Auszüge aus Barack Obamas Schlussrede:
"Aufstehen und sagen: Acht sind genug"

Harsche Kritik an Präsidentschaft von George Bush Warnung vor weiterer Amtszeit der Republikaner

Mit einer Rede ihres Präsidentschaftskandidaten Barack Obama hat die Demokratische Partei ihre Wahlversammlung in Denver beendet. Associated Press dokumentiert Wortlautauszüge der Rede in nichtoffizieller Übersetzung.

"Vor vier Jahren stand ich vor euch und habe euch meine Geschichte erzählt - von der kurzen Verbindung zwischen einem jungen Mann aus Kenia und einer jungen Frau aus Kansas, die nicht wohlhabend oder bekannt waren, aber den Glauben teilten, dass ihr Sohn in Amerika alles erreichen kann, was immer er auch vorhat. Es ist diese Verheißung, die dieses Land immer zu einem besonderen gemacht hat - dass durch harte Arbeit und Opfer jeder von uns seine persönlichen Träume wahr machen kann, dass wir aber dabei immer noch als eine amerikanische Familie zusammenkommen, um sicherzustellen, dass die nächste Generation ihre Träume ebenfalls verfolgen kann.

Das ist der Grund, warum ich heute abend hier stehe. Weil 232 Jahre lang gewöhnliche Männer und Frauen, Studenten und Soldaten, Bauern und Lehrer, Krankenschwestern und Hausmeister immer den Mut gefunden haben, die Verheißung am Leben zu erhalten, wann immer sie gefährdet war. Wir sind in einem dieser entscheidenden Momente zusammengekommen, einem Moment, in dem unsere Nation im Krieg ist, unsere Wirtschaft in Aufruhr, und in dem die amerikanische Verheißung einmal mehr bedroht ist.

Heute abend sind mehr Amerikaner ohne Arbeit und mehr arbeiten härter für weniger Lohn. Mehr von euch haben ihr Haus verloren und mehr beobachten, wie der Wert ihres Hauses abstürzt. Mehr von euch haben Autos, die ihr euch nicht mehr leisten könnt, Kreditkartenabrechnungen, die ihr nicht mehr bezahlen könnt und Schulgeld, das nicht mehr in eurer Reichweite liegt. Diese Herausforderungen sind nicht alle auf die Regierung zurückzuführen. Aber das Versagen, darauf zu antworten, ist ein direktes Ergebnis der kaputten Politik in Washington und der gescheiterten Präsidentschaft von George W. Bush. Amerika, wir sind besser als diese vergangenen acht Jahre, wir sind ein besseres Land als das. (...)

Dieser Moment, diese Wahl, ist unsere Chance, um die amerikanische Verheißung im 21. Jahrhundert lebendig zu halten. Nächste Woche in Minnesota wird die gleiche Partei, die euch zwei Amtszeiten von George Bush und Dick Cheney gebracht hat, dieses Land um eine dritte Amtszeit bitten. Und wir sind hier, weil wir dieses Land zu sehr lieben um zuzulassen, dass die nächsten vier Jahren genauso aussehen wie die vergangenen acht. Am 4. November müssen wir aufstehen und sagen: Acht sind genug.

Lasst uns an einer Sache nicht zweifeln. Der nominierte Republikaner, John McCain, hat die Uniform unseres Landes mit Tapferkeit und Auszeichnung getragen, und deswegen schulden wir ihm unsere Dankbarkeit und Respekt. Und nächste Woche werden wir auch von Anlässen hören, bei denen er mit seiner Partei gebrochen hat, als Beweis, dass er für den Wechsel sorgen kann, den wir brauchen. Aber die Bilanz ist deutlich: John McCain hat zu 90 Prozent der Zeit mit George Bush gestimmt. Senator McCain spricht gern über Urteilskraft. Aber was sagt dies wirklich über Urteilskraft aus, wenn man glaubt, dass George Bush zu mehr als 90 Prozent der Zeit richtig lag? Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich bin nicht bereit, mich auf eine zehnprozentige Chance für den Wechsel einzulassen. (...)

Ihr seht, wir Demokraten haben einen ganz anderen Maßstab für Fortschritt in diesem Land. Wir messen Fortschritt daran, wie viele Leute einen Job finden können, mit dem sie ihre Hypotheken zahlen können, ob man am Ende des Monats ein bisschen Geld zur Seite legen kann, damit man eines Tages erleben kann, dass das eigene Kind sein Diplom macht. Wir messen Fortschritt an den 23 Millionen neuen Jobs, die geschaffen wurden, als Bill Clinton Präsident war, als die amerikanische Durchschnittsfamilie erlebte, wie ihr Einkommen um 7.500 Dollar gestiegen ist, anstatt um 2.000 Dollar zu sinken, wie es unter George Bush gewesen ist.

Wir messen die Stärke unserer Wirtschaft nicht an der Zahl der Milliardäre, die wir haben, oder an den Gewinnen im Fortune 500, sondern daran, ob jemand mit einer guten Idee das Wagnis aufnehmen und eine Firma gründen kann, oder ob die Kellnerin, die von Trinkgeldern lebt, einen Tag frei nehmen kann, um nach einem kranken Kind zu sehen, ohne ihren Arbeitsplatz zu verlieren - eine Wirtschaft, die die Würde der Arbeit respektiert.

Die Basisdaten, die wir verwenden, um wirtschaftliche Stärke zu messen, sind die, ob wir dieses grundlegende Versprechen erfüllen, dass dieses Land groß gemacht hat, eine Verheißung, die der einzige Grund ist, warum ich heute abend hier stehe. Das ist das Versprechen, das wir halten müssen. Daher lasst mich genau sagen, was dieser Wechsel bedeuten würde, wenn ich Präsident bin.

Wechsel bedeutet ein Steuerrecht, das nicht die Lobbyisten belohnt, die es geschrieben haben, sondern die amerikanischen Arbeiter und kleinen Unternehmen, die es verdienen. Anders als John McCain will ich die Steuerkürzungen für Konzerne beenden, die unsere Arbeitsplätze nach Übersee auslagern, und ich werde damit anfangen, sie an Firmen zu geben, die hier in Amerika gute Jobs schaffen.

Ich werde die Kapitalertragssteuern für Kleinunternehmen und Startups abschaffen, welche die gut bezahlten High-Tech-Jobs von morgen schaffen. Ich werde die Steuern kürzen für 95 Prozent aller Arbeiterfamilien. Weil es in einer Wirtschaft wie dieser das letzte sein sollte, die Steuern für die Mittelschicht zu erhöhen.

Und um unserer Wirtschaft und unserer Sicherheit und der Zukunft unseres Planeten willen will ich ein klares Ziel als Präsident setzen: In zehn Jahren werden wir endlich unsere Abhängigkeit von Öl aus dem Nahen Osten beenden. Washington spricht seit 30 Jahren von unserer Abhängigkeit vom Öl, und John McCain ist 26 Jahre davon da gewesen. In dieser Zeit hat er Nein gesagt zu höheren Standards für die Kraftstoffeffizienz von Autos, Nein zu Investitionen in erneuerbare Energien, Nein zu erneuerbaren Kraftstoffen. Und heute importieren wir dreimal so viel Öl wie an dem Tag, als Senator McCain ins Amt gekommen ist.

Nun ist es an der Zeit, diese Abhängigkeit zu beenden und einzusehen, dass Ölbohrungen eine Notlösung sind, keine langfristige Lösung. Weit gefehlt. Als Präsident werde ich unsere Erdgasreserven anzapfen, in saubere Kohlentechnik investieren und Wege finden, um die Atomkraft sicher zu nutzen. Ich werde unseren Automobilfirmen bei der Umrüstung helfen, damit die kraftstoffeffizienten Autos der Zukunft hier in Amerika gebaut werden. Ich werde es für die Amerikaner einfacher machen, sich diese neuen Autos leisten zu können. Und ich werde im nächsten Jahrzehnt 150 Milliarden Dollar in erschwingliche, erneuerbare Energiequellen investieren - Windenergie und Solarenergie und die nächste Generation von Biokraftstoffen; eine Investition, die zu neuen Branchen und fünf Millionen neuen Arbeitsplätzen führt, welche gut bezahlt sind nie ausgelagert werden können. (...)

Wir sind die Partei von Roosevelt. Wir sind die Partei Kennedys. Daher soll mir niemand sagen, dass die Demokraten dieses Land nicht verteidigen könnten. Niemand soll mir sagen, dass Demokraten nicht für unsere Sicherheit sorgen könnten. Die Bush-McCain-Außenpolitik hat das Erbe verprasst, dass Generationen von Amerikanern - Demokraten und Republikaner - aufgebaut haben, und wir müssen dieses Erbe erneuern.

Als Oberbefehlshaber werde ich nie zögern, diese Nation zu verteidigen. Aber ich werde Truppen zur Schadensabwehr nur mit einer klaren Mission und einer heiligen Verpflichtung entsenden, ihnen die Ausstattung zu geben, die sie im Kampf brauchen, sowie Schutz und Versorgung, die sie verdienen, wenn sie wieder nach Hause kommen.

Ich werde diesen Krieg im Irak verantwortungsvoll beenden, ebenso wie den Kampf gegen Al-Kaida und die Taliban in Afghanistan. Ich werde unsere Streitkräfte erneuern, damit sie künftigen Konflikten begegnen können. Aber ich werde auch die harte, direkte Diplomatie erneuern, die den Iran daran hindern kann, sich in den Besitz von Atomwaffen zu bringen. Ich werde neue Partnerschaften errichten, um die Bedrohungen des 21. Jahrhunderts zu besiegen: Terrorismus und Weiterverbreitung von Atomwaffen, Armut und Völkermord, Klimawandel und Seuchen. Und ich werde unser moralisches Ansehen wiederherstellen, damit Amerika einmal mehr die letzte, beste Hoffnung für alle ist, die für die Sache der Freiheit berufen sind, die sich nach einem Leben in Frieden und nach einer besseren Zukunft sehnen."

(apa/red)