"Sage ich zweimal Nein, habe ich
dann immer noch einen Job?"

Die Arbeiterkammer (AK) kündigt Maßnahmen gegen die von der Regierung geplante Arbeitszeitflexibilisierung an.

von Arbeitszeit - "Sage ich zweimal Nein, habe ich
dann immer noch einen Job?" © Bild: Shutterstock

In welcher Art und Weise dies geschehen werde, könne und wolle sie heute noch nicht sagen, so AK-Präsidentin Renate Anderl am Freitag. Sie bezweifelt vor allem die Freiwilligkeit bei der Verlängerung der Höchstarbeitszeit. AK-Direktor Christoph Klein warnt außerdem vor Belastungen im Tourismus.

Anderl macht die gewählte Vorgangsweise der Regierung mittels Einbringung eines Initiativantrags im Nationalrat misstrauisch. "Wenn so ein Entwurf plötzlich am Tisch liegt, fragen wir uns, warum es keine Begutachtung gibt", sagte die Präsidentin bei einer Pressekonferenz. Seitens der Koalition sei zwar viel von einer freiwillig möglichen Verlängerung der Höchstarbeitszeit die Rede. "Es sind aber viele Passagen drinnen, wo ich mich frage: Wie freiwillig ist die Freiwilligkeit? Es ist noch immer so, dass der Arbeitgeber den längeren Arm hat."

»Sage ich zweimal Nein, habe ich dann immer noch einen Job?«

Für den Arbeitnehmer stelle sich oft die Frage, wenn der Arbeitnehmer den Wunsch nach Verlängerung der Arbeitszeit herantrage:"Sage ich zweimal Nein, habe ich dann immer noch einen Job?" Es liege außerdem auch im Ermessen des Arbeitgebers festzustellen, welche Gründe den Arbeitnehmer berechtigen, eine Verlängerung der Arbeitszeit abzulehnen. "Sind das nur Kinderbetreuungspflichten oder die Betreuung der Großmutter oder aber auch Weiterbildungsmöglichkeiten, die man in Anspruch nehmen will?" Anderl erinnert dies an die Diskussion um den 8. Dezember. Zunächst sei die Intention gewesen, den Arbeitnehmern im Handel freizustellen, ob sie an diesem Feiertag arbeiten wollten - mittlerweile könne man von einer Freiwilligkeit aber nicht mehr sprechen.

AK-Direktor Christoph Klein von Regierungsplänen überrascht

AK-Direktor Christoph Klein warnt außerdem vor der geplanten Verkürzung der Ruhensbestimmungen für Tourismus-Mitarbeiter im "geteilten Dienst". Statt bisher elf Stunden werden sie nur noch Anspruch auf acht Stunden Pause zwischen ihren Diensten haben - und das nicht nur in Saison-, sondern auch in Ganzjahresbetrieben. "Und da wundern wir uns, dass die Leute nicht mehr im Tourismus arbeiten wollen", kritisiert Klein.

Grundsätzlich ist Klein von den Regierungsplänen überrascht. "Ich hätte nicht gedacht, dass die Koalition so radikal vorgeht", sagt der AK-Direktor. Dass die seit Jahrzehnten bewährte Höchstarbeits-Grenze von zehn Stunden täglich und 50 Stunden pro Woche nun generell auf 12/60 angehoben werden soll, habe er nicht erwartet.


Betroffen seien letztlich bis zu 3,7 Mio. Arbeitnehmer. "Das kann jeden treffen", verweist Klein darauf, dass die meisten Arbeitsverträge die Verpflichtung zur Leistung von Überstunden im gesetzlichen Rahmen enthalten. Arbeitnehmern, die Überstunden verweigern, drohe daher eine fristlose Entlassung. Ob die Verweigerung aus "überwiegendem persönlichen Interesse" gerechtfertigt war, entscheide dann das Arbeitsgericht, aber bis dahin sei der Job bereits verloren, warnt Klein.

Kritik übt er auch an der geplanten gänzlichen Herausnahme zusätzlicher leitender Mitarbeiter aus dem Arbeitszeitgesetz. Für sie würden dann gar keine Überstunden- und Arbeitszeitregeln mehr gelten. Betreffen könne das angesichts der vorliegenden Formulierung auch Softwareentwickler oder Betreuer in Wohngemeinschaften, befürchtet der AK-Direktor.

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