Alles frei erfunden: Lonely Planet-Autor schrieb seine Reiseführer im Wohnzimmer

Mit Drogenhandel die miese Bezahlung aufgebessert Verlag überprüft nun Bücher von Thomas Kohnstamm

"Do Travel Writers Go to Hell?" - Kommen Reiseautoren in die Hölle? Diese Frage stellt Thomas Kohnstamm in seinem neuesten Buch und bringt seinen ehemaligen Arbeitgeber Lonely Planet in ebendiese. Denn für den Reiseführer-Verlag verfasste er Bücher über Südamerika, Patagonien und die Karibischen Inseln. Ohne diese Länder je bereist zu haben, wie sich jetzt herausstellt.

Alles frei erfunden: Lonely Planet-Autor schrieb seine Reiseführer im Wohnzimmer © Bild: amazon.de

Piers Pickard, Verleger von Lonely Planet, hat im Moment viel zu tun. Denn neben der Neuauflage von Südamerika müssen auch dringend drei Bücher über über Patagonien, Südamerika und die Karibischen Inseln einer eingehenden Prüfung unterzogen werden. Grund ist ein Interview von Autor Thomas Kohnstamm mit dem "Sunday Telegraf" über sein neuestes Buch.

"Kommen Reiseautoren in die Hölle?" heißt der Titel seines neuesten Buches (erscheint demnächst in englisch) und befasst sich mit seinen persönlichen Erfahrungen als Reiseautor. Oder besser, mit seinen nicht vorhandenen Erfahrungen. Denn der ehemalige Wall-Street Broker erkannte schnell, dass in diesem Metier wenig Geld zu verdienen ist und verlegt sich lieber aufs Erfinden.

Kolumbien vom Wohnzimmer aus
So hat er ein Buch über Kolumbien überhaupt in San Francisco geschrieben. Die Informationen habe ihm eine kolumbianische Freundin geliefert, die ein Praktikum am kolumbianischen Konsulat in der US-Westküstenstadt machte, beichtet Kohlstamm der amerikanischen Zeitung.

Alles nur erfunden
Weiters beschreibt er in seinem Buch, wie er Texte erfand, abschrieb und sogar mit Drogen handelte, um die niedrige Bezahlung der Reiseverlage wettzumachen. "Sie zahlen nicht genug für das, was sie erwarten", sagte er dem "Sunday Telegraph". Pickard wies die Angaben Kohnstamms als nicht repräsentativ zurück. "Die Behauptungen in dem Buch sind wirklich keine zutreffende Darstellung, wie unsere Autoren arbeiten oder was in unseren Reiseführern steht", sagte Pickard.

Ein Buch von Kohnstamm über Brasilien von 2005 sei schon 2007 durch eine völlig neue, überarbeitete Auflage ersetzt worden. Seine Beiträge zu einem Kolumbien-Führer würden überprüft.

Bibel der Rucksacktouristen
Lonely Planet Reiseführer gibt es auch auf Deutsch. Sie gelten als die "Bibel der Rucksacktouristen". Das von einem australischen Ehepaar gegründete Unternehmen wurde im vergangenen Jahr an BBC Worldwide verkauft und hat mittlerweile 500 Titel im Programm, die günstige Reisen rund um den Globus beschreiben. (apa/red)