aktuelle Trend, immer weniger Bühnenbilder kommen ohne Bedürfniskabine aus).

Das alles verheißt nichts Gutes in einer Gesellschaft, in der jeder jeden betrügt. Im Zentrum steht der Diener Nebel. Nestroy hat sich und wirklich großen Komödianten eine Glanzrolle wieselt durch Geschehen. Umsonst wartet man auf ein Couplet, einmal singt er etwas zu schräger Begleitmusik, das verblasst aber sofort.

Sein Gegenüber, Regina Fritsch, zeigt die wohlhabende Witwe Distel, mit entstellender Brille und Perücke als rasende Bissgurn und passionierte Alte. Stefanie Dvorak schwebt als Ulrike wie ein entrücktes Wesen aus einer Traumwelt von Szene zu Szene. Marie-Luise Stockinger gefällt als geerdete Fleischertochter.

Peter Matic überrascht als Wirt in Gestalt eines Hard-Rockers und liefert ein Kammerstück an Schauspielkunst. Dietmar König ist ein Adeliger wie aus dem Komikbilderbuch.

Klug geht Georg Schmiedleitner mit Nestroys Sprache um. Er lässt seine Darsteller nach deren Herkunft sprechen. Das befreit die Aufführung von jeder Peinlichkeit, die beim krampfhaften Ringen um das sogenannte Nestroy-Deutsch entsteht. Der aus Basel stammende Martin Vischer kann als junger Liebhaber Anton Buchner, der aus der Ferne kommt, sein Schweizerdeutsch anwenden. Fulminant. Christoph Radakovits, Elisabeth Augustin, Robert Reinagl gefallen.
Schön, wenn Theater noch Erstaunen kann, wie dieser Nestroy.