Wie uns Arbeit krank macht

Über eine Million Österreicher sind arbeitsbedingt krank

Über eine Million Österreicher hat ihr Job krank gemacht: 488.000 Frauen und 533.000 Männer leiden der Arbeiterkammer (AK) Wien zufolge unter arbeitsbedingten Gesundheitsproblemen. Dabei klagen Arbeitnehmer immer häufiger über Überlastung und Stress.

von Eine gestresste Mitarbeiterin © Bild: iStockphoto.com

Was die Erkrankungen kosten

Auch wenn schwere körperliche Arbeit noch die meisten arbeitsbedingten Erkrankungen verursacht, sind die psychischen Krankmacher auf dem Vormarsch. Und sie kosten den Firmen oft Unsummen, wie die AK jüngst in einer Aussendung mitteilte.

Die gesamtwirtschaftlichen Kosten der arbeitsbedingten psychischen Belastungen in Österreich würden sich auf rund 3,3 Milliarden Euro jährlich belaufen. Arbeitsbedingte psychische Belastungen nehmen laut AK drastisch zu und machen nachweislich krank. Sie machen bereits ein Drittel jener Diagnosen aus, die zu einer Berufsunfähigkeits- oder Invaliditätspension führen.

Wie man die psychischen Belastungen senken will

Umso wichtiger ist die Evaluierung von psychischen Belastungen am Arbeitsplatz, die eigentlich gesetzlich vorgeschrieben ist. "Bisher erfüllen aber noch viel zu wenige Betriebe diese gesetzlich vorgeschriebene Fürsorgepflicht", sagte AK-Präsident Rudi Kaske. Er sieht die Unternehmen dringend gefordert: "Die Durchführung der Evaluierung psychischer Belastungen ist nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung für die Betriebe, sondern auch eine Win-Win-Situation für ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen. Für die Beschäftigten werden gesunde Arbeitsbedingungen geschaffen, für die Unternehmen entstehen weniger Kosten, da die Zahl der Krankenstände sinkt, die Fluktuation abnimmt und die Produktivität zunimmt."

Das 2014 erstellte Strukturwandelbarometer (IFES im Auftrag der AK Wien) zeigt, dass die Belastungen für Arbeitnehmer steigen: 65 Prozent der befragten Betriebsräte haben einen Anstieg des Zeitdruckes innerhalb eines Halbjahres angegeben und 60 Prozent der Befragten haben einen Zuwachs der Flexibilitätsanforderungen im Unternehmen vermerkt.

Das Strukturwandelbarometer hat auch deutlich gemacht, dass erst 21 Prozent der Unternehmen die gesetzlich vorgeschriebene Evaluierung der psychischen Krankmacher durchgeführt hat, bei 24 Prozent ist die Evaluierung in Planung. Bezogen auf Unternehmen mit Betriebsrat haben laut AK bisher lediglich rund ein Viertel der Unternehmen Maßnahmen zur Reduktion oder Beseitigung der schädlichen Belastungsquellen eingeleitet.

Welche Maßnahmen gefordert werden

"Bei der Gesundheit von Menschen am Arbeitsplatz kann und darf es keine Kompromisse geben", teilte AK-Präsident Kaske mit. Er sieht akuten Handlungsbedarf und fordert:
+ die sofortige Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastungen durch die Arbeitgeber
+ strengere Kontrollen durch das Arbeitsinspektorat mit empfindlichen Sanktionen bei Verstößen
+ die Aufstockung des Personalstandes in den Arbeitsinspektoraten

Die größten Belastungsfaktoren im Überblick

Wohin der Trend geht

Frauen wie Männern mache der psychische Druck in der Arbeit zu schaffen, heißt es seitens der AK. Daten der Statistik Austria würden das belegen und zeigen, dass der Druck zunehme: 2007 klagten 33 Prozent von 100 Männern und 24 Prozent von 100 Frauen über psychische Belastungen, 2013 sind die Zahlen auf 41 Prozent bei den Männern und 35 bei den Frauen gestiegen. Bereits 40 Prozent (1,7 Millionen) aller Erwerbstätigen klagen über zumindest ein Risiko für psychische Probleme an ihrem Arbeitsplatz. Zeitdruck oder Überbeanspruchung werden dabei am häufigsten genannt (über 38 Prozent). Verglichen mit den Daten aus 2007 bedeutet das einen Anstieg von fast einem Drittel.

"Im Europavergleich ist Österreich bezogen auf die Qualität des Arbeitsumfeldes deutlich unterdurchschnittlich", gibt die AK Wien bekannt. Laut der OECD seien hierfür vor allem die langen Arbeitszeiten und hoher Zeitdruck verantwortlich. Österreich belege bei diesen Indikatoren nur den 27. Rang von 32 erfassten OECD-Ländern. Kommt es nicht zu Verbesserungen des Arbeitsumfeldes, drohen nach Einschätzung der OECD erhöhte Burnout-Raten, Depressionen und andere stressbedingte physische und psychische Krankheiten.

Die häufigsten arbeitsbedingten Erkrankungen in Österreich:

Rücken: 180.000 Männer, 150.000 Frauen
Nacken, Schultern, Arme, Hände: 79.000 Männer, 114.000 Frauen Hüfte, Beine, Füße: 96.000 Männer, 70.000 Frauen
Depressionen: 28.000 Männer, 32.000 Frauen
Stress: 28.000 Männer, 30.000 Frauen
Herz: 32.000 Männer, 13.000 Frauen
Lunge/Atemwege: 31.000 Männer, 14.000 Frauen

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