Presserat mischt sich
in Babykatzengate ein

Kritisiert Medienberichte zu Sargnagels "Reisetagebuch" - Verstoß gegen Ehrenkodex

Stefanie Sargnagel wagte es, über Dinge zu schreiben, die man nicht tut. Und erntete dafür einen massiven Shitstorm. Kritik hagelte es auch von journalistischer Seite. In zwei Medienberichten wurde die Schriftstellerin für ihr "Reisetagebuch" mehrfach kritisiert. Jetzt hat sich der Presserat eingeschaltet.

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Sargnagel - Presserat mischt sich
in Babykatzengate ein

Der Senat 1 des Presserats beschäftigte sich mit den Artikeln "Saufen und Kiffen auf Kosten der Steuerzahler", veröffentlicht am 8. März 2017 auf "krone.at". Nach Meinung des Senats verstoßt dieser Artikel gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

In dem Artikel wird über das sogenannte "Reisetagebuch" der drei jungen Schriftstellerinnen - darunter Stefanie Sargnagel - berichtet. Das "Reisetagebuch" selbst ist im Februar in der Wochenendbeilage "Album" der Tageszeitung "Der Standard" erschienen. Im auf "krone.at" veröffentlichten Beitrag werden einige Stellen des Tagebuchs erwähnt. Darunter jene, in der es darum geht, dass die Autorinnen Marihuana konsumiert, sich mit Mini-Rock, rot geschminkten Lippen und ohne BH abends am Strand "willig" unter die einheimischen Männer gemischt hätten, diese allerdings nicht weiter auf sie reagiert hätten.

Mehrere Leser haben Artikel beanstandet

Erwähnung fand auch jene Stelle, bei der es darum geht, dass eine der Autorinnen eine Babykatze getreten hätte. Die Journalisten von "krone.at" und der "Kronen Zeitung" kritisieren das in dem Tagebuch geschilderte Verhalten scharf und weisen darauf hin, dass zwei der Autorinnen für die Reise ein Stipendium vom Kunstministerium in Höhe von jeweils 750 Euro bekommen hatten. Mehrere Leser haben sich an den Presserat gewandt und den Artikel beanstandet.

Der Senat hielt zunächst fest, dass es selbstverständlich mit den medienethischen Grundsätzen des Ehrenkodex für die österreichische Presse vereinbar ist, im Rahmen von Kommentaren Texte zu analysieren, diese negativ zu bewerten und sich dafür auszusprechen, dass den Verfassern keine staatliche Förderung (im konkreten Fall: Reisestipendien des Kulturministeriums) zustünden.

Der Senat beanstandete allerdings, dass die Journalisten in ihrer Kritik darauf hinweisen hätten müssen, dass es sich bei dem kritisierten "Reisetagebuch" um einen literarischen Text und nicht um einen Tatsachenbericht handelt. Für die Erkennbarkeit als literarischer Text spricht nicht nur, dass er von einer Schriftstellerin verfasst und im Literaturteil einer Tageszeitung veröffentlicht wurde, so der Senat. Auch einige offensichtliche, bewusste Übertreibungen und Zuspitzungen im Text weisen darauf hin.

Artikel verstoßen gegen Punkt 2 des Ehrenkodex

Beide Artikel verstoßen daher gegen Punkt 2 des Ehrenkodex, wonach Nachrichten gewissenhaft und korrekt wiedergegeben werden müssen. Der Senat kritisierte die Verwendung des Begriffs "Fäkal-Autorin" für die Stefanie Sargnagel. Trotz der Tatsache, dass sie als Schriftstellerin in ihren Texten ihre ideologischen Gegner angreift, stufte der Senat diese Bezeichnung als Persönlichkeitsverletzung ein.

Aus medienethischer Sicht für besonders problematisch bewertete der Senat den letzten Absatz des Artikels, in dem die Rede von "der willigen Sargnagel" ist. Diese Bezeichnung empfand der Senat als herabwürdigend. Nach Auffassung des Senats kann diese persönlichkeitsverletzende Wortwahl nicht damit gerechtfertigt werden, dass in dem literarischen "Reisetagebuch" erwähnt wird, dass sich die Schriftstellerinnen "willig" an den Strand zu Einheimischen setzten, diese jedoch bloß "eingeraucht Uno spielen" wollten.

Auch hier ist der Kontext entscheidend, denn im nächsten Satz heißt es im "Reisetagebuch": "Der Kölner Hauptbahnhof hat echt zu viel versprochen!". Es stünde dem Autor des Artikels nach Ansicht des Senats zwar frei, diese Passage als unpassend oder gegenüber den Opfern der Ereignisse in Köln als taktlos zu kritisieren. Die Autorin aufgrund dieser Persiflage jedoch allgemein als "willig" zu bezeichnen, hält der Senat keinesfalls für gerechtfertigt.

Kritik an Bekanntabe von Sargnagels Wohnort

Darüber hinaus kritisierte der Senat, dass in dem Artikel der Standort der Wohnung, die Stefanie Sargnagel als Stadtschreiberin von der Stadt Klagenfurt für ein halbes Jahr zur Verfügung gestellt bekommen hat, angeführt wird. Aufgrund der Berichterstattung auf "krone.at" und in der "Kronen Zeitung" wurde die Schriftstellerin wüst beschimpft und bedroht. Die Veröffentlichung des Wohnorts erhöhte die Gefährdung der Betroffenen.

Der Senat stellte die Verstöße fest und forderte die Medieninhaberinnen auf, die Entscheidung in den betroffenen Medien zu veröffentlichen, die da lautet: Selbständiges Verfahren aufgrund von Mitteilungen mehrerer Leserinnen und Leser. In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin der "Kronen Zeitung" hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, keinen Gebrauch gemacht.