Mein best Buddy

Vor einem Jahr verstarb Carlo Pedersoli, der Mann, der Bud Spencer war. Der Wiener Karl-Martin Pold durfte ihn noch treffen - und legt nun eine Hommage an das Phänomen Spencer vor, das in den Herzen der Fans weiterlebt

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Die Geschichte ähnelt ein wenig einem Bud-Spencer-Film, in dem es der Held mit einer zahlenmäßig überlegenen Schar an Gegnern zu tun bekommt. Doch er kämpft beherzt für die gute Sache und setzt sich am Ende gegen alle Widerstände durch. Ohne Erfahrung beim Film, Beziehungen zur Branche und vor allem ohne Budget begann der Wiener Karl-Martin Pold vor neun Jahren, an einer filmischen Liebeserklärung an sein Idol zu arbeiten. Nach sehr langem Anlauf kam "Sie nannten ihn Spencer" am 27. Juli tatsächlich ins Kino.

Die potenzielle Zielgruppe ist riesig. Pold ist nur einer von Millionen Europäern, die in den 70er-und 80er-Jahren mit Bud Spencer und Terence Hill aufgewachsen sind. Mit "Die rechte und die linke Hand des Teufels","Vier Fäuste für ein Halleluja", "Zwei Missionare" und wie die Filme alle heißen. Schnell abgedrehte Streifen, die von der seriösen Filmkritik mit Urteilen wie "plumper Klamauk" oder "einfallslos, primitiv" abgetan wurden. Die Herzen von unzähligen kleinen und großen Kindern ließen die spaßigen Haudrauf-Streifen jedoch höherschlagen.

Ohrfeige für den Chef

In einem Interview mit der deutschen Zeitung "Die Welt" erklärte der damals schon hochbetagte Mann, der Bud Spencer war, aber eigentlich Carlo Pedersoli hieß, die anhaltende Faszination seiner Filmfigur 2015 wie folgt: "Es gibt auf der Welt überall diesen kleinen Mann, der sich mit seinem Beruf, mit schwerer Lohnarbeit, herumärgern muss, mit dem Chef, dem Alltag. Und wer würde diesem Alltag, diesem Anrennen gegen die Widrigkeiten, nicht gern mal eine Ohrfeige verpassen? Oder einen Faustschlag versetzen? Genau das habe ich als Bud Spencer gemacht."

Auch Pold musste kämpfen. 2008 schrieb er an seiner Diplomarbeit zum Thema Filmproduktion. Als Werkstück entstand der Trailer zu einem fiktiven Film über Bud Spencer. Was dann passierte, hatte er nicht erwartet: "Ich bekam Mails aus der ganzen Welt. Aus Japan, Südamerika, Südafrika und vor allem aus Deutschland. Alle wollten wissen, wann denn der Film in die Kinos kommt. So stellte sich die Frage, ob ich mir einen 40-Stunden-Bürojob suche oder mir einen Lebenstraum verwirkliche und den Film wirklich drehe."

Er entschied sich für den Lebenstraum. Ein zähes Ringen begann. Was in den Spencer-Filmen die Bösewichte mit Sechstagebart darstellten, waren für Pold die heimischen Filmfördereinrichtungen: "Sie haben das Projekt sechs Mal abgelehnt. Das komplette Drehteam arbeitete die ersten Jahre unentgeltlich. Ich hielt mich mit Jobs als Lastwagenchauffeur, Christbaumverkäufer oder Supermarktkassier über Wasser. Bei der Finanzierung der Dreharbeiten halfen drei Crowdfunding-Kampagnen. Ich konnte nicht warten, bis die staatliche Filmförderung mich unterstützt, da viele meiner geplanten Interviewpartner schon über 80 Jahre alt waren."

"Sie nannten ihn Spencer" ist aber keine reine Dokumentation, sondern ein wilder Genremix aus Doku und Spielfilm, wie ihn sich vielleicht nur ein beherzter Autodidakt ausdenken konnte. Der Film erzählt gleichzeitig nämlich auch die Geschichte zweier deutscher Megafans namens Marcus Zölch und Jorgo Papasoglou. "Ich würde mich gern als Kulturbeauftragten sehen, der versucht, das Spencer-Hill-Universum aufrechtzuerhalten", sagt der eine, "Bud Spencer ist ein langjähriger guter Freund, ohne dass ich ihn je getroffen hätte", der andere.

Trost vor dem Fernseher

Beiden spendete er vom Fernseher aus Trost in schweren Stunden. Zölch brach sich beim Skifahren die Halswirbelsäule und bekam von Ärzten die Prognose, er werde im Rollstuhl bleiben. Bei den Filmen mit Bud Spencer lachte er zum ersten Mal wieder. Heute kann er sogar wieder Fußball spielen. Papasoglou wiederum ist von Geburt an blind. Er nahm aus Filmen wie "Buddy haut den Lukas" als Lektion mit, dass man alles schaffen kann, wenn man nur an sich glaubt.

In "Sie nannten ihn Spencer" machen der Blonde und der Blinde sich auf, um ihren Helden endlich persönlich zu treffen. Das entpuppt sich als gar nicht so einfach. Aber das Duo hangelt sich tapfer von einem Kontakt zum nächsten weiter. Es trifft auf Riccardo Pizzuti, der in vielen Filmen den Oberbösewicht mimte, oder das geniale Brüderpaar Guido und Maurizio De Angelis, das unter dem Namen Oliver Onions die wunderbar leichte und lebensfrohe Filmmusik beisteuerte.

Auch Mario Girotti alias Terence Hill, der eigentlich schon lange mit den alten Zeiten abgeschlossen hat und seit 2000 als Pfarrer "Don Matteo" in der gleichnamigen Rai-Serie Kriminalfälle löst, meldet sich nochmal zum Thema zu Wort. Er erzählt, dass Spencer und er als Schauspieler völlig unterschiedlich waren. Während er perfekt vorbereitet am Set erschien, mogelte sich sein Kollege oft durch, ohne den Text vorher gelesen zu haben. Und er erinnert sich daran, als Bub im selben Schwimmverein gewesen zu sein, in dem auch der italienische Meister Carlo Pedersoli trainierte.

Polds Werk ist nicht nur ein Fest für Fans, die Arbeit geriet auch zu einem Veteranentreffen. Mit Thomas Danneberg führt die deutsche Synchronstimme von Terence Hill durch "Sie nannten ihn Spencer", die Texte verfasste Rainer Brandt, der einst schon für die deutsche Fassung der Spencer-Hill-Filme verantwortlich war. Er legte ihnen schnoddrig-coole Sprüche à la "Ohne Heu kann das beste Pferd nicht furzen" in den Mund. Die hatten mit dem Originaltext zwar nicht viel zu tun, trugen aber einiges zum Erfolg des Leinwandgespanns im deutschsprachigen Raum bei.

Zwischendurch erfährt man eine Menge aus Carlo Pedersolis Leben, das im Grunde noch spannender war als die Figur Bud Spencer. Nicht nur, dass er in jungen Jahren als Sportler Erfolge feierte. Er war vielseitig interessiert, entwickelte neben seiner Filmkarriere Patente für Spielsachen, gründete eine Jeansfabrik, schrieb Liedtexte, setzte mit einer eigenen Fluggesellschaft viel Geld in den Sand und formulierte in späten Jahren in vier Büchern (das letzte erschien 2016) seine - überraschend pazifistische - Weltsicht.

Im Grunde entsprachen sich Pedersoli und Spencer nur in einem Punkt komplett: Beide aßen für ihr Leben gern. Bei Dreharbeiten hatte der Schauspieler immer eine eigene Köchin mit. Schon um halb elf am Vormittag wurde er nervös und beauftragte sie damit, "ein paar Spaghetti" zuzubereiten. Er meinte damit ein halbes Kilo, das ihm allein zustand. Alle, die ihn kannten, sagen über Carlo Pedersoli, dass er ein gutmütiger Mensch war. Einzig beim Essen kannte er keinen Spaß.