Resistente Keime -
die unsichtbare Gefahr

Bald könnten mehr Menschen an resistenten Keimen als an Krebs sterben

Zunächst ein bisschen Halskratzen, dann kommen noch Schnupfen und Kopfschmerzen dazu. Jeder kennt die lästigen Erkältungen, die vor allem im Herbst und Winter auftreten. Viele Menschen wollen aber nicht krank zu Hause bleiben, sondern trotzdem arbeiten und lassen sich daher vom Arzt ein Antibiotikum verschreiben. Mit oft schwerwiegenden Folgen: "Bei Virusinfektionen, die mehr als 90 Prozent aller Atemwegsinfektionen ausmachen, sind Antibiotika wirkungslos", erklärt Florian Thalhammer, interimistischer Leiter der Abteilung für Infektionen und Tropenmedizin am Wiener AKH. Durch diese falsche und zu häufige Einnahme können sich gefährliche Resistenzen bilden, die das Medikament unwirksam werden lassen.

von Bakterien im Labor © Bild: Shutterstock.com

Antibiotika helfen nur bei bakteriellen Erkrankungen, indem sie unter anderem die Teilung und damit die Vermehrung der Bakterien hemmen. Sie haben schon Millionen von Menschen mit Lungenentzündung, Rotlauf, Nierenbecken- oder Harnblasenentzündung das Leben gerettet. Doch weltweit können immer mehr Bakterienstämme nicht mehr mit den gängigen Medikamenten behandelt werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnt daher bereits vor einer Rückkehr in "Vor-Antibiotika-Zeiten", in denen schon eine kleine Verletzung, die sich entzündet, tödlich sein könnte. "Im Jahr 2050 werden global gesehen mehr Menschen an Antibiotika-resistenten bakteriellen Infektionen sterben als an Krebs", sagt Thalhammer. Eine von Forschern an der Berliner Charité veröffentlichte Studie bestätigt seine Vermutung. Denn sie geht davon aus, dass sich die Zahl der Todesopfer durch multiresistente Keime von weltweit rund 700.000 pro Jahr in den kommenden zwei Jahrzehnten auf zehn Millionen jährlich erhöhen könnte.

Thalhammer hat zwar "derzeit noch keine Angst, dass es in Österreich keine wirksamen Antibiotika mehr gibt". Dennoch kritisiert er, wie leichtfertig viele Menschen diese Medikamente einnehmen. So ergab eine deutsche Studie, dass drei Viertel der Patienten auch bei einer viralen Erkältung ein Antibiotikum für sinnvoll halten.

Nicht nur die zu häufige, sondern auch die zu kurze Einnahme kann zu Resistenzen führen. Die Tabletten müssen immer so lange eingenommen werden, wie vom Arzt verordnet. Viele Patienten fühlen sich nach zwei bis drei Tagen bereits deutlich besser und verzichten daher auf die restlichen Tabletten. So können aber einige der Bakterien überleben und sich wieder vermehren. Auch sollte man Antibiotika keinesfalls vorbeugend einnehmen.

Auf Hygiene achten

Die Gefahr, sich mit einem resistenten Keim anzustecken, ist im Krankenhaus deutlich höher als im Alltag. Bei Spitalsaufenthalten sollte man daher darauf achten, ob sich das Krankenhauspersonal die Hände beim Betreten des Zimmers desinfiziert. Bemerkt man hygienische Mängel, sollte man diese ansprechen.

Vorsicht ist auch im Urlaub geboten. In Süd- und Osteuropa sowie in asiatischen Ländern ist die Gefahr, sich mit den gefährlichen Keimen zu infizieren, deutlich höher als in Österreich. Vor allem bei Wellness- und ayurvedischen Gesundheitsbehandlungen ist daher ebenfalls wichtig, dass sich die Angestellten die Hände desinfizieren und die Behandlungsräume sauber sind.

Riesige Mengen an Antibiotika werden in der Landwirtschaft eingesetzt. In Österreich wurden im Jahr 2014 52,2 Tonnen dieser Wirkstoffe in der Tierhaltung verbraucht. Denn sobald ein Tier im Stall erkrankt, müssen meist gleich alle anderen mitbehandelt werden, um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Doch wie beim Menschen bilden sich bei zu häufiger Antibiotika-Einnahme resistente Bakterienstämme, die dann durch mangelnde Hygiene bei der Zubereitung von Fleisch auf den Menschen übertragen werden können.

Das kann man verhindern, indem man Schneidbretter im Geschirrspüler wäscht und sie austauscht, sobald die Oberfläche zu zerkratzt ist. Außerdem sollte man darauf achten, dass das Fleisch ausreichend erhitzt wird, um die Bakterien abzutöten.


Nur so kann sichergestellt werden, dass die lebensrettenden Antibiotika noch lange wirksam sind.

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