Beurle bei "Bier-Insider-Prozess" befragt: Durch Einbindungen & Verkauf Primärinsider

Familienangehörige angeblich unrechtmäßig bereichert Insgesamt 16 Angeklagte weisen Vorwürfe zurück

Am vierten Verhandlungstag im "Bier-Insider-Prozess" gegen die ehemaligen österreichischen "Bier-Barone" wurde im Wiener Straflandesgericht die Befragung von Ludwig Beurle beendet. Staatsanwalt Georg Krakow wirft dem ehemaligen Sprecher der Syndikatsleitung, also den syndizierten ehemaligen Kernaktionären der BBAG/Brau Union, vor, er wäre wegen seiner Einbindung in die Beratungen und die Beschlüsse über den schließlich erfolgten Verkauf an den niederländischen Konzern Heineken "Primärinsider" gewesen.

Ludwig Beurle selber hatte in der kritischen Periode zwischen November 2002 und April 2003 keine Aktienkäufe getätigt, Familienangehörige von ihm (sein Vater Christian Beurle, ehemals Präsident der Industriellenvereinigung/IV, und sein Bruder Stephan) aber hätten sich durch Wertpapiergeschäfte auf Grund des Insiderwissens von Beurle über den Verkaufsprozess (Insiderhandel) unrechtmäßig bereichert, so die Anklage. Die insgesamt 16 Angeklagten aus früheren Brauerfamilien weisen alle Vorwürfe zurück, für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Der Braukonzern sah offenbar seit Herbst 2002 einen gewissen Handlungsbedarf: Im August hatte das Syndikat von Oetker über den beabsichtigten Verkauf deren Aktienpakets erfahren. Damals habe die Syndikatsleitung begonnen, Möglichkeiten für die weitere Entwicklung zu prüfen. Staatsanwalt Georg Krakow hielt Beurle ein Zitat von Kernaktionär Fritz Kretz vor: "Nach dem Kauf der Beteiligung von Oetker war der Zwang, etwas zu tun, es war klar, dass in irgendeiner Form Geld fließen muss, sonst hätten uns die Zinsen gefressen". Beurle verteidigte sich, dass damals mehrere Varianten für die Zukunftsstrategie des Brauriesen im Spiel gewesen wären.

Staatsanwalt Krakow fragte nach, wie man denn das Schuldenpaket der Holding von 200 Mio. Euro finanzieren wollte, die Dividende hätte nicht einmal zur Begleichung der Zinsen ausgereicht. Die Dividende hätte ja auch erhöht werden können, entgegnete Beurle. Auch ein Finanzinvestor hätte einsteigen können, sein Vater Christian, ehemals Präsident der Industriellenvereinigung, habe mit dem Unternehmer Helmut Sohmen Kontakt aufgenommen, dieser habe jedoch am 20. Jänner 2003 abgewunken. Die Hausbank Oberbank hätte dem Konzern aber ohnehin nicht über Nacht den Geldhahn abgedreht, so Beurle.

Am 26. November 2002 hatte das Syndikat, die Kernaktionäre der Brauerfamilien, einer Rechtsanwaltskanzlei den Auftrag erteilt, die Möglichkeit einer Mehrheitsabgabe zu prüfen. Zuvor war bereits das Investmenthaus JP Morgan eingeschaltet worden. Trotzdem habe es laut Beurle Ende 2002 "überhaupt keine konkrete Bereitschaft gegeben zu verkaufen", man sei lediglich in eine "Prüfungsphase" dieser Variante eingetreten. Gemäß dem Protokoll des Syndikatsausschusses habe es aber damals bereits sogar Preisvorstellungen gegeben, entgegnete Staatsanwalt Krakow. "Das waren doch nur Daumen mal Pi-Berechnungen", entgegnete Beurle: "Das waren keine Vorstellungen über Preise, sondern Gedanken was eine GeBAG-Aktie (Getränke Beteiligungs AG) wert sein könnte, falls es aus welchem Grund auch immer zum Verkauf kommt".

Das "Projekt Keg" (Fass), wie das Vorhaben in der Führung des Braukonzerns ab Auftrag an JP Morgan im Oktober 2002 genannt wurde, hat für Beurle erst mit Aussendung des Informationsmemorandums an potenzielle Partner am 23. Jänner 2003 begonnen. Die Aktienkäufe der Familie Beurle im März 2003 begründete er so, dass man ausschließlich den eigenen Einfluss auf das Unternehmen absichern wollte. Im Zuge der damals durchgeführten Vereinfachung der Konzernstruktur und der Einbringung von Aktien der Kernaktionäre in die neuen GeBAG-Holding habe nämlich die Gefahr bestanden, dass die bisher führende Aktionärsfamilie Beurle (vor Einbringungsaktion: 16,52 Prozent) gegenüber dem Zweiten, der Familie Kretz, ins Hintertreffen gerate. Deswegen habe sein Bruder Stephan damals Aktien zugekauft. Sein Vater Christian habe im letzten Moment auch noch Aktien gekauft, aber nur, weil in der Gruppe eine Panne passiert gewesen sei.

"Hat diese Vereinfachung der Konzernstruktur die Übernahme erleichtert?" fragte Richter Thomas Kreuter direkt. Es habe dem Partner sicherlich erleichtert, nachher die Kontrolle zu übernehmen, räumte Beurle ein. Der niederländische Brauriese Heineken habe aber die Marktanteile kaufen wollen, die genaue Struktur des Konzerns habe ihn nicht gekümmert. Aus der Gruppe Beurle wurden später 15 Mio. Euro in Heineken-Aktien investiert, so Beurle, daher fühle er sich weiterhin als "Brauer".

(apa/red)