Integriert sein schützt
vor Abschiebung nicht

Wer deutsch lernt, wer sich in Österreich integriert, soll auch hier bleiben können. Das war jahrelang ein Regierungsversprechen. Dagegen wurde früher bereits verstoßen, seit dem Vorjahr ist es ein Gesetz: Flüchtlinge, die nicht aus einem Kriegsland kommen, werden konsequent abgeschoben.

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Asylpolitik - Integriert sein schützt
vor Abschiebung nicht

Zum Beispiel nach Tschetschenien. Ganze Familien trifft es. Susanne Scholl, ehemalige Moskau-Korrespondentin des ORF, brachte es im Fernsehen auf den Punkt: In der autonomen russischen Republik am Nordkaukasus wird zwar nicht offen Krieg geführt, aber ein diktatorischer Clan beherrsche das Land. Die Menschen dort sind alles andere als frei.
Tschetschenische Banden oder auch nur Kleinkriminelle, die hier ihr Unwesen treiben, sollten besser heute als morgen abgeschoben werden. Aber Familien, wo zumindest der Vater Arbeit hat, die Kinder gute Schüler sind – welchen Zweck hat da die Abschiebung? ÖVP, SPÖ und FPÖ sollten sich fragen, ob man diese zwar legale aber humanitär umstrittene Praxis rechtfertigen kann.

Die ÖVP ist angeblich die Familienpartei, die SPÖ hat angeblich humanitäre Grundsätze und die FPÖ, ach lassen wir das. Auf der Strecke bleiben die Menschenrechte und die Fairness. Niemand aus dem Nationalrat regt sich auf, niemand aus der katholischen Hierarchie.

Ein tschetschenischer Bub grüßt im besten Deutsch ein letztes Mal seine Klassenkameraden. Das war's.

Zumindest eine Gesetzesänderung sollte erreicht werden: Gemeinden, die viel besser als „der Staat“ einschätzen können, ob jemand gut genug integriert ist, sollten bei geplanten Abschiebungen ein Vetorecht haben. Und in großen Städten (Hauptproblem Wien) müssten Caritas und Diakonie über ein Prüfrecht verfügen. Denn selbst Flüchtlinge dürfen nie zu einem bloßen Verwaltungsakt werden.

Gerfried Sperl
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