"Alles ein Desaster": Die SPÖ fordert jetzt einen Untersuchungsausschuss zur E-Card!

"Herr Kandlhofer ist Herr Seipel des Hauptverbandes" Bures: Rauch-Kallat gehört zum "Alptraum-Team"

"Der Herr Kandlhofer ist der Herr Seipel des Hauptverbandes", schimpfte Kräuter. Es sei einfach unfassbar, dass es laut dem Ex-Programmdirektor des E-Card-Projektes, Reinhold Bierbaumer, offensichtlich zu Preisabsprachen zwischen damaligen Spitzenmanagern des Hauptverbandes und dem später erfolgreichen Bieter nur einen Tag vor Ende der Abgabefrist gekommen sei. Abgesehen davon habe der Rechnungshof unklare Kompetenzen, das Unterschätzen des Projektumfanges und zu teuere Experten kritisiert.

Hinten und vorne würden die Dinge nicht stimmen, deshalb sei es das Mindeste, so bald als möglich einen Untersuchungsausschuss einzusetzen - am Besten schon nächste Woche, wenn der Rechnungshofausschuss tagt. "Da gibt es keine Zeit zu verlieren. Die Beweise liegen auf dem Tisch", so Kräuter. Josef Kandlhofer, Generaldirektor des Hauptverbandes, und Vorstandsvorsitzender Erich Laminger sind für Kräuter jedenfalls rücktrittsreif.

SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Doris Bures schoss sich einmal mehr auf Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat (V) ein. Die ÖVP-Politikerin bilde mit Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) und Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V) das "Alptraum-Team" der Bundesregierung. Das Gesundheitssystem wurde von Bures so beschrieben: "Die Kosten steigen, die Leistungen sinken, die Patienten zahlen". Die Zwei-Klassen-Medizin sei nicht mehr die Gefahr, sondern bereits "vielfach Realität". Rauch-Kallat würde eine Baustelle nach der anderen verursachen und "herummurksen". Der Unterausschuss des Rechnungshofausschuss werde die Ministerin nächste Woche mit sämtlichen Punkten konfrontieren.

Öllinger von den Grünen: "Die Sache stinkt"
Die Grünen bleiben bei ihrer Kritik am Hauptverband im Zusammenhang mit der Vergabe eines Teilprojektes für die E-Card. Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger warf Hauptverbands-Generaldirektor Josef Kandlhofer am Freitag in einer Pressekonferenz neuerlich vor, dem Bestbieter Siemens Business Service bei einem Treffen einen Preis vorgeschlagen zu haben. Da der Hauptverband dies dementiert, will Öllinger nun wissen, ob die fragliche Sitzung mitprotokolliert wurde.

Dass es sich bei dem Treffen zwischen Kandlhofer und Siemens-Vertretern um normale Verhandlungen im Rahmen des Vergabeverfahrens gehandelt haben könnte, wie dies der Hauptverband behauptet, ist für Öllinger "absurd". Vielmehr habe Kandlhofer der Bieter-Firma "einen Preis vorgeschlagen", sagt Öllinger unter Berufung auf die Klage des E-Card-Programmdirektors Reinhold Bierbaumer, der sich um seine Erfolgsprämie geprellt sieht.

Hintergrund: Laut Öllinger wurde Bierbaumer ein Erfolgshonorar zugesichert, wenn er den Preis für das erste E-Card-Teilprojekt (Betriebszentrale und Terminalsoftware) auf unter 35 oder gar unter 30 Mio. Euro drücken kann. Tatsächlich vergeben wurde das Projekt für 36,9 Mio. Euro an Siemens vergeben. Zuvor hatten laut der Klage Bierbaumers Kandlhofer und Ursula Weismann, die Geschäftsführerin der Chipkarten-Tochterfirma, dem Bieter nahe gelegt, ein Angebot knapp unter 38 Mio. Euro zu legen.

Öllinger will nun wissen, warum sich Kandlhofer, der in das Vergabeverfahren eigentlich nicht eingebunden gewesen sei, mit Siemens-Vertretern getroffen habe. "Die Sache stinkt", findet Öllinger angesichts vieler "offener Fragen" und "Widersprüche". Er will nun eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermitteln. Einen konkreten Verdacht gegen eine konkrete Person werde er darin aber nicht äußern, räumte Öllinger auf Nachfrage ein: "Ich bin mir nicht sicher, ob ich das auf Grund der Unterlagen so weit präzisieren könnte, dass ich konkrete Personen festmachen könnte."

Hauptverband hält Vorwürfe für "absurd"
Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger bleibt bei seiner Verteidigungslinie. Man habe den Rechnungshof immer korrekt und umfassend informiert. Es sei absurd, ein gesetzlich vorgesehenes Verhandlungsergebnis als Preisabsprache zu bezeichnen, weil Preisabsprachen ja nur unter Bietern möglich seien, befand Erich Laminger, Vorstandsvorsitzender des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger, in einer Aussendung am Freitag.

Es sei "mehr als bedauerlich", dass mit dem Vorwurf der Preisabsprachen das "hervorragende Projekt" E-Card madig gemacht wird. Faktum sei, dass es "in wochenlangen und schwierigen Verhandlungen" im Dezember 2003 nicht nur gelungen sei, den Preis von ursprünglich 67 Millionen Euro auf letztendlich 36,9 Millionen Euro zu senken, sondern das Projekt auch noch um mehr als zwei Jahre früher zu realisieren als seitens des Bieters ursprünglich angeboten war. Jetzt habe schließlich auch das Forschungsinstitut RISE, das an der Vergabe beteiligt war, bestätigt, dass zu keinem Zeitpunkt ein Angebot von 30 Millionen Euro oder gar darunter vorgelegen wäre.

Rechnungshof prüft
Der Rechnungshof wird die Vorwürfe rund um angebliche Preisabsprachen bei der Vergabe des E-Card-Projekts prüfen. Diesen Vorwürfen werde im Rahmen einer derzeit schon laufenden Prüfung der Projektumsetzung nachgegangen, erklärte RH-Präsident Josef Moser gegenüber dem "Kurier" (Samstag-Ausgabe).

Das Ergebnis der Prüfung werde rasch vorliegen: "Das kann schnell gehen. Ich rechne mit einem Ergebnis in den nächsten Wochen." Denn im Rechnungshof läuft bereits eine - und zwar die dritte - Prüfung des E-Card-Projekts.

In ihrem zweiten Wahrnemungsbericht hatten die Prüfer die hohen Projekt- und Personalkosten bei der Chipkarten-Gesellschaft bemängelt. Im ersten Bericht wurde vom Rechnungshof die Vorbereitung der E-Card und die Projektausschreibung zerpflückt.
(apa/red)