Regierung plant große
Bürgerbefragung zu EU-Zukunft

Größte Bedenken, Hoffnungen und Erwartungen sollen identifiziert werden

Befragungen zur Zukunft der Europäischen Union haben aktuell Hochsaison. Auf EU-Ebene läuft eine große Umfrage, in Österreich haben NEOS und JVP entsprechende Initiativen gestartet. "Bürgerkonsultationen" plant auch die schwarz-blaue Bundesregierung, wie sie mitteilte. Zugleich ruft sie die Bürger auf, sich an der Online-Konsultation der EU-Kommission zu beteiligen.

von Flaggen vor einem EU-Gebäude © Bild: istockphoto.com

Ziel sei es, möglichst viele Bürger "durch einen Mix aus traditionellen Debatten, digitaler Konsultation und 'Prozessen partizipativer Demokratie' zu involvieren, um die größten Bedenken, Hoffnungen und Erwartungen sowie jene Bereiche zu identifizieren, in welchen mehr oder weniger bzw. eine andere Einbindung der EU gewünscht wird", erläutert das Büro von Regierungssprecher Peter Launsky-Tieffenthal. Die Ergebnisse der Konsultationen sollen "national und europaweit" zusammengefasst und veröffentlicht werden sowie in die Debatten der EU-Staats- und Regierungschefs zur Zukunft Europas "einfließen und sie dabei unterstützen, die prioritären Handlungsfelder für die nächsten Jahre zu identifizieren".

Synergieeffekte werden geprüft

Österreich habe sich wie alle anderen EU-Staaten mit Ausnahme Großbritanniens bereit erklärt, sich an den auf französische Initiative zurückgehenden Bürgerkonsultationen zu beteiligen, bestätigt der Regierungssprecher. Derzeit würden die konkreten Maßnahmen noch präzisiert. Weil die Initiative "zeitlich mit dem sehr arbeitsintensiven EU-Ratsvorsitz zusammen" falle, würden mögliche Synergieeffekte geprüft.

Online-Konsultation der Kommission "parallel" dazu

Bürgerkonsultationen soll es beim Europa Forum Wachau in Göttweig am 15. und 16. Juni geben sowie am 21. Juni anlässlich einer mit dem französischen Europaministerium in Wien organisierten Podiumsdiskussion. Die Online-Konsultation der EU-Kommission verlaufe "parallel" dazu. Es handle sich dabei um einen Prozess, der "unabhängig von den Mitgliedsstaaten durchgeführt" werde, betont die Bundesregierung.

So seien die Mitgliedsstaaten nicht in die Erstellung des Fragekatalogs eingebunden gewesen, über den Anfang Mai 96 repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger aus allen EU-Staaten beraten hätten. Mit Verweis auf diese Genese beantwortet der Regierungssprecher die Frage, ob die Bundesregierung Vorbehalte gegen die Fragen beziehungsweise die Form der Befragung habe, und welche dies seien: "Dieser Prozess wurde von der Kommission aufgesetzt, die die Fragen von Bürgerpanels erstellen ließ. Die Mitgliedstaaten waren bei diesem Prozess nur als Beobachter eingeladen."

Die Online-Konsultation der EU-Kommission startete am 9. Mai und läuft ein Jahr lang. Im Dezember will die Brüsseler Behörde einen Zwischenbericht vorlegen. Die Erhebung, die sich an alle 500 Millionen Unionsbürger richtet, umfasst insgesamt zwölf Fragen, darunter auch offene wie: "Welche auf EU-Ebene getroffenen Entscheidungen würden Sie stolzer machen, zur Europäischen Union zu gehören?"

Auch NEOS und die JVP befragt

Die Oppositionspartei NEOS propagiert derzeit ebenfalls einen Fragebogen unter dem Motto "Europa, red ma drüber". Die sich mit scharfer Kritik an der schwarz-blauen Europapolitik positionierende Partei will von den Österreichern unter anderem wissen, ob sie es "in Ordnung" fänden, wenn die Mitgliedsstaaten mehr ins EU-Budget einzahlen, damit die Union ihre zentralen Aufgaben besser erfüllen könne. Ergebnisse sollen noch vor Beginn der österreichischen EU-Ratspräsidentschaft Anfang Juli präsentiert werden. Bereits vorgestellt hat die JVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) eine Erhebung unter 1000 Jugendlichen im Alter von 16 bis 30 Jahren, der zufolge nur 51 Prozent der Befragten die EU positiv sähen. 70 Prozent sprächen sich demnach für einen sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei aus.

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