Das älteste Kino der Welt?

Das Wiener Lichtspieltheater kämpft ums ständige Überleben

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Nur möglicherweise und nicht sicher deshalb, da der eindeutige Beweis fehlt. Die offiziellen Papiere sind nämlich im Jahr 1938 nach Berlin verfrachtet worden und dort leider verschwunden. Somit gratulierte die Süddeutsche Zeitung 2007 dem Münchner Gloria Kino zum 100. Geburtstag des ältesten Kinos der Welt. Und im Guiness Buch der Rekorde ist ohnehin das Pionier Kino in Stettin, das 1908 gegründet wurde als ältestes Kino angeführt.

Beweise fehlen
Die Breitenseer Lichtspiele wurden jedoch schon 1905 gegründet, berichtet Mag. Anna Nitsch-Fitz, in deren Besitz sich das Kino seit 1969 befindet. 1905 wurde das Kino von der Familie Guggenberger – damals noch als Zeltkino – gegründet. 1909 übersiedelte man dann in das Haus in der Breitenseer Straße 21. Da jedoch, wie erwähnt, die offiziellen Unterlagen, auch auf Anfragen bei den Behörden, nicht mehr auffindbar sind, akzeptiert das Guiness Buch der Rekorde die BSL nicht als ältestes Kino der Welt. Doch Frau Nitsch-Fitz erzählt in einem Interview: „Ich habe ein Schreiben von der Kammer bekommen, dass sie mir 2005 zum 100. Geburtstag alles Gute wünschen.“ Somit sind die Beweise doch recht eindeutig und das „möglicherweise“ nimmt eher die Formen eines „sicher“ an.

Nach Krieg in öffentlicher Hand
Untrennbar mit dem – somit – ältesten Kino der Welt ist seine Besitzerin, Mag. Anna Nitsch-Fitz verbunden. Sie übernahm 1969 das Kino von Frau Wolfschütz-Grün, die während des zweiten Weltkrieges immer noch Juden in das Kino ließ und gleichzeitig, um sich nicht verdächtig zu machen, der NSDAP beitrat. Dies sorgte dann im Jahr 1945 für Schwierigkeiten und das Kino stand für zwei Jahre in öffentlicher Verwaltung, ehe es dann wieder an Wolfschütz-Grün zurückgegeben wurde.

Besitzerin zahlt aus eigener Tasche
Seit über 40 Jahren ist Anna Nitsch-Fitz, die ehemalige Gymnasiums-Professorin für Mathematik und Physik, nun Besitzerin der Breitenseer Lichtspiele und ohne die engagierte Frau wäre wohl auch dem ältesten Kino der Welt, wie so vielen andere kleine Kinos, inzwischen die Existenzgrundlage entzogen worden. Denn den Großteil der laufenden Kosten zahlt Nitsch-Fitz aus ihrer eigenen Tasche. Von ihrer Lehrer-Pension werden Filmrechte, Miete und hin und wieder den Lohn des Vorführers (nicht immer kann sie sich einen leisten) gedeckt. Eine Grundförderung von 13.000 Euro jährlich (die auch andere Kinos bekommen) sponsert die Gemeinde Wien hinzu. Für weitere Förderungen hält sie das Programm der BSL für nicht gut genug. 2009 wurde ein dementsprechender Antrag mit der knappen Erklärung der „begrenzten budgetären Mittel und der Vielzahl der eingereichten Projekte“ abgelehnt.

Liebe zum Kino seit Kindheitstagen
Anna Nitsch Fitzs Liebe zum Kino tut dies jedoch keinen Abbruch. Bereits ihre Großmutter hat in eine Kino-Familie eingeheiratet, die ein Lichtspieltheater in Nussdorf besaß. Bald darauf wurde in der Heiligenstädterstraße ein eigenes Kino gegründet, wo auch die Enkelin aufwuchs und wo diese Liebe ihren Ursprung fand. Zwei Jahre nach dem Tod der Großmutter, verkaufte Nitsch-Fitzs Vater das Kino. Das Gebäude vermietet die Kinoliebhaberin jedoch immer noch, wodurch wieder ein bisschen Geld für die Breitenseer Lichtspiele eingetrieben wird.

"Zwei bis zehn Besucher"
Auch Hollywood-Blockbuster finden sich in letzter Zeit hin und wieder in dem abwechslungsreichen Programm des Kinos, um ein bisschen Geld einzuspielen. Denn hin und wieder nimmt Anna Nitsch-Fitz nicht einmal 1.000 Euro im Monat ein, wie sie in einem Interview erzählte. „Nicht einmal bei den Kottan-Filmen waren mehr als zwei bis zehn Besucher.“ Vielleicht vermag ja zumindest Hollywood-Altmeister Woody Allen den einen oder anderen in die Breitenseer Lichtspiele zu locken. Wünschenswert wäre es auf jeden Fall für das älteste Kino der Welt.

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