Kommt jetzt die nächste
Flüchtlingsbewegung?

Die Türkei will syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa nach eigenen Angaben nicht mehr aufhalten, hieß es am Freitag. Die Türkei dementierte die Berichte kurz darauf.

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Asylpolitik - Kommt jetzt die nächste
Flüchtlingsbewegung?

Die Türkei werde die Grenzen nicht länger für Flüchtlinge schließen, "die nach Europa wollen", sagte ein ranghoher Regierungsvertreter am Freitag der Nachrichtenagentur AFP. Bereits zuvor hatten türkische Medien berichtet, die Türkei habe ihre Grenzen zu Griechenland und Bulgarien "geöffnet".

In der syrischen Grenzprovinz Idlib sind wegen der jüngsten Gefechte fast eine Million Menschen auf der Flucht. Die Türkei kämpft dort Seite an Seite mit teils islamistischen Rebellen. Ihnen stehen die Truppen des syrischen Regimes gegenüber, das mit Russland und dem Iran verbündet ist.

Aufkündigung des Flüchtlingspaktes

Die Türkei hat in den vergangenen Jahren 3,7 Millionen Flüchtlinge aus dem 2011 begonnenen syrischen Bürgerkrieg aufgenommen, zuletzt aber ihre Grenzen geschlossen. 2015/16 kam es in Europa zu einer sogenannten Flüchtlingskrise, bei der Hunderttausende Menschen aus Syrien, aber auch anderen Staaten Asiens und Afrikas nach Europa kamen.

Die EU sagte Ankara 2016 daraufhin sechs Milliarden Euro für die Versorgung syrischer Flüchtlinge in der Türkei zu. Dies war Teil eines Flüchtlingspaktes, der die türkische Seite verpflichtete, alle neu auf den griechischen Inseln ankommenden Migranten zurückzunehmen und stärker gegen Schlepperbanden vorzugehen.

Die Türkei kritisierte die Auszahlung der Gelder regelmäßig als zu langsam, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte auch bereits mehrfach mit der Aufkündigung des Flüchtlingspaktes gedroht. Die EU wies die Vorwürfe zurück.

Türkei zu Flüchtlingsbewegungen Richtung EU: Keine Politik-Änderung

Die Türkei weist Berichte zurück, wonach sie den Flüchtlingen im Land die Grenzen Richtung Europa geöffnet habe. "In der Flüchtlings- und Migrationspolitik unseres Landes, das die meisten Flüchtlinge in der Welt aufgenommen hat, gibt es keine Änderung", hieß es in einer am Freitag veröffentlichten Stellungnahme des Außenministeriumssprechers Hami Aksoy.

Ministeriumssprecher Aksoy warnte aber, dass die Migrationsbewegungen in der Türkei Richtung Außengrenzen "im Falle einer Verschlechterung der Situation" stetig zunehmen könnten. Die Entwicklungen in der syrischen Stadt Idlib und die Massenvertreibungen dort hätten "den Migrationsdruck, der auf unserem Land lastet" noch erhöht. Dies hätten auch die Flüchtlinge und Migranten im Land verfolgt, so dass sie nun angefangen hätten, "sich in Richtung unserer westlichen Grenzen zu bewegen".

Nach einem Luftangriff auf türkische Truppen im Idlib mit mindestens 33 Toten waren in der Nacht vor allem über regierungsnahe Quellen entsprechende Gerüchte aufgetaucht. In vielen Provinzen machten sich daraufhin Medien zufolge Migranten in Richtung Küstenprovinzen oder EU-Grenzübergängen auf den Weg.

Auch Bulgarien verstärkt Grenzkontrollen zur Türkei

Auch Bulgarien verschärft seine Kontrollen an der Grenze zur Türkei, nachdem Ankara angekündigt hat, syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa nicht länger aufzuhalten. Bulgarien verschärfe die Sicherheitsmaßnahmen entlang der Grenze zum Nachbarland, nachdem sich Migrantengruppen in der Türkei auf die Grenze zubewegten, sagte Premierminister Bojko Borissow am Freitag.

"Wir haben Daten über viel Gedränge", sagte Borissow während einer Regierungssitzung und kündigte an, dass er mit dem türkischen Präsidenten Tayyip Erdogan telefonieren wolle.

Bulgarien bereit 1.000 Soldaten an Grenze zu schicken

Bulgarien ist bereit, bis zu 1.000 Soldaten an die rund 300 Kilometer lange Grenze zur Türkei zu entsenden, um die illegale Einreise von Migranten zu verhindern. Der bulgarische Verteidigungsminister Krassimir Karakatschanow erklärte am Freitag laut der bulgarischen Nachrichtenagentur Fokus, die Armee könne rund 1.000 Soldaten in das Grenzgebiet zu entsenden.

Der Verteidigungsminister gab zudem bekannt, dass die Grenzpolizei am Freitag rund 60 Flüchtlinge am Übertritt aus der Türkei nach Bulgarien gehindert hat. Karakatschanow erklärte gegenüber Journalisten, es handle sich um zwei Gruppen, die versucht hätten, zu Fuß über die Landgrenze zu kommen.

Bulgarien hat nach Berichten, wonach die Türkei syrische Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa nicht länger aufhalten wolle, die Grenzüberwachung zur Türkei am Land und im Schwarzen Meer verschärft. Das türkische Außenministerium wies allerdings Berichte zurück, wonach das Land Flüchtlingen die Grenzen Richtung Europa geöffnet habe. "Wir haben Informationen über Gedränge in Edirne, in der nächstgrößten türkischen Stadt", sagte der bulgarische Ministerpräsident Bojko Borissow während einer Regierungssitzung am Freitag. Er fügte hinzu, dass sich die türkischen Grenzposten zurückgezogen hätten.

Griechenland hat unterdessen den Grenzübergang Kastanies/Pazarkule nahe Edirne bis auf Weiteres gesperrt. An diesem etwa mehr als zehn Kilometer langen Grenzabschnitt südwestlich von Edirne bildet nicht der Grenzfluss Evros/Meric die Grenze zwischen den beiden Ländern, sondern diese verläuft über Land. Der Grenzabschnitt war auch schon in früheren Jahren bei Migranten beliebt, die von der Türkei illegal nach Griechenland gelangen wollten.

In der Flüchtlingskrise gilt das ärmste EU-Land Bulgarien als ein Transitland. In seinen Flüchtlingszentren halten sich kaum mehr Migranten auf.