Anti-Stalking-Gesetz ist durch: Regierung macht Psychoterror jetzt endlich strafbar

Gilt auch für Belästigung durch Briefe, Blumen & Co. Gastinger-Vorschlag wurde im Ministerrat abgesegnet

Die gesetzlichen Änderungen betreffen konkret das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung 1975 und die Exekutionsordnung sowie das Sicherheitspolizeigesetz - und zwar zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen beharrliche Verfolgung und des zivilrechtlichen Schutzes vor Eingriffen in die Privatsphäre, heißt es in der Vorlage.

Betroffene können Stalker anzeigen, wenn sie sich "beharrlich verfolgt" fühlen. Eine derartige Verfolgung besteht laut Entwurf, wenn der Täter immer wieder die räumliche Nähe des Opfers aufsucht oder Güter und Dienstleistungen im Namen des Opfers bestellt. Das Gericht kann eine einstweilige Verfügung erlassen und die persönliche Kontaktaufnahme, die Verfolgung und den Aufenthalt an bestimmten Orten verbieten.

Durch eine Änderung in der Exekutionsordnung soll sich das Opfer bei Verstoß gegen dieses Verbot direkt an die Exekutive wenden können, die die einstweilige Verfügung durchsetzen sollen, sprich den Stalker wegweisen können.

Bei der Ahndung anderer Stalking-Handlungen kam das Justizressort dem Innenministerium entgegen: Wenn jemand ständig Briefe, SMS, E-Mails, Blumen schickt, dann können diese Handlungen nur dann verfolgt werden, wenn ein Antrag dazu vom Opfer gestellt wird.

An der vorherigen Regelung hat sich das Innenressort nämlich gestoßen und dem Vorhaben von Justizministerin Karin Gastinger (B) vorerst den Segen verweigert: Im ersten Entwurf sollte dieses Stalking-Verhalten genauso mit einem Jahr Freiheitsstrafe geahndet werden - wie eben das ständige Auflauern vor der Tür. Das Innenministerium hatte argumentiert, dass man nicht jemanden, der Rosen schickt, einfach für ein Jahr einsperren könne.

In der Begutachtung hat das Finanzministerium an dem Gesetzesvorhaben kritisiert, dass in dem Entwurf keine Kosteneinschätzung zu finden war. Das lieferte das Justizressort ebenfalls nach: Zwar könne der zu erwartende Mehraufwand für Sicherheits- und Justizbehörden nicht genau quantifiziert werden, aber grundsätzlich schätzt das Ressort in der Vorlage, dass mit bis zu 200 bis 300 mehr Strafverfahren zu rechnen sei. Das würde einen zusätzlichen Bedarf an zwei Planstellen für Richter und einen zusätzlichen Staatsanwalt bedeuten. Außerdem müssten rund zehn weitere Planstellen für den nicht-richtlichen und Vollzugsbereich einkalkuliert werden. Und dies könne nicht durch Umschichtungen im Justizbereich abgedeckt werden.

Kritik an neuer Regelung
Die Grünen bleiben bei ihrer Kritik an der neuen Anti-Stalking-Regelung. Die Wiener Rechtsanwaltskammer begrüßte hingegen die Neuregelung unumschränkt - und das BZÖ verteidigte den Kompromiss.

Das Gesetz werde wirkungslos bleiben, kritisierte Grün-Frauensprecherin Brigid Weinzinger in einer Aussendung. Da die Polizei nicht zum Einschreiten verpflichtet werde, könne das Opfer einen Schutz nur über langatmige Wege über Gerichte erreichen. Außerdem müsse die Polizei bei einer Stalking-Anzeige ein sofortiges Kontaktverbot verhängen können. In einem "Kuhhandel" zwischen Justizministerin Karin Gastinger (B) und Innenministerin Liese Prokop (V) sei ein "fauler Kompromiss" herausgekommen, befand Weinzinger.

Die Strafrechtsexpertin der Wiener Rechtsanwaltskammer, Elisabeth Rech, beurteilt die Regelung hingegen "sehr positiv". Sie sieht kein Problem, den Schutz der Opfer zu erreichen, "wenn es bei den Gerichten schnell funktioniert". Davon gehe sie aus, betonte sie gegenüber der APA.

BZÖ-Frauensprecherin Elke Achleitner verteidigte die Regierungsvorlage: Sie ist überzeugt, dass Stalking damit "wirkungsvoll" entgegen getreten werden könne. Die Kritik der Opposition sieht sie nur "parteipolitisch motiviert".

Auch das Sicherheitspolizeigesetz erfährt eine kleine Änderung: Das Innenministerium wird damit ermächtigt, Opferschutzeinrichtungen vertraglich damit zu beauftragen, auch Menschen, die von Gewalt einschließlich beharrlicher Verfolgung im Sinne des neu geschaffenen Paragrafen bedroht sind, Unterstützung und Beratung anzubieten.

(apa/red)