Bald höhere Verkehrsstrafen? Polizei in
Wien will Pönalen für Temposünder anheben

Goldgruber: Im EU-Vergleich am drittbilligsten Kinder oft nicht angeschnallt - Gurtenquote schlecht

Die Wiener Polizei will die Strafen für Temposünder anheben. Das Niveau der hiesigen Pönalen sei im EU-Vergleich am drittbilligsten, sagte der Leiter der Sicherheits- und Verkehrspolizeilichen Abteilung, Peter Goldgruber. Bei der Polizei überlegt man nun, ins europäische Mittelfeld zu kommen. Die Unfallstatistik 2006 in der Bundeshauptstadt ist mit einem Rückgang auf 5.324 Verkehrsunfälle erfreulich, ein blinder Fleck ist für viele Wiener allerdings noch die vorschriftsgemäße Kindersicherung.

Derzeit liegt das Strafniveau für Schnellfahrer in Wien zwischen 50 und 115 Euro, schilderte Goldgruber: "Billiger sind nur Tschechien und die Slowakei, wir sind an dritter Stelle bei den günstigsten Tarifen". Die Polizei überlegt daher, die Strafen um etwa ein Drittel anzuheben, womit man im europäischen Mittelfeld wäre, so Goldgruber. Dass diese Maßnahme für die Verkehrssicherheit Sinn machen würde zeige Skandinavien, sagte der Chef der Landesverkehrsabteilung Wien, Oberst Karl Wammerl: Dort seien die Strafen im EU-Schnitt sehr hoch, die Unfälle seien um 30 Prozent gesunken.

EU: Verfolgung bald möglich
Schon in naher Zukunft wird die Polizei auch Lenker aus dem EU-Ausland in ihrer Heimat belangen können, da ab März eine EU-Richtlinie zur länderübergreifenden Verfolgung in Kraft tritt. Bisher seien jährlich mehrere 100.000 Anzeigen nicht bearbeitet worden, da es mit dem Ausland keine entsprechenden Abkommen gebe. Wird die Strafverfolgung grenzüberschreitend möglich, sieht Goldgruber allerdings auch ein personelles Problem auf die Wiener Polizei zukommen: "Das wäre fast eine Verdoppelung des Arbeitsaufkommens", gibt er zu bedenken. Denn: "Wir haben unsere Leute jetzt schon sehr gut ausgelastet."

Betroffen werden in Wien vor allem Lenker aus Tschechien, Ungarn und der Slowakei sein. Diese machen den größten Teil der ausländischen Kfz im Wiener Raum aus.

Schärfere Geschwindigkeitskontrolle
Verschärft wird in Wien auch die Geschwindigkeitskontrolle: Die Messtoleranzen für Radar und Laserpistole werden herabgesetzt. Bisher wird zur nötigen technische Messtoleranz noch ein weiterer Rahmen draufgelegt, bevor der Lenker belangt wird. Der Spielraum wird künftig kleiner werden, betonte Wammerl: "Wenn 50 ist, kann man nicht mehr davon ausgehen, dass erst bei 70 gestraft wird." Zudem soll es ein neues Gerät geben, dass in Zivilfahrzeugen angebracht wird und "im Vorbeifahren" messen kann, ob die Sicherheitsabstände eingehalten werden.

Ein Dorn im Auge ist der Polizei die mangelnde Kindersicherung: Wie aus der Statistik der Vormerkdelikte hervorgeht, machen Verstöße in dem Bereich mit 4.068 den deutlich größten Teil aus. An zweiter Stelle folgt Alkohol mit 1.752, die übrigen Delikte liegen bis auf technischen Zustand und Beladung (774) deutlich unter 200.

Schlechte Anschnallquote
Auch die Anschnallquote lässt zu wünschen übrig: Über 19.000 Organstrafverfügungen hat die Polizei hier im Vorjahr verhängt. Vor allem die Passagiere am Rücksitz verzichten oft auf die Sicherung und gefährden so auch die vor ihnen Sitzenden, so Oberst Karl Wammerl: "Ein Unfall mit 50 km/h entspricht einem Sturz aus zehn Metern Höhe, und das machen täglich hunderte freiwillig." Einen weiteren großen Anteil bei den Organstrafverfügungen machen mit ebenfalls rund 19.000 die Telefonierer am Steuer aus. Der Löwenanteil entfällt mit fast 28.000 Organmandaten auf Geschwindigkeit.

Die Zahl der Verkehrstoten ist im Vorjahr um ein Opfer zurückgegangen: 2006 waren es 33 Tote, 2005 noch 34. Den größten Anteil machten hier mit 55 Prozent die Fußgänger aus, auf Pkw-Insassen entfallen 19 Prozent. Zehn Prozent waren Radfahrer, 16 Prozent fuhren mit einspurigen Kfz.

Einen Rückgang gab es auch bei den verletzten Kindern: 2006 gerieten 70 Kinder in Verkehrsunfälle, das sind um vier weniger als 2005. Auf den Schulweg entfielen davon 66, ein Rückgang um sechs Fälle. Die Polizei setzt hier vor allem auf Prävention, wie etwa Kinderpolizisten. Aufgeklärt werden auch die Pensionisten, die ebenfalls eine besonders gefährdete Gruppe darstellen. Generell ist alles eine Frage der Konzentration auf den Verkehr, meint Wammerl: "Zwei Drittel der Unfälle könnten verhindert werden, wenn die Verkehrsteilnehmer aufmerksamer wären."

(apa/red)