Warum sollte man Birgit Hebein zuhören?

Wie durchsetzungsstark werden die Grünen bei der Wien-Wahl 2020 sein? Und was hat Spitzenkandidatin Birgit Hebein zu sagen? Ein Gastbeitrag von Thomas W. Albrecht.

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Analyse - Warum sollte man Birgit Hebein zuhören?
Thomas Wilhelm Albrecht ist international renommierter Redner und Life-Coach für Rhetorik & Kommunikation. Er entwickelte einen speziellen Blick auf die Kunst der Rede als Ausdruck von Kultur und Wertehaltungen. In seinem Buch "Die Rhetorik des Sebastian Kurz | Was steckt dahinter?" beschreibt er die Wirkkraft von Sprache, Körperbewegung und Emotion. Er wird gerne gebucht, Menschen und Organisationen bei der Lösung kommunikativer Herausforderungen in Veränderungsprozessen zu begleiten. Mehr Infos unter twa.life/hello

Die Grünen gehören zu den großen Gewinnern der Nationalratswahl 2019. Sie haben den Wiedereinzug ins Parlament geschafft, und sie sind gleichzeitig auf die Regierungsbank gekommen. Werden sie die 2019 erzielten 20,69% in Wien halten, oder vielleicht sogar ausbauen können? Schauen wir uns die Rhetorik und die Körpersprache der Wiener Spitzenkandidatin Birgit Hebein gemeinsam an. Erst durch passende Rhetorik und Körpersprache können politische Inhalte bei den Bürgerinnen und den Bürgern ankommen und verstanden werden.

"Die Ablenkerin"

Hebein zeigt eine sehr unruhige Köperhaltung. Sie tänzelt von einem Bein auf das andere, neigt ihren Kopf von einer Seite zur anderen, und ihre Hände bewegen sich unkoordiniert in beliebige, unterschiedliche Richtungen. Dieses, zur Körperachse unsymmetrische, Muster entspricht nach den Satir-Kategorien der Kommunikation (Virgina Satir, 1916-1988, Psychotherapeutin und weltweit anerkannte Familientherapeutin) dem der sogenannten „Ablenkerin“. Die Ablenkerin vermittelt ein inkongruentes Bild. Dadurch wirken ihre Aussagen irrelevant.

Ihre Sprache klingt monoton, die Intonation ist wenig ausgeprägt. Das macht es schwierig, dem Inhalt zu folgen. Man weiß nicht genau, wo fängt ein Satz an, und wo hört er auf. Dadurch geht Bedeutung verloren.

Ihre Unterlagen, die sie zum Beispiel zu ihrer Rede bei der 82. Landesversammlung der Grünen Wiens auf das Rednerpult gelegt hat, machen durch mehrfache Faltung und „Eselsohren“ einen unkoordinierten und unordentlichen Eindruck. Diese vermeintlichen Kleinigkeiten fallen dem Publikum vielleicht nicht bewusst auf, dennoch werden sie unbewusst wahrgenommen, kognitiv verarbeitet, und sie tragen zum Gesamteindruck der Person bei.

Warum sollte man Hebein zuhören?

Auch Birgit Hebein verrät uns in ihren Reden nicht, warum man ihr zuhören sollte. Sie gibt uns keinen spezifischen Grund. Viele Menschen benötigen jedoch ein klares Warum, um einer Rede folgen zu wollen. Dieses Warum ist idealer Weise ganz an den Anfang einer Rede gestellt, und hat etwas mit dem Publikum zu tun. Bei Hebein kommt es oft irgendwo mittendrinnen, da sind jedoch viele Zuhörer:innen gedanklich bereits weit weg. Das könnte ein altes Problem der Grünen in Österreich offenbaren: Sie sind, bis auf wenige Ausnahmen, zu sehr mit sich selbst beschäftigt.

Selbst die besten politischen Argumente bleiben ungehört, wenn wir nicht wissen, welches konkrete Problem damit aus der Welt geschafft werden soll. Aus meiner Sicht wäre es für die Glaubwürdigkeit der Grünen hilfreich, die formulierten globalen Probleme, wie Klimawandel und Umweltschutz, in für die Bevölkerung greifbare, heute relevante, Einheiten zu fassen.
In Birgit Hebeins Reden ist keine klare Struktur erkennbar. Der Zuhörer fragt sich im Nachhinein, um was es eigentlich ging. Eine leicht verständliche Rede folgt einer Struktur, die wir als 4MAT-System kennen: Sie beginnt mit dem Grund für die Rede, mit dem Problem, das behandelt wird, mit dem Warum. Im folgenden Was-Teil wird erläutert, was getan werden soll, um das Problem zu lösen. Der anschließende Wie-Teil erklärt, wie die nächsten Schritte aussehen könnten. Der vierte und letzte Teil erläutert die Auswirkung auf die Zukunft und endet mit einem Call-to-Action, mit einer Handlungsaufforderung. Davon bemerken wir in Hebeins Reden sehr wenig.

Das gemeinschaftliche Wir

Hebein stellt in ihren Aussagen das „gemeinschaftliche Wir“ stark in den Vordergrund. Es ist ein Zeichen für das Denkmuster der Grünen. Sie sind auf politische und soziale Gleichheit ausgerichtet. Menschliche Beziehungen, ein soziales Netzwerk, Harmonie und das Erkunden des inneren Selbst sind die Basis. Die Menschen mögen miteinander gut auskommen. Sie möchten anerkannt werden. Sie lieben es, zu teilen und an einer Sache teilzunehmen. Car-Sharing und anderen Sharing-Konzepte sind gute Beispiele. Zu kooperieren ist besser, als in Konkurrenz zu sein. Es wird für eine sozial verantwortliche Gesellschaft gelebt, in der Gefühle ihren Platz haben. Das innere gemeinschaftliche Selbst zu erkunden, zu entdecken, was wirklich wichtig ist, und darüber Konsens zu haben, ist den Grünen sehr wichtig.

Schwer verständlich

Dazu gehört auch, und das bemerkt man bei Hebein, die Angst vor gesellschaftlicher Ablehnung. Die tendenziell, und vergleichsweise, unstrukturierte Verwendung von Sprache deuten massiv darauf hin. Ihr Sätze sind oft kompliziert aufgebaut, in sich verschachtelt, und grammatikalisch unvollständig. Sie sucht Konsens und den mitfühlenden Menschen. Wie Anfangs erwähnt, geht dies mit der Körperhaltung der Ablenkerin einher.

Zusammenfassend ist zu sagen, dass Birgit Hebein und mit ihr die Grünen Österreichs noch immer schwer verständlich sind. Mit Werner Kogler wurde eine deutliche Verbesserung bemerkbar, die in den Landesorganisationen ebenfalls Einzug halten sollte. Hebeins Reden sind von der Suche nach Konsens und einem „gemeinschaftlichen Wir“ geprägt. Ihre Körperhaltung und ihre Verwendung von Sprache zeigen dies deutlich. Um ihren Aussagen mehr Nachdruck zu verleihen, wäre eine aufrechte, ruhige und symmetrische Körperhaltung passend. Erst wenn das gemeinschaftliche Selbst einmal gefunden ist, werden Klarheit und Struktur sich neu entwickeln. Die Grünen könnten auf einer breiten Basis deutlich besser verstanden werden.

Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. News.at macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

Kommentare

Manfred F.

Der Artikel charakterisiert treffend bei Hebein -was auch auf andere Grüne Politiker zutrifft - und jedem denkenden Mensch schon längst aufgefallen ist. Worthülsen dieser Art Politiker sind nichtsagend bis unverständlich, zusamenhanglos und nicht durchdacht.
Das Problem, besonders in Wien ist, dass ihnen immer noch zuviel Macht gegeben wird, um ihr Wirwarr zu verwirklichen.

Grün und Rot haben Wien ohnehin versaut! Jahrzehnte nichts geleistet, diese scheinheiligen Gutmenschen!

Das ist eine politische Visionärin, die begriffen hat,dass die Pandemie eine grossartige Chance ist vieles zu verändern und von der tuerkisen Polizei Brutalität sich abzuwenden

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