Brigitte Bierlein:
Österreichs erste Kanzlerin

VfGH-Präsidentin erlebt späte Spitzen-Karriere

Die große Karriere von Brigitte Bierlein kam spät, dann aber nachdrücklich. Zwei Jahre vor der Pension wurde sie erste Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs, dann Österreichs erste Regierungschefin.

von
Portrait - Brigitte Bierlein:
Österreichs erste Kanzlerin
  • Name: Brigitte Bierlein
  • Geboren: Am 25. Juni 1949 in Wien
  • Ausbildung: 1971 zur Dr. jur. promoviert, 1975 Richteramtsprüfung
  • Familienstand: Lebenspartnerschaft
  • Kinder: keine
  • Partei: keine
  • Funktion: ehemalige Bundeskanzlerin der Übergangsregierung

Gute Kontakte zur ÖVP

Dass sie ihre größten Karriereschritte - jenen zur Vizepräsidentin und später zur Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs jeweils unter schwarz- bzw. türkis-blauen Regierungen machte, ist kein Zufall. Der Wienerin werden gute Kontakte nicht nur zur ÖVP, sondern auch zur FPÖ nachgesagt. Parteimitglied ist sie allerdings nicht.

»Ich habe einen gewissen gesunden Ehrgeiz«

Eigentlich hatte sie ihre Laufbahn 2003 mit dem Vorrücken in den VfGH schon als gekrönt erachtet. Damals gestand sie einen "gewissen gesunden Ehrgeiz" ein, der gepaart mit "viel Spaß an der Arbeit" wohl auch nötig war, um sich als Frau in der früher stark männlich dominierten Welt der Juristen durchzusetzen.

Jahr Funktion
ab 1977 Staatsanwältin
1986  Wechsel in die Oberstaatsanwaltschaft Wien
1987 Strafrechtssektion im Justizministerium, dann wieder OStA.
1990-2002 Generalanwältin in der Generalprokuratur
1995 Vorstandsmitglied der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte
2001-2003 Präsidentin der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte
2003 Vizepräsidentin des VfGH
seit Jänner 2018 intermistische Leiterin des VfGH
seit Mai 2019 Bundeskanzlerin der Übergangsregierung

Resolut-selbstbewusstes Auftreten

In dieser Welt war die stets um ein elegantes Äußeres bemühte Juristin schon als Standesvertreterin nicht nur mit ihren fachlichen Qualifikation, sondern auch mit resolut-selbstbewusstem Auftreten und schnörkellos-geraden Ansagen aufgefallen. 1977 von den Richtern zu den Staatsanwälten gewechselt, engagierte sie sich in der Vereinigung Österreichischer Staatsanwälte - und wurde dort 2001 zur Präsidentin gewählt. Auf diese Funktion musste sie mit dem Eintritt in den VfGH verzichten. Vor dem Wechsel in das Höchstgericht war sie nicht weniger als zwölf Jahre Generalanwältin in der Generalprokuratur.

Die Tochter eines Beamten

Nur ganz am Beginn war die gebürtige Wienerin nicht ganz so zielstrebig: 1949 als Tochter eines Beamten geboren, wollte sie eigentlich Kunst oder Architektur studieren. Die Mutter (die selbst eine Kunst-Ausbildung hatte) riet ihr ab, Bierlein entschied sich für Jus - und ab diesem Moment ging es geradeaus nach oben: In nur vier Jahren absolvierte sie das Studium, mit 26 legte sie die Richteramtsprüfung ab, mit 28 Jahren wurde sie zur Staatsanwältin ernannt, mit 41 Generalanwältin, 2003 Vizepräsidentin am VfGH und am 1. Jänner 2018 dessen Leiterin. Dass sie jetzt allenfalls über ihren Nachfolger mitbestimmen könnte, ist nicht ganz unheikel.

Für eine Familiengründung blieb keine Zeit

Für Familie blieb der Wienerin keine Zeit, sie hätte es sich nicht vorstellen können, Job und Kinder unter einen Hut zu bringen, sagte Bierlein in Interviews. Privates weiß man über Bierlein, die in Justizkreisen bestens vernetzt ist, recht wenig; sie hat sich dazu immer sehr bedeckt gehalten: Mit Ernest Maurer ist sie seit Langem liiert, aber dennoch unabhängig geblieben. Beide sollen nach wie vor eigene Wohnungen haben.

Bierleins Lebensgefährte

Die juristischen Entscheidungen ihres Lebensgefährten, des mittlerweile pensionierten Richters Ernest Maurer, waren öfters umstritten: etwa als er Holocaust-Leugner David Irving auf freien Fuß setzte. Jarolim bezeichnete Maurer damals als eine "Fehlbesetzung". Irving bedankte sich in der Verhandlung hingegen artig mit den Worten: "Euer Ehren, danke schön." Maurer galt zwar als Intimus von Jörg Haider und saß auch im ORF-Kuratorium, wies aber eine Nähe zur FPÖ stets zurück.

Hobbys

In ihrer Freizeit besucht Bierlein gerne Vernissagen und Ausstellungen, sowie - wenn es die Zeit zulässt - Oper und Theater. Auch sammelt sie Kunst, hat etwa einen (Josef) Mikl zu hause hängen. Nur am Rande mit Kultur zu tun hat, dass sie erst vor kurzem zur Leiterin der Sonderkommission zum Skandal in der Wiener Ballett-Akademie bestellt wurde.

Sie joggt täglich und fährt Ski: als sie Anfang 2018 VfGH-Präsidentin wurde, musste sie zwangsläufig auf den bereits geplanten Skiurlaub verzichten. Sie gilt auch abseits ihres Fachgebiets als interessiert, liest viel -etwa Bücher des angesagten israelischen Historikers Yuval Noah Harari - und verschenkt diese auch an Freunde.

Neue Herausforderung

Die ehemalige VfGH-Präsidentin Brigitte Bierlein wurde am im Juni 2019 Österreichs erste Bundeskanzlerin. Das gab Bundespräsident Alexander Van der Bellen damals am 30.05.2019 in einem Statement bekannt, nachdem er sich davon mit den Parlamentsparteien auf diese Personalie verständigt hatte. Bierlein erhielt darauf den Auftrag zur Regierungsbildung. Bierleins Regierung führte die Geschäfte bis zur Bildung einer neuen Regierung.

Lesen Sie auch: Brigitte Bierlein: "Das war ein kleiner Schock für mich"

Am 07. Jänner 2020 endetete die Kanzlerschaft von Bierlein. Der "neue Alt-Kanzler" Sebastian Kurz wurde mit der Regierungsbildung beauftragt und übernahm erneut das Amt des Bundeskanzlers.

Lesen Sie in der aktuellen Printausgabe von News (51+52/2019) das Gespräch mit Brigitte Bierlein!

Kommentare

Von Politik für uns Österreicher keine Ahnung, nur schöne Phrasen ohne Realitätshintergrund!!

Seite 1 von 1