Die Idee übertrumpft die Geschichte

Eine beklemmende Thriller-Idee, aus der noch viel mehr rauszuholen gewesen wäre

Ein Stromausfall legt ganz Europa lahm – diese beklemmend gute Idee liegt Marc Elsbergs Thriller „Blackout“ zugrunde. Leider lebt aber Elsbergs Erstling mehr von der starken Idee, als von der leider flachen Geschichte. Zu sehr stehen seine Rechercheergebnisse im Vordergrund. Zu wenig gelingt es ihm, die sich üppig anbietenden Möglichkeiten der Handlung in einen Fluss zu bringen, der auch wirklich fesselt. Aber es ist kein schlechtes Buch. Elsberg hätte nur ein viel besseres daraus machen können.

von Blackout von Marc Elsberg - Die Idee übertrumpft die Geschichte © Bild: Blanvalet/Clemens Lechner

Es ist wirklich ein gruseliges Szenario, durch dass sich der Ex-Hacker Piero Manzano wühlen muss, um Europa und die Welt zu retten. Er ist es nämlich, der den Grund für den europaweiten Stromausfall erkennt – und dann zusammen mit einer jungen Journalistin die Welt retten soll. Aber die Geschichte und ihre Personen sind die große Schwäche des Buches. Marc Elsberg hat gewissenhaft und intensiv recherchiert, entsprechend realistisch wirkt die Welt, die er entwirft. Aber zu viel Realität tut einem Thriller eben auch nicht immer gut.

Es hätte der Lesbarkeit von „Blackout“ gut getan, hätte Elsberg der Geschichte mehr Raum gegeben. Seine Figuren sind nicht mehr, als ein notwendiges Mittel, seine Idee vom Stromausfall zu erzählen, ohne ein Sachbuch daraus zu machen. Sie erinnern fast ein wenig an die Darsteller aus TV-Pseudo-Dokus. Zu mitreissenden Charakteren entwickeln sie sich nicht - zu grob sind sie gezeichnet. Überhaupt erfüllen Manzano & Co. zu viele Klischees – mehr als das Standardrepertoire an Thriller-Darstellern sind sie leider nicht. Einen großen, bösen Gegenspieler stellt er ihnen überhaupt kaum entgegen.

Eine erschreckende Vorstellung
Natürlich ist die Welt, die in „Blackout“ entsteht erschreckend, aber ihre Beschreibung wird rasch vorhersehbar. Elsberg widmet sich dem Alltag der Menschen zu wenig, den technischen Details zu viel. Bald kennt man alle Probleme, nur die Orte der Handlung ändern sich. Vielleicht hat Elsberg dies Art des Erzählens auch bewusst gewählt, aber wie magisch in sein Buch hingeingezogen hat er mich damit nicht. Oder aber, es ist ihm zu schwer gefallen, sich von Ergebnissen seiner hervorragenden Recherchearbeit zu trennen.

Außerdem macht sich Elsberg mit einer Vielzahl an handelnden Personen das Leben in seinem Buch selbst schwer. Die Handlungsstränge wechseln so oft und so schnell, dass man kaum Zeit findet, seinen Figuren wirklich nahe zu kommen. Auf einen hassenswerten Bösewicht hat er trotzdem verzichtet. Und dennoch fehlt „Blackout“ vor allem das Tempo. Es ist kein „Page-Turner“, wie dies etwa Dan Brown regelmäßig abliefert. Als Leser ist man bei „Blackout“ vor allem Beobachter, nicht Mitleidender.

Lesen sollte man es trotzdem
ABER: Es ist wirklich kein schlechtes Buch. Die Idee ist nämlich einfach gut. Schon allein mit seinen Rechercheergebnissen sorgt Elsberg für Beklemmung. Und deshalb liest man das Buch auch zu Ende. Abzuraten ist davon auf keinen Fall. Ein Klassiker des Thriller-Genres wird es aber wohl nicht werden. Aber es lohnt sich durchaus, dieses Buch zu kaufen und zu lesen. Gerade jetzt, wo die Urlaubszeit immer näher kommt.