Lektionen einer historischen Wahl

Eine Bilanz des Hofburg-Wahlabends abseits des Offensichtlichen

von
Fakten - Lektionen einer historischen Wahl

GEWINNER

Irmgard Griss

© Format Lukas Ilgner

Die pensionierte Höchstrichterin darf sich trotz des knapp verpassten Einzugs in die Stichwahl als Gewinnerin fühlen. Ohne Unterstützung eines Parteiapparats und ausschließlich mit privaten Spenden ausgestattet, eroberte die 69-Jährige 693.315 Stimmen und konnte damit beinahe ein Fünftel der Wählerschaft von sich überzeugen. Kein Wunder also, dass Griss am Sonntag offenließ, ob der Wahlabend das Ende ihrer politischen Karriere war oder ob sie ihre Popularität anderweitig zu nutzen versuchen wird. Die Neos haben diesbezügliche Aufgeschlossenheit jedenfalls bereits erkennen lassen. "Wir teilen viele Ansichten und werden uns austauschen, was wir miteinander machen können", kündigte Bundesgeschäftsführer Ferry Thierry am Sonntagabend an. Auch die beiden ehemaligen Volksparteien werden sehnsüchtige Blicke auf die Polit-Quereinsteigerin und ihre Wählerschaft richten. Griss scheint sich ihrer Rolle als Zünglein an der Waage bewusst: "Das ist nicht das Ende, da ist ein Anfang", ließ sie nach der Wahl wissen - es kommt wohl zum Griss um Griss.

Soziale Medien

Die Unüberschaubarkeit des Internets mag eine einschüchternde Wirkung haben, besserwisserisch ignorieren darf die dezentrale Meinungsvielfalt jedoch niemand mehr. Während auf Twitter die Minderheit der medial Angepassten wohlfein über die Siegeschancen von Grünrosa debattieren, verschafft die breite Masse auf Facebook und in Foren ihrem Unmut Luft. Zu oft unterschreitet dabei der Tonfall die moralische Gürtellinie und verleitet dazu, den verschriftlichten Unmut zu ignorieren und als vereinzelte Hasspostings oder gezielte Partei-Propaganda abzutun. Jedoch: Wahlkampfmanager, Medien und Meinungsforscher werden lernen müssen, den Kontakt zum postenden Volk wiederherzustellen und Social Media als Indikator für die Befindlichkeit des Volkes ernst zu nehmen – oder ihre Rolle als Botschafter endgültig einbüßen.

Die TV-Stationen

Nie zuvor gab es in einem Bundespräsidentschafts-Wahlkampf mehr Wahlkampf im Fernsehen, nie zuvor mussten Kandidaten kuriosere Prüfungen absolvieren in dem Glauben, damit die Gunst des Publikums zu erlangen – mitunter wähnten sich die Zuseher mehr in einer Koch- denn in einer Polit-Show. Dennoch: Das Zuseherinteresse gibt den Fernsehmachern recht, alle TV-Stationen konnten mit kreativeren Zugängen und Formaten beim Publikum punkten. Nur in der Wahlbeteiligung spiegelte sich das große Interesse an Politik nicht wider, zumindest nicht im ersten Wahlgang: knapp 70 Prozent.

Erwin Pröll

Vor Weihnachten hatten nicht nur in der ÖVP alle mit einem Antreten des niederösterreichischen Landeshauptmanns gerechnet. Nach Neujahr musste ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner plötzlich den Ersatzmann Andreas Khol aus dem Hut zaubern: Pröll hatte abgesagt und – wieder einmal – feines politisches Näschen bewiesen. Er ahnte wohl, dass auch ein schwarzes Schwergewicht wie er in einem Präsidentschaftswahlkampf nur schwer größten Zuspruch ernten würde. Nun kann sich der 69-jährige Pröll – früher oder später – mit weißer Weste von der Politbühne verabschieden.

VERLIERER

Die Meinungsforscher

Die großen Umfrageinstitute hatten stets Alexander Van Der Bellen auf Platz 1 geführt, knapp gefolgt von Norbert Hofer und Irmgard Griss. Keinem Kandidaten wurden im ersten Wahlgang Werte von deutlich über 30 Prozent zugetraut. Am Ende sollten die Meinungsforscher lediglich das desaströse Abschneiden von Khol und Hundstorfer richtig prognostizieren – auch hier mit deutlicher Unschärfe in den Zahlen. In den sozialen Netzwerken ergoss sich darob viel Hohn und noch mehr Spott über die Macher der Analysen: "Meinungsforschern zufolge gewinnt Rapid heute gegen Sturm 10:0 vor 43.000 Zusehern", schrieb einer auf Twitter. Ein anderer notierte: "Ich hätte ja die Meinungsforscher stante pede aus der Sendung ausgeladen."

Die Wahlkampfstrategen

Massen an Plakaten in den Städten, seitenweise Inserate in den urbanen (Gratis-)Medien – und dann wurde die Wahl doch am Land entschieden: Daran lässt der Triumph Norbert Hofers trotz der Teilerfolge von Alexander Van der Bellen in Wien, Graz und Innsbruck keinen Zweifel. Die Deutungshoheit am Stammtisch gehört offensichtlich der FPÖ; und gegen diese Meinungsmacht fand keiner der Wahlkampfstrategen ein Gegenmittel. Für die Zukunft – und die beinhaltet weit mehr als nur die Stichwahl um die Hofburg – müssen sich die klugen Köpfe der Politkonkurrenz dringend etwas einfallen lassen, wollen sie den Siegeszug der Freiheitlichen aufhalten. Auf die Städte zu setzen hat sich jedenfalls eindrucksvoll als Reinfall erwiesen.

Kommentare

Oberon

Versteinerte bis säuerliche Minen bei den Verlierer-Parteien. Das hat was. :-))
Auf die Idee, dass die Wahlverluste praktisch ein Abwählen von SPÖ und ÖVP wegen ihrer Flüchtlingspolitik darstellen, wäre ich selber auch gekommen. Dafür braucht's echt keinen Fachmann.

christian95 melden

Die Lektion aus dieser Wahl: ALLE gegen Hofer!
Nur so ist gewährleistet dass alles so weiter läuft wie bisher. Immer wenn Rot oder Schwarz abgewählt wurden standen sofort die Grünen zur Absicherung ihrer Macht zur Verfügung. Die Regierung will doch keinen Bundespräsidenten der ihnen auf die Finger schaut und sie sogar entlassen will.

christian95 melden

Da haben einmal die Bürger Rot und Schwarz abgewählt, aber Blau-Grün wollen (vor allem die Grünen) nicht miteinander um in diesem Land eine Veränderung herbeizuführen. Ein Grüner Bundespräsident wird sich wieder an Rot (Schwarz) anbiedern. Hat ja in Wien auch schon funktioniert. Schade da wird eine große Chance vertan.

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Ist Herrn Khol die Überheblichkeit vergangen? Nein? In Villach nur 1,2% vor Lugner und in Simmering 1,6%. Ich würde bei so einem Ergebnis mein Leben überdenken.

christian95 melden

Ich denke Erwin Pröll hat gespürt dass er nicht gewählt wird. Daher hat er Khol den Vortritt gelassen. Es waren ja die westlichen Bundesländer die ihm als Kandidaten abgelehnt haben.

AdLa melden

Das Wahlergebnis hat eindeutig gezeigt, dass Rot - Schwarz nicht mehr Tun und Lassen kann wie sie wollen, denn wenn sie so weitermachen sitzen die Blauen bei der nächsten Nationalratswahl mit einer absoluten Mehrheit im Parlament !
Ich schäme mich als Mitglied einer der beiden Parteien.

christian95 melden

Kreisky, Figl, Raab, Körner Jonas..... müssen sich im Grabe umdrehen wenn sie sehen was ihre Nachfolger aus ihren einst so stolzen Parteien gemacht haben.
Und sie haben noch immer nichts gelernt und machen weiter wie bisher!

Schnadahuepfl melden

Zum Posting von 21:58h: Dir ist aber schon klar, dass aufgrund der diametral entgegengesetzten Positionen von Grün und Blau eine Zusammenarbeit dieser Parteien unmöglich ist, oder?
Nehmen wir als Beispiel den Klimawandel, der bei Grün sehr ernst genommen wird, während Blau ihn völlig negiert und als reine Abzocke darstellt.

christian95 melden

Klima gibt es gar nicht; nur das Wetter. Klima ist eine vom Menschen erstellte Statistik. Beliebig kann man jede Zahl einsetzen. Ob von 7 bis 19 Uhr oder von 5 bis 21 Uhr und sogleich sinkt die Temperatur um 20%. Da könnte man auch eine Regenstatistik erstellen oder ob jedes Jahr zur gleichen Zeit am gleichen Ort ein Gewitter nieder geht.

christian95 melden

Klimawandel, CO2, Ozon, Feinstaub, sauerer Regen... alles erfundene Maßnahmen der Politik um die Menschen abzuzocken und einzuschüchtern. Im Mittelalter gab es Hexenverbrennung, Religion und Folter.

Schnadahuepfl melden

Danke für die Bestätigung meines obigen Posting.

Gabe Hcuod
Gabe Hcuod melden

Das erklärt in der Tat vieles.

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