Fünf Jahre
nach der Flucht

Im Herbst 2014 berichtete News von einer syrischen Familie, die aus Damaskus geflohen war. Die damals schwangere Zahra Hindieh schaffte es bis nach Österreich. Ehemann und Tochter kenterten mit einem überfüllten Flüchtlingsboot vor Griechenland. Wie geht es der Familie heute? Wie ist die Stimmung in Österreich fast fünf Jahre nach der großen Flüchtlingsbewegung? Eine Bestandsaufnahme.

von Asylpolitik - Fünf Jahre
nach der Flucht © Bild: Heinz Stephan Tesarek/News

Die Suppe kocht über. Zahra Hindieh schwelgt in den Erinnerungen und merkt nicht, wie die weiße Flüssigkeit aus dem Topf quillt. Jetzt schiebt sie ihn hastig vom Herd und wischt auf. Sie versucht, ihre Gedanken in Worte zu fassen: "Während der Flucht hatte ich keine Zeit, um mir Sorgen zu machen. Heute frage ich mich, wie ich das überlebt habe -noch dazu schwanger?"

© News/Heinz Tesarek

Zahra Hindieh ist 40 Jahre alt. Sie ist Mutter von drei Kindern und lebt und arbeitet in Wien. Im Herbst 2014 wohnte sie in einem kahlen Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft in Linz. Ihre Tochter Alma war gerade geboren. Mit gemischten Gefühlen betrachtete Zahra Hindieh damals ihr Baby. Es waren die Monate, bevor Europa in eine neue Wirklichkeit katapultiert wurde und Österreich eine der größten Einwanderungsbewegungen der Nachkriegszeit erlebte. Seit 2015 wurden hier 183.000 Asylanträge gestellt, davon wurde 112.000 Menschen Schutz gewährt. Und jetzt erinnern die aktuellen Bilder von der türkisch-griechischen Grenze an die Flüchtlingskrise von vor fünf Jahren.

Ein Beispiel von Hunderttausenden

Die Odyssee der Familie Hindieh ist eine, die Hunderttausende Menschen erleben, seit die Gewalt in Syrien tobt. Nachdem eine Bombe die Wohnung der Hindiehs zerstörte, flohen sie 2014 zuerst nach Kairo. Von dort aus versuchten Tochter und Vater, mit einem rostigen Kahn über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Die beiden wollten es bis nach Österreich schaffen, Asyl beantragen und die schwangere Zahra auf dem sicheren Weg nachholen. Doch der Plan scheiterte. Vater und Tochter strandeten auf Kreta. Es war nun an Zahra Hindieh, ihre Familie zu retten. Sie heuerte Schlepper an, fuhr über das Meer auf einem überfüllten Boot, lag mehrere Tage dehydriert in einem Lieferwagen und erreichte im Juni 2014 die Flüchtlingsunterkunft Traiskirchen. Doch die Familie war zerrissen. Zu diesem Zeitpunkt wurden die Grenzen in Griechenland kontrolliert, und einfach loszumarschieren, blieb nur für die Wagemutigsten eine Option - das war der Beginn der Völkerwanderung. Die Geschichte der Hindiehs setzte eine Welle der Hilfsbereitschaft in Gang. Schließlich gelang es, die Familie im November 2014 in Linz zu vereinen.

Integration auf dem Arbeitsmarkt

Jetzt arbeitet die Syrerin in der Küche eines Kindergartens im 15. Wiener Gemeindebezirk. Hier kocht sie jeden Morgen in der Woche für etwa 50 Kinder und deren Erzieherinnen und Erzieher. Heute gibt es Selleriecremesuppe und anschließend Reis mit Linsen und Rosinen. Für die Jause bereitet Zahra Hindieh Schokokuchen vor. Die Pädagogische Leiterin, Santosha Bonev, stürmt in die Küche. Sie hilft Zahra beim Umfüllen der Suppe in Schüsseln. Gleich ist Mittagszeit, und die Kinder haben Hunger. Also muss es schnell gehen. Santosha Bonev ist begeistert von Zahra Hindieh. "Ich muss ihr nur den Essensplan für die Woche geben, Rezepte braucht sie nicht. Zahra erinnert mich sogar, wenn Zutaten fehlen, oder bringt sie von sich aus mit, obwohl sie das nicht braucht", sagt Santosha Bonev.

© Heinz Stephan Tesarek/News

Wie gut die Integration der Geflüchteten tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt läuft, ist nicht leicht zu beantworten. Österreich hat im Vergleich zu Deutschland keine Datenbank aufgebaut, die alle Geflüchteten beobachtet. Das AMS kennt nur die Menschen, die sich dort melden und dessen Asylverfahren abgeschlossen sind. Aber das braucht Zeit. Laut Bundesinnenministerium liegt die Verfahrensdauer aktuell bei drei Monaten. Doch laut AMS-Vorstand Johannes Kopf melden sich auch jetzt noch monatlich rund 500 Menschen beim AMS, von denen zahlreiche ihre Anträge bereits vor ein oder zwei Jahren gestellt hatten und erst heute ihre Bescheide bekommen. Aber allein von den Geflüchteten, die im Jahr 2015 Asyl bekamen und sich kurz drauf beim AMS meldeten, arbeiteten im Jänner 2020 schon 45,5 Prozent. Also fast jeder Zweite. "Im internationalen Vergleich ist das absolut vorzeigbar", sagt Johannes Kopf. "Wir sind in engem Austausch mit Ländern wie Schweden und Deutschland, und die gratulieren uns zu diesen Zahlen." Der AMS-Chef geht davon aus, dass diese Zahl im Frühling auf über 50 Prozent steigen wird, weil es dann mehr Jobs auf dem Bau oder in der Landwirtschaft gibt und viele dort schon gearbeitet haben.

Frauen brauchen länger

In Zahrah Hindiehs früherem Leben in Damaskus arbeitete sie in einem Schönheitssalon und schminkte reiche Syrerinnen. Hier in Österreich bewarb sie sich vor einem halben Jahr bei Bipa und DM. Sie hätte dort auch als Verkäuferin gearbeitet, aber erhielt keine Antwort. Früher hätte sie ohnehin nicht anfangen können, zu arbeiten. Nach den Töchtern, wurde Zahra Hindieh im Jahr 2017 noch mal Mutter. Sohn Ram kam auf die Welt. Dazwischen und danach war sie in Mutterschutz und Karenz. Erst jetzt ist der Kinderwunsch abgeschlossen. Doch noch vor ihrem ersten AMS-Termin freute sich Zahra Hindieh über die Jobzusage im Kindergarten. Die Vermieterin ihrer Wohnung ist gleichzeitig Betreiberin des Kindergartens. So schließt sich der Kreis. "Ich war sehr stolz, als ich der AMS-Mitarbeiterin sagen konnte, dass ich leider keinen Deutschkurs besuchen kann, weil ich einen Job habe", erzählt Zahra Hindieh. Die Frau habe gejubelt. Einen Deutschkurs hat die 40-Jährige tatsächlich nie besucht. Sie spricht trotzdem sehr gut. Wenn ihr ein Wort nicht einfällt, zückt sie ihr Handy und sagt: "Warte, ich frage mein Google." Gelernt hat sie die Sprache hauptsächlich mit YouTube, irgendwann kamen die österreichischen oder deutschen Bekanntschaften dazu, die ihr halfen.

© Heinz Stephan Tesarek/News

Zahras Hindiehs Geschichte scheint sehr typisch für viele geflüchtete Frauen zu sein. Laut Johannes Kopf integrieren sich diese Frauen auf dem Arbeitsmarkt langsamer. Das hat auch Judith Kohlenberger beobachtet. Sie ist Migrationsforscherin an der Wirtschaftsuniversität Wien. "Während der Flucht wird der Kinderwunsch verständlicherweise aufgeschoben und dann sehr oft rasch nach Ankunft auch mehrmals hintereinander realisiert", sagt Kohlenberger. Die Geburtenrate liege in Syrien höher als in Österreich. Aber die Wissenschaftlerin weiß aus Erfahrung, dass sich Geburtenraten in der zweiten und dritten Generation an jene des Aufnahmelandes angleichen. Am Anfang könnten viele geflüchtete Frauen wegen Mutterschutz und Karenz nicht arbeiten und würden sich erst Jahre später beim AMS melden, um einen Deutschkurs zu machen. Und dann hätten sie das Problem mit der Kinderbetreuung. "Diese Frauen haben ja selten eine Oma in Österreich, die auf die Kleinen aufpassen kann", sagt Kohlenberger. Deshalb warnt die Wissenschaftlerin davor, gerade jetzt die Integrationsmaßnahmen zurückzufahren. "Jetzt, wo viele Frauen diese Angebote erst tatsächlich in Anspruch nehmen können, werden die Mittel zurückgedreht. Das halte ich für gefährlich."

Kein Frieden in Syrien

Als der Kuchen im Backofen steht, zieht sich Zahra Hindieh ihre Jacke an. Sie darf heute früher mit der Arbeit Schluss machen, weil sie etwas Besonderes vorhat. Im Internet hat sie von Syrerinnen aus dem zehnten Wiener Gemeindebezirk gelesen. Die haben einen Flohmarkt organisiert, um Geld für Obdachlose in den Flüchtlingslagern rund um die Stadt Idlib und im Norden Syriens zu sammeln. "Ich kann nicht nur vor dem Fernseher sitzen und geschockt sein, ich muss auch mithelfen", sagt Zahra Hindieh. Denn der Frieden in ihrer Heimat scheint in weiter Ferne.

Am vergangenen Samstag hatte die Türkei ihre Grenzen zur EU für Flüchtlinge geöffnet. Tausende Menschen versuchen seither, die türkisch-griechische Grenze zu überqueren. Griechische Grenzschützer hielten am Wochenende etwa 10.000 Menschen vom Grenzübertritt ab. Dabei setzten sie Tränengas und Blendgranaten ein.

© Heinz Stephan Tesarek/News

Der früherer Flüchtlingskoordinator Christian Konrad warnt davor, dass sich die politische Krise von 2015 wiederholen wird. "Ich sehe nach wie vor keine tragenden Lösungen." Die Politik schaue zu oft weg. Als Beispiele nennt er die Hilfe vor Ort: Die UNO habe zum Jahreswechsel 2014/15 vergebens um Geld für das Essen in den Flüchtlingslagern gebeten. Österreich habe 2015 rund fünf Millionen Euro in diesen Budgettopf eingezahlt, so viel wie der afrikanische Staat Sierra Leone, der damals auch gegen das Ebola-Virus zu kämpfen hatte. "Heute sehen wir Bilder aus Idlib, von den griechischen Inseln oder Flüchtlingscamps auf dem Balkan, wo Familien erfrieren unter ihren eisbedeckten Zelten -abermals schaut die Politik weg", kritisiert Christian Konrad. Tatsächlich leben in Nordsyrien aktuell viele Flüchtlinge unter katastrophalen Bedingungen im Freien und unter Bäumen. Rund 170.000 Menschen sind ohne jeden Schutz der Kälte ausgesetzt. Fotos, die dieses Leid zeigen, haben die Frauen aus dem Internet ausgedruckt und sie an die Wände der Veranstaltungsräume gehängt. Darunter stapeln sich Schuhe, Jacken, Hosen, Kleider auf meterlangen Tischen. Zahra Hindieh begrüßt die Veranstalterinnen. Dann schaut sie sich um und fischt gezielt eine Jacke aus einem Kleiderhaufen. Sie probiert an und betrachtet sich dabei im Spiegel. Die Syrerin erzählt, dass sie ihre Familie in Damaskus unterstützt, wenn Geld am Monatsende übrig bleibt. "Die wirtschaftliche Lage in meiner Heimat ist schlecht. Mein Bruder hat zwei Jobs und verdient im Monat umgerechnet etwa 100 Euro. Die Miete für seine 80 Quadratmeter Wohnung kostet aber 85 Euro", sagt Zahra Hindieh. Dass sie ihren Verwandten helfen muss, macht ihr Druck. Wenn es mal nicht geht, versucht sie, das zu erklären. Sie haben Verständnis, sagt Zahra Hindieh. Aber den Druck spürt sie trotzdem jeden Monat.

Platz für Privatsphäre

Mit einer Stofftasche, gefüllt mit Jacken für den Frühling, verlässt die Syrerin den Flohmarkt. Sie muss sich beeilen. Tochter Alma und Sohn Ram warten auf ihre Mutter. Es ist Nachmittag, als Zahra Hindieh in der Garderobe des Kindergartens im 16. Wiener Gemeindebezirks steht und ihrer Tochter die Schuhe anzieht. Ihre jüngsten Kinder besuchen eine private, ägyptische Einrichtung. Der arabische Hintergrund war Zahra Hindieh egal. Sie hatte keine Wahl. Es gab keine anderen Kindergartenplätze für Alma und Ram. Wichtig, war Zahra Hindieh, dass in der Einrichtung Deutsch gesprochen wird. Tatsächlich läuft die Integration der Kinder häufig über die der Mütter, sagt AMS-Chef Johannes Kopf. "Wir wollen, dass die Frauen gut Deutsch sprechen, dann klappt es auch bei den Kindern", sagt Kopf. Alma, die im vergangenen Herbst ihren fünften Geburtstag gefeiert hat, spricht fließend Deutsch.

© Heinz Stephan Tesarek/News

Seit einem halben Jahr wohnt Familie Hindieh in Wien. Zum ersten Mal seit fünf Jahren haben sie Platz für Privatsphäre. In Leonding (OÖ) lebten sie zuletzt in einer Zweizimmerwohnung -zu fünft. Jetzt haben sie 100 Quadratmeter. Zahrah Hindieh zeigt stolz jedes Zimmer. Alma und Ram bringen einen Korb voller Spielzeug ins Wohnzimmer. Ehemann Ammar ist nicht da. Er hat ein Bewerbungsgespräch. Wieder mal. Sie sind aus Oberösterreich in die Hauptstadt gezogen, weil Ammar Hindieh darauf hoffte, hier leichter einen Job zu finden. Er ist IT-Spezialist, arbeitete vor dem Krieg in Dubai, hat sämtliche Zeugnisse übersetzen lassen, aber bisher bekommt er nur Absagen.

Familie Hindieh ist keine Ausnahme. "Viele Geflüchtete ziehen nach Wien, sobald sie ihren positiven Status bekommen", sagt Wissenschaftlerin Judith Kohlenberger. Das liege daran, dass Österreich, anders als zum Beispiel Deutschland, nur einen großen Ballungsraum hat -eben Wien. Der Arbeitsmarkt würde hier oft als dynamischer wahrgenommen, so Kohlenberger, auch wenn es im Westen in vielen Branchen mehr offene Stellen und weniger Konkurrenz gibt.

Weltstadt Wien

Zahra Hindieh mochte Oberösterreich lieber als Wien, sagt sie. Auch, wenn sie hier mehr Platz zum Leben haben und zumindest sie einen Job hat. Aber Freunde hat sie hier noch nicht. Und Freundschaften zu schließen, scheint -das ahnt sie schon - hier schwieriger zu sein, als am Land. In Leonding waren die Hindiehs bis vor zwei Jahren überhaupt die einzigen Syrer. Die Leondinger seien freundlich, hilfsbereit und eher neugierig auf die Familie und deren Lebensweisen gewesen. "Ich habe ihnen am Anfang erklärt, warum ich ein Kopftuch trage, und danach war das nie wieder ein Thema", sagt Zahra Hindieh. In Wien hatte sie nicht damit gerechnet, wegen ihres Kopftuchs diskriminiert zu werden. "Wien ist ja eine Weltstadt", dachte sie. Aber schon wenige Wochen nach ihrer Ankunft zeigten ihr andere syrische Frauen ein Video. Darin ist zu sehen, wie ein Mann einer Frau das Tuch vom Kopf reißt - angeblich in Wien. Das hat Zahra Hindieh schockiert und ihr Angst gemacht.

Auch das gehört zur Wahrheit. Die Willkommenskultur hat sich in den vergangenen fünf Jahren in Österreich verändert. Christian Konrad erinnert sich: "2015 haben Menschen in Österreich großartiges geleistet. Während die Politik und die Verwaltung damals in ihrem Handeln und Nichthandeln viele Fehler gemacht haben, haben Menschen in Österreich einfach die Ärmel aufgekrempelt und geholfen. An den Grenzen, an den Bahnhöfen, in den Not-und Transitquartieren ist damals jenes Österreich sichtbar und wirksam geworden, für das ich dankbar und auf das ich stolz bin", sagt Konrad. Doch es gibt auch eine andere Seite: Parallel zur Willkommenskultur wuchs mancherorts der Hass auf Geflüchtete. Allein im Jahr 2016 wurde 44-mal Asyleinrichtungen in Österreich attackiert, das ergab 2017 eine parlamentarische Anfrage ans Innenministerium. Migrationsforscherin Judith Kohlenberger bilanziert, dass "das humanitäre Gewissen in Österreich weiterhin sehr präsent ist". Natürlich gebe es polarisierende Extreme auf beiden Seiten, aber die Mehrheit der Bevölkerung sei dafür, den Menschen zu helfen, die vor Krieg und Verfolgung geflohen sind. Christian Konrad meint, dass durch die Krisensituation vor fünf Jahren neue Formen des zivilgesellschaftlichen Engagements entstanden sind, die nicht mehr wegzudenken sind. Um diese Ehrenamtlichen zu unterstützen, gründete er die Initiative "Menschen. Würde.Österreich"."Ich kenne Menschen, die geben seit Jahren Deutschunterricht, organisieren Wohnungen, begleiten in Asylverfahren. Das ist gelebtes Österreich, gelebte Menschlichkeit."

© Heinz Stephan Tesarek/News

Zahra Hindieh ist dankbar, dass ihre Familie in Österreich Schutz gefunden hat. Am liebsten, sagt sie, würde sie jeden Helfer einzeln in diesem Text erwähnen lassen, der ihnen in den vergangenen fünf Jahren zur Seite stand. "Unsere Heimat wird immer Syrien sein, aber unser Zuhause ist jetzt Österreich."

Wir schaffen das

Was wurde also aus Angela Merkels berühmten Satz? Der Satz, der auch in Österreich als Slogan der Flüchtlingsbewegung galt: Wir schaffen das!

Schaut man sich die messbaren Integrationsindikatoren an, scheint schon viel geschafft zu sein. Migrationsforscherin Judith Kohlenberger weiß aber auch, dass jetzt genau beobachtet werden muss, wie nachhaltig diese Integration ist. Sie nennt als Beispiele die Erfahrungen der großen Einwanderungsnationen Amerika und Kanada. "Dort weiß man, dass die erste Generation einen massiven Aufstieg in den meisten Fällen nicht schaffen wird. Aber man bündelt sämtliche Kräfte auf die zweite Generation, weil das die sein wird, die den Wohlstand für sich erwirtschaften kann", sagt Kohlenberger.

Zahra Hindiehs älteste Tochter ist 18 Jahre geworden. Sie hat News damals ihre Fluchtgeschichte geschildert -aus der Sicht eines Kindes. Heute ist sie eine junge Frau, die sich von ihrer Vergangenheit lösen will. "Ich will nicht als Ausländerin mit tragischer Hintergrundgeschichte bekannt sein", sagt sie. Deshalb will sie ihren Vornamen nicht mehr im Magazin lesen. Sie möchte irgendwann in der Wirtschaft arbeiten, vielleicht für eine Bank. Deshalb legt sie sich für die Matura ins Zeug. Die macht sie an einem Abendgymnasium, damit sie tagsüber Geld als Verkäuferin verdienen kann. Zahra Hindieh träumt derweil von einem Haus mit Garten und einem eigenen Schönheitssalon. Ihr größter Wunsch: die österreichische Staatsbürgerschaft. "Damit könnte ich meine Familie in Syrien besuchen und anschließend wieder nach Hause reisen."

Die Reportage ist ursprünglich in der Printausgabe von News (10/2020) erschienen!