Du musst nicht normal sein, Karl

Stilfragen: Ela Angerer bricht eine Lanze für den mächtigsten Designer der Welt

von Ela Angerer © Bild: News/Ian Ehm

Seit Wochen kursiert ein Shitstorm in den sozialen Netzwerken, weil Karl Lagerfeld zwei Angestellte beschäftigt, deren einziger Job es ist, sich um seine Katze Choupette zu kümmern. Bevor man nun laut grölend in den Chor der geistigen Frühpensionisten einsteigt, sollte man kurz nachdenken: Diese Katze ist nicht irgendeine arme dreischeckige Landkatze, die aus dem Tierheim gerettet wurde, auf dem einen Auge schon halbblind und mit abgebissenem Schweif. Nein, Choupette ist von so außergewöhnlicher Anmut, Schönheit und – wie es sich für ein Rassetier gehört – Arroganz, dass mehrere internationale Unternehmen sie zu ihrem hoch bezahlten Werbeträger auserkoren haben. Sie kann sich ihre Tierpfleger also längst aus dem eigenen Portemonnaie bezahlen.

Weil man auch ihrem Besitzer immer wieder maßlose Exaltiertheit vorhält, sah sich der Mode macher gezwungen, dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“ zu sagen: „Ich bin total bodenständig.“ Da fragt man sich sofort: Warum muss seit Martin Luther und der Erfindung des Buchdrucks, dem eigentlichen Beginn des Medienzeitalters, jeder hochbegabte Promi darauf hinweisen, dass er noch genauso langweilig ist, wie er es schon in der Grundschule war? Warum muss Justin Bieber gerne mit seinen Sandkastenkumpels abhängen? Warum freuen sich die Leute, wenn Taylor Swift privat am liebsten ihre Küche putzt?

Der mächtigste Designer der Welt ist 81 Jahre alt und entwirft vierzehn Modekollektionen im Jahr. Er geht am Wochenende nicht mit seinen Enkelkindern Golf spielen. Er jammert auch nicht darüber, dass früher alles besser war oder dass ihm sein Knie wehtut. Er hat Gehrock und Stehkragen zu Glamour verholfen und macht einfach weiter. Ich bin kein großer Fan von Haustieren. Aber ich breche hiermit eine Lanze für Karl Lagerfeld.

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