Briefbomben-Terror erschütterte vor 25 Jahren Österreich

Franz Fuchs verschickte 25 Briefbomben. Roma-Vertreter fühlt sich auch heute nicht sicher.

Eine Briefbomben-Serie hat in Österreich vor 25 Jahren ihren Ausgang genommen. In den 1990er-Jahren verschickte der Rechtsradikale Franz Fuchs innerhalb von fast vier Jahren 25 Briefbomben und deponierte zwei Rohrbomben. Bei seinem schwersten Attentat in Oberwart starben vier Menschen. Der Roma-Vertreter Emmerich Gärtner-Horvath sieht jedoch auch 25 Jahre offene Wunden. "Man fühlt sich einfach noch nicht sicher", sagte er.

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Terrorismus - Briefbomben-Terror erschütterte vor 25 Jahren Österreich

Die beispiellose Terrorserie von Franz Fuchs mit mehreren Verletzten und vier Todesopfern begann am 3. Dezember 1993, als in den Händen des Hartberger Pfarrers August Janisch und von ORF-Moderatorin Silvana Meixner die ersten Briefbomben detonierten und sie schwer verletzten. Zwei Tage später verstümmelte eine Briefbombe dem damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk die linke Hand. Im August 1994 verlor der Polizist Theo Kelz beide Unterarme, als eine Rohrbombe, die Fuchs auf dem Gelände der Rennerschule in Klagenfurt deponiert hatte, beim Abtransport explodierte. Mit seiner zweiten Rohrbombe tötete Fuchs im Februar 1995 in Oberwart die vier Roma Josef Simon, Peter Sarközi, Karl Horvath und Erwin Horvath - als sie die Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien" entfernen wollten.

Erst im Oktober 1997 gefasst

Erst im Oktober 1997 wurde der Attentäter zufällig in seinem Heimatort Gralla südlich von Graz gefasst. Er wurde am Steuer seines Autos von der Gendarmerie kontrolliert, wähnte sich überführt und zündete eine Bombe, die ihm beide Hände zerfetzte. Vor Gericht brüllte Fuchs rechtsextreme Parolen wie "Reinrassige Tschuschenregierung - nein danke!" und wurde schließlich von der Verhandlung ausgeschlossen. Zu lebenslanger Haft verurteilt, erhängte sich Fuchs rund ein Jahr später in seiner Zelle in der Justizanstalt Karlau in Graz mit dem Kabel seines Rasierers.

Vor dem Hintergrund der Migrationsdebatte

Wie Historiker später meinten, seien die Briefbomben-Attentate vor dem Hintergrund der damals immer intensiver geführten Migrationsdebatte zu sehen. Die Jahre 1993 bis 1997 waren demnach gekennzeichnet von den geografisch nahen Balkankriegen, der Ostöffnung, den Zuwanderungswellen aus den Krisen- und Kriegsgebieten und dem Aufstieg der FPÖ unter Jörg Haider. Das innenpolitisch aufgeheizte Klima sei massiv von einer Angst vor Zuwanderung und Überfremdung geprägt gewesen. Auch Betroffene der Attentate wie Pfarrer Janisch und Grün-Politikerin Terezija Stoisits sahen den Nährboden in späteren Interviews in einer durch Haider geschürten ausländerfeindlichen Stimmung und dem Volksbegehren "Österreich zuerst" der FPÖ.

Roma-Vertreter: Noch offene Wunden

Der Roma-Vertreter Emmerich Gärtner-Horvath sieht auch 25 Jahre nach Beginn der Briefbomben-Serie in Österreich offene Wunden. "Man fühlt sich einfach noch nicht sicher", sagte der Vorsitzende des Volksgruppenbeirates im Gespräch mit der APA. Schuld daran gibt er auch der politischen Entwicklung. Die Bevölkerung werde "auseinanderdividiert", Politik auf dem Rücken der Österreicher gemacht.

Zwar galten die ersten Anschläge des Rechtsradikalen Franz Fuchs am 3. Dezember 1993 dem Hartberger Pfarrer August Janisch und der ORF-Moderatorin Silvana Meixner. Zwei Jahre später traf es aber die Volksgruppe direkt: Im Februar 1995 tötete eine Rohrbombe in Oberwart die vier Roma Josef Simon, Peter Sarközi, Karl Horvath und Erwin Horvath - als sie die Tafel mit der Aufschrift "Roma zurück nach Indien" entfernen wollten.

"In Vergessenheit kann das nie geraten"

"In Vergessenheit kann das nie geraten. Es ist da", so Gärtner-Horvath, der vier Freunde durch den Anschlag verlor und jährlich Gedenkfeiern mitveranstaltet. Er erinnert sich daran, dass als erste Reaktion in manchen Medien von einer "Zigeunerfehde" die Rede war, ohne dass überhaupt Ermittlungen stattgefunden hatten. Man habe sogar überlegt, die Vereine aufzulösen, aber: "Den Gefallen wollten wir dem Täter nicht tun."

Auch heute sei die Angst in der Volksgruppe noch da, die derzeitige politische Stimmung trägt laut Gärtner-Horvath dazu bei. "Man merkt, dass viele Personen aus der Geschichte nichts gelernt haben", findet der Volksgruppenvertreter und nennt Vorfälle in Deutschland, Ungarn, der Slowakei, Tschechien, aber auch Österreich. Hier sei politische Verantwortung gefragt, denn: "Wenn ich mehrere Schichten schaffe, ist das nicht der richtige Weg."

Allgemein versteht Gärtner-Horvath nicht, warum gerade die Volksgruppe der Roma oft betroffen ist. "Wir waren immer eine Randgruppe", meint er und bittet um Geduld. Man brauche Zeit, um Bildung zu schaffen, "das wird noch Generationen dauern".

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