Schloss Tratzberg: Von der
Trutzburg zum Kulturdenkmal

Hoch über dem Tiroler Inntal, eingebettet in einen märchenhaften Wald, thront das prunkvolle Schloss Tratzberg. Und das schon seit 500 Jahren. Die aufregende Schlossgeschichte birgt so manches Geheimnis.

von Besonderer Ort - Schloss Tratzberg: Von der
Trutzburg zum Kulturdenkmal © Bild: istock imaes

Namhafte Adelige haben unglaubliche Summen in die einst schmucklose Grenzfestung investiert. Von Kaiser Maximilian über die reichen Fugger bis zum Geschlecht der Grafen Enzenberg. Sie alle haben dazu beigetragen, einen neuen Zeitgeist in die alten Gemäuer zu bringen. Das Ergebnis: Ein modernes Renaissance-Juwel ist entstanden.

1. Was ist eigentlich eine Trutzburg

Der Begriff Trutzburg stammt aus dem Mittelalter. Das Wort Trutz ist die mittelhochdeutsche Form von Trotz und beschreibt einen Akt der Gegenwehr. Gemeint sind Burgen, die territoriale Machtansprüche in Grenzregionen sichern sollten. Das war auch im Fall von Schloss Tratzberg so. Damals im 13. Jahrhundert hieß die Befestungungsanlage noch "Castrum Tratzperch" und hatte die Aufgabe, das Inntal gegen Bayern zu sichern.

© Schloss Tratzberg

2. Das Tauschgeschäft des Kaisers

Im Winter 1490 brannte die Burg durch Unachtsamkeit des Pflegers Sanazeller bis auf die Grundmauern nieder. Übrigens: Als Pfleger wurde damals ein leitender Beamter des Erzbischofs bezeichnet. Es sollte einige Zeit dauern, bis man sich um die Ruine kümmern sollte. Denn der König und spätere deutsche Kaiser Maximilian I, dachte nicht an den Wiederaufbau. Er überließ die niedergebrannte Burg 1499 lieber dem reichen Silberbergwerksbesitzer Tänzel. Natürlich nicht umsonst. Im Tausch dafür erhielt der Kaiser Burg und Herrschaft Berneck.

© Schloss Tratzberg

3. Von der Burg zum Luxusanwesen

Simon Tänzl errichtete im Jahre 1500 den ersten spätgotischen Teil des heutigen Schlosses Tratzberg. Der wohlhabende Geschäftsmann scheuten keine Kosten und Mühen und ließ das Gebäude in ungewöhnlich prunkvoller, verschwenderischer Weise und mit außerordentlich kunstvoll gestalteten Marmor-, Holz- und Eisenarbeiten ausstatten.

Interessant: Bei der Errichtung des Schlosses standen nun eindeutig die Wohnbedürfnisse im Vordergrund. Auffallend sind die für einen privaten Sitz großen und hellen Räume sowie die Verwendung edlen Baumaterials.

© Schloss Tratzberg

4. Reiche Adelige und Katastrophen

Über die Jahrhunderte erlebte Schloss Tratzberg zahlreiche Besitzerwechsel. Das Schloss wurde im Übergang von der Gotik zur Renaissance erbaut. Ein wichtiger Mitgestalter war der Augsburger Kaufmann Georg Ritter von Ilsung. Er erweiterte das Schloss und prägte es durch den Zeitgeist der Renaissance. Es folgte das Kaufmannsgeschlecht der Fugger, denen wir den prachtvoll bemalte Innenhof und größtenteils das bis heute noch erhaltene Inventar zu verdanken haben. Interessant:Das Schloss Tratzberg diente über die Jahre sogar einmal als Spital, wurde unter Schneelawine begraben und von Tiroler Burschen aus der Nachbarschaft geplündert.

Buchtipp

Schloss Tratzberg*

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5. Geldmangel als glückliche Fügung

Nach vielen unterschiedlichen Eigentümern folgte eine Zeit, in der Tratzberg fast 150 Jahre unbewohnt blieb. Aus heutiger Sicht kann es als großes Glück bezeichnet werden dass im 17. und 18. Jahrhundert keine Geldmittel für eine Modernisierung vorhanden waren. Warum? Durch diesen Stillstand kam es zu keiner Barockisierung. Zurecht hat sich das Schloss heute den Titel "Renaissance-Juwel" verdient - speziell was die Innenräume betrifft.

© Schloss Tratzberg Der heutigen Schlossherr Ulrich Goëss-Enzenberg mit Gattin Katrin

6. Ein Hauch Kaiserin Maria-Theresia

Durch Heirat des Franz Graf Enzenberg mit Ottilie Gräfin Tannenberg ging das fast verwahrloste Schloss im Jahre 1847 in den Besitz der Grafen Enzenberg über, deren privater Wohnsitz es bis heute blieb. Der heutigen Schlossherr Ulrich Goëss-Enzenberg ist selbst Nachkomme von Kaiserin Maria-Theresias. In 5. Generation hat er die große Aufgabe übertragen bekommen Schloss Tratzberg weiterzuführen. Der studierte Betriebswirt lebt mit seiner Familie im Schloss und hat zahlreiche Neuerungen eingeführt. (Siehe Punkt 8)

7. Drei Geheimnisse der Prunkräume

Die Fuggerstube diente als privater Wohnraum der bekannten Kaufmannsfamilie der Fugger. Reich ausgestattet unter anderem mit gotischem Waschtisch, Ofen, zwei außerordentlich bedeutsamen Schragentischen aus dem Jahr 1520 ist der Raum komplett erhalte. Interessant: Im Mittelalter spielten richtige Tische keine Rolle. Bei größeren Anlässen wurden einfach zwei Holzblöcke (Schragen) geholt und eine Holzplatte daraufgelegt die unter einem Tischtuch versteckt wurde. Daher kommt der Name Schragentisch. ⁠

In der Stube Kaiser Maximilians,wo noch heute ein Fluchtweg mittels Falltür vorhanden ist, finden sich auf der hölzernen Wandtäfelung noch originalerhaltene Kreideverzierungen, welche unter anderem seinen Lieblingsspruch wiedergeben:

»Ich leb und weiß nicht wie lang. Ich sterb und weiß nicht wann. Ich fahr und weiß nicht wohin. Mich wundert’s, dass ich so fröhlich bin.«

Im Habsburgersaal kann das 46 m lange Wandbild, in dem 148 Figuren den Stammbaum der Habsburger darstellen, bestaunt werden. Dieses umfangreiche Wandgemälde (es erstreckt sich über 4 Wände) gibt Einblicke in die Mode. So ist die typische Kleidung, Haar- und Barttracht sowie Kopfbedeckung der jeweiligen Epoche zuzuordnen.

© Schloss Tratzberg

8. Schloss Tratzberg heute

Modern und am Puls der Zeit, so könnte man das Kulturdenkmal heute beschreiben. Das Schloss dient regelmäßig als Filmkulisse etwa für Soko Kitzbühel, Krupp – eine deutsche Familie oder die Wanderhure. Es ist das erste Schloss Österreichs, das vor Ort eine „Virtual Reality Zeitreise“ anbietet. Bauhistoriker, Mittelalterexperten und die Schlossherren mit ihrem Team waren 14 Monate mit der Umsetzung der 250.000 Euro teuren Attraktion beschäftigt.

© Schloss Tratzberg

Die meisten Räume von Schloss Tratzberg sind für die Öffentlichkeit zugänglich und können besichtigt werden. Allerdings nur im Rahmen einer Führung, das erkunden auf eigene Faust ist nicht möglich. Derzeit befindet es sich allerdings im Winterschlaf, geplanter Saisonstart ist der 28.03.2021. Der Bummelzug „Tratzberg-Express“ pendelt dann wieder während der Führungszeiten ständig zwischen dem Parkplatz des Schlosswirts und Schloss.

Man kann den Weg durch den romantischen Schlosswald aber auch zu Fuß zurücklegen (Dauer ca. 20 Minuten). Spezielle Märchen-Kinderführungen mit Quiz und ein großer Kinderspielplatz machen den Besuch in den historischen Gemäuer zu einem Erlebnis für die ganze Familie. Jedes Jahr besuchen rund 80.000 Interessierte das Schloss, das zwischen Schwaz und Jenbach liegt.

Für alljene, denen die Anreise zu weit ist, gibt es eine weitere Option der Besichtigung. Bedingt durch die Corona-Pandemie wurden jüngst digitale Führungen entwickelt, die man hier buchen kann.Tipp: Die Online-Besichtigung der Rüstkammer ist gratis!