Berlusconis "Vertrag mit den Italienern": Versprechungen nur teilweise eingehalten

Durchwachsene Bilanz für Premier seit dem Jahr 2001 Ziele: Arbeitslosigkeit, Steuern & Kriminalität senken

Vor laufenden Fernsehkameras unterzeichnete Silvio Berlusconi im Wahlkampf 2001 einen "Vertrag mit den Italienern". Darin knüpfte der damalige Oppositionschef und heutige italienische Ministerpräsident sein politisches Schicksal an folgende Ziele: Die Steuern sowie die Arbeitslosen- und Kriminalitätsrate sollten gesenkt, Renten- und Infrastrukturausgaben dagegen erhöht werden. Wenn dies nicht gelinge, werde er sich aus der Politik zurückziehen, kündigte er damals an.

Jetzt geht es wieder darum, eine Wahl zu gewinnen. Daher rückt der Vertrag wieder in den Vordergrund. "Wir haben all unsere Versprechen erfüllt. Aber die Menschen haben keine Notiz davon genommen", sagt Berlusconi. Ein Blick auf die Faktenlage:

Erfolgreiche Steuerpolitik
Zumindest bei den STEUERN darf der Regierungschef Teilerfolge verbuchen: Die Erbschaftssteuer wurde wie versprochen abgeschafft. Der Spitzensteuersatz sank von 45 auf 43 Prozent. Laut Vertrag sollte er inzwischen aber sogar bei 33 Prozent liegen. Zudem sollte es nur noch einen zweiten Satz von 23 Prozent geben statt der damaligen fünf Steuersätze. Doch 2006 sind es immer noch vier. Jahreseinkommen bis 11.362 Euro sollten einkommenssteuerfrei sein. Die Grenze liegt jetzt bei 7.500 Euro für Arbeitnehmer, 7.000 Euro für Rentner und 4.500 Euro für Selbstständige.

Reformen bei Pension nicht ganz durchgesetzt
Ähnlich gemischt fällt die Bilanz bei den PENSIONEN UND RENTEN aus. Die versprochene Anhebung der Mindestrente auf 516 Euro wurde gleich im ersten Haushalt umgesetzt - allerdings nur für über 70-Jährige. Berlusconis Anhänger argumentieren, es sei nie eine Mindestrente für alle zugesagt worden. Eine römische Pensionistin sieht das offenbar anders und will Berlusconi deswegen verklagen. Sie erhalte nur 378 Euro, also sei sie damals um ihre Stimme betrogen worden, erklärt Ida Severini.

Arbeitsmarkt-Ziele nicht erreicht
Strittig ist der Erfolg auf dem ARBEITSMARKT. Berlusconi versprach die Schaffung von 1,5 Millionen neuen Stellen. Regierungszahlen zufolge wurden es zwei Millionen, die Arbeitslosenquote sank auf 7,7 von zuvor 9,2 Prozent. Dem Statistikamt Istat zufolge geht ein Großteil des Rückgangs davon aber darauf zurück, dass sich frustrierte Arbeitslose gar nicht mehr als suchend melden. Zudem seien viele Einwanderer in Italien legalisiert worden, die bereits Arbeit hatten, nun aber auch statistisch erfasst würden. Der Anteil der arbeitenden Bevölkerung war im dritten Quartal 2005 mit 57,4 Prozent der niedrigste der Euro-Zone.

Versagen bei Bekämpfung der Kriminalität
Fehlgeschlagen ist laut Istat die BEKÄMPFUNG DER KRIMINALITÄT: Die Zahl der Straftaten sei 2003 auf 2,89 Millionen von 2,88 Millionen 2001 gestiegen. Gemessen an anderen Erfassungskriterien registrierte die Polizei 2004 insgesamt 2,42 Millionen Verbrechen nach 2,16 Millionen drei Jahre zuvor.

Infrastruktur: Nur 21,4 % der Mittel bereitgestellt
Berlusconi versprach außerdem, 40 Prozent der milliardenschweren INFRASTRUKTURPROGRAMME aus einem Zehn-Jahres-Plan auf den Weg zu bringen. Der Finanzzeitung "Il Sole 24 Ore" zufolge wurden nur 21,4 Prozent der Mittel bereitgestellt. Preisbereinigt sind Parlamentsschätzungen zufolge aber nur rund 14 Prozent erreicht worden.

Wirtschaft: Konjunkturdaten wenig rosig
Über den Vertrag hinaus ist Berlusconis WIRTSCHAFTLICHE BILANZ den jüngsten Konjunkturdaten zufolge wenig rosig: Die Wirtschaft stagnierte 2005 nach einem Vorjahreswachstum von 1,1 Prozent. Zum dritten Mal in Folge verstieß das Land gegen den EU-Stabilitätspakt. Das Defizit stieg auf 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - das höchste seit 1996. Der gesamte Schuldenberg - in absoluten Zahlen der dritthöchste der Welt - wuchs 2005 erstmals seit 1994 wieder.
(apa)