Anschlagsserie in
Österreich vereitelt

24-Jähriger soll im Gefängnis Anschläge in Wiener Innenstadt geplant haben

Ein 24-jähriger Islamist, der wegen terroristischer Vereinigung bereits zwei einschlägige Vorstrafen aufweist, soll im Gefängnis eine Anschlagserie geplant haben. Den - behördlich unbestätigten - Ermittlungen zufolge wäre zunächst der Ausbruch des Häftlings aus der Justizanstalt (JA) Hirtenberg geplant gewesen. Danach hätte ein Sprengstoffanschlag in der Wiener Innenstadt verübt werden sollen.

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Terrorismus - Anschlagsserie in
Österreich vereitelt

Konkret sollte dieser zwischen Weihnachten und Neujahr den Weihnachtsmarkt am Stephansplatz betreffen. Danach hätten weitere Attentate in Salzburg, Deutschland, Frankreich und Luxemburg folgen sollen. Ein anonymer Hinweisgeber bekam davon allerdings Wind und verständigte die Sicherheitsbehörden. Er nannte den Namen des 24-Jährigen und verwies auf zwei angebliche Helfer. Nach umfangreichen Ermittlungen, Telefonüberwachungen und Observationen wurden zwei mutmaßliche Komplizen des Tschetschenen - ebenfalls Tschetschenen im Alter von 25 bzw. 31 Jahren - in der vergangenen Woche vom Landesgericht Wiener Neustadt in U-Haft genommen. Der Hauptverdächtige wurde mittlerweile in ein Hochsicherheitsgefängnis verlegt. Gerüchte, denen zufolge der entscheidende Tipp, der das Trio auffliegen hatte lassen, aus dem Gefängnis selbst gekommen sein könnte, ließen sich am Montagabend nicht verifizieren.

Keine Auskunft

Die Causa wird als Verschlussakt geführt, sowohl die Strafverfolgungsbehörden als auch das Innenministerium reagierten auf mediale Anfragen zurückhaltend und gaben sich ausgesprochen bedeckt. Der Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt, Erich Habitzl, erteilte zum gesamten Sachverhalt auf APA-Anfrage aus kriminaltaktischen Gründen keine Auskunft. Seitens des Innenministeriums blieb die Frage unbeantwortet, ob die Sicherheitsvorkehrungen bei den bei Einheimischen und Touristen beliebten Weihnachtsmärkten hochgefahren wurden.

Gefälschte Pässe sichergestellt

Fest steht, dass die drei Verdächtigen über ihre Mobiltelefone laufend Kontakt hatten, obwohl in den Justizanstalten ein Handyverbot gilt und Strafgefangenen ein Kommunizieren mit der Außenwelt unmöglich sein sollte. Die mutmaßlichen Komplizen hätten laut aktuellem Ermittlungsstand dem Hauptverdächtigen zunächst beim Ausbruch aus dem Gefängnis helfen sollen. Beim 25-Jährigen wurde ein gefälschter, auf den Namen des 24-Jährigen lautender rumänischer Pass sichergestellt.

"Keine krummen Dinge geplant"

Unklar ist, inwieweit die beiden in die terroristischen Pläne des 24-Jährigen - er gehört einer tschetschenischen Minderheit in Georgien an und ist demnach kein russischer Staatsbürger - eingebunden waren. Die Verteidiger der angeblichen Komplizen, Wolfgang Blaschitz und Florian Kreiner, versicherten auf APA-Anfrage, ihre Mandanten hätten mit dem Häftling zwar kommuniziert, "aber keine krummen Dinge geplant", wie Blaschitz betonte. Blaschitz vertritt den 25-Jährigen, der in der Wiener Kampfsport-Szene als durchaus erfolgreicher MMA (Mixed Martial Arts)-Kämpfer bekannt ist. Er ist ebenso wie der 31-Jährige bisher unbescholten und galt als gut integriert.

"Nur private Gespräche geführt"

"Was die behaupteten Anschlagspläne betrifft, hat es keine Vorbereitungshandlungen gegeben", stellte Blaschitz fest. Kreiner beteuerte, der 31-Jährige habe "mit der ganzen Sache nichts zu tun". Der Familienvater sei Moslem, "aber nicht radikalisiert". Er habe mit dem Häftling "bloß private Gespräche geführt".

24-Jähriger kein Unbekannter

Für die Justiz ist der 24-Jährige hingegen kein Unbekannter. Er wurde zwei Mal rechtskräftig wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) verurteilt. Der gebürtige Tschetschene dürfte inzwischen die Ideologie der radikalislamistischen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) verinnerlicht haben.

Im Oktober 2015 wurde er vom Wiener Landesgericht schuldig erkannt, nachdem er sich in Begleitung seiner im Rollstuhl sitzenden Mutter und seiner hochschwangeren Ehefrau in Syrien dem IS anschließen wollte. Die Angeklagten waren in der Türkei aber zufällig in eine Polizeikontrolle geraten. Da die Tschetschenen keine gültigen Visa vorweisen konnten, wurden sie in Schubhaft genommen und über Bulgarien zurück nach Österreich geschickt.

Mitgefangene "missioniert"

Der junge Mann - seine Frau trat vor dem Wiener Gericht vollverschleiert auf, erst auf sein Kopfnicken hin durfte sie während der Verhandlung ihren Gesichtsschleier abnehmen - erhielt in seinem ersten Prozess zwei Jahre unbedingte Haft. Er wurde nach rund 14 Monaten vorzeitig bedingt entlassen. Dies, obwohl bekannt wurde, dass er im Gefängnis als strenggläubiger Moslem Mitgefangene "missioniert" und einen polnischen Katholiken zum Konvertieren gebracht hatte.

Nur wenige Monate nach seiner Entlassung packte der Tschetschene erneut seine Sachen, um nach Syrien zu gelangen. Diesmal sollte es mit einem Flugzeug nach Istanbul und dann über die türkisch-syrische Grenze ins IS-Gebiet gehen. Obwohl er sich rasiert hatte, um am Flughafen Schwechat nicht aufzufallen, erkannte ein aufmerksamer Beamter, dass sein Reisepass gefälscht war. Im Oktober 2017 wurde der Islamist vom Landesgericht Korneuburg wiederum zu zwei Jahren unbedingt verurteilt. Zudem wurde die offene bedingt nachgesehene Haftzeit aus der Vorverurteilung widerrufen, so dass er knapp drei Jahre zu verbüßen hatte.