BVT-Affäre: Polizeieinheit soll bei Razzia mit Gewalt gedroht haben

BVT-Mitarbeitern wurde mit Gewaltanwendung und Suspendierung gedroht

Bei der Hausdurchsuchung beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) durch die Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS) dürfte es heftiger zugegangen sein als bisher bekannt. Den BVT-Mitarbeitern soll mit Gewaltanwendung und Suspendierung gedroht worden sein, wenn sie sich nicht ruhig verhielten. Das geht aus Aktenvermerken von BVT-Mitarbeitern hervor, die der APA vorliegen. Die NEOS orten einen "Skandal im Skandal", die FPÖ zeigt sich irritiert.

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Aktenvermerke - BVT-Affäre: Polizeieinheit soll bei Razzia mit Gewalt gedroht haben

Der Leiter der Einsatzgruppe, FPÖ-Gemeinderat Wolfgang Preiszler, habe zwei Beamte zur Überwachung eingeteilt und sie damit beauftragt, jegliche Kommunikation zwischen BVT-Mitarbeitern zu unterbinden "notfalls mittels Gewaltanwendung sowie neuerlicher Androhung einer Suspendierung bei Zuwiderhandlung", schreibt ein BVT-Mitarbeiter am 28. Februar, dem Tag der Durchsuchungen.

Komplette Serverlandschaft sollte abgebaut werden

Ein anderer Mitarbeiter notierte, dass im ersten Ansatz geplant gewesen sei, "die komplette Serverlandschaft des BVT abzubauen, sicherzustellen und zur WKSTA (Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Anm.) zu bringen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass etwa 780 User des BVT und der LVT keine Möglichkeit mehr gehabt hätten, ihre Tätigkeit fortzuführen. Dieser Ansatz wurde beim Betreten des Serverraums wegen technischer Undurchführbarkeit verworfen."

Wahllos Dinge beschlagnahmt

Dieser Beamte hielt weiters fest, dass offenbar völlig wahllos Daten beschlagnahmt wurden: "Die Mitarbeiter der Finanzverwaltung, die für die Sicherstellung der Datenträger verantwortlich zeichneten, hatten offensichtlich den Auftrag, alle Datenträger ungeprüft sicherzustellen. (...) Hier wurde augenscheinlich versucht, so viel wie möglich Datenträger sicherzustellen, damit es bei einer Auswertung möglicherweise doch noch zu 'Zufallsfunden' kommt".

»Es entstand der Eindruck, dass es rein um das Sammeln von möglichst vielen Daten ging«

Der BVT-Mitarbeiter hatte den Eindruck, dass möglichst viele Datensätze mitgenommen werden sollten: "Trotz mehrmaliger Hinweise, dass es sich hier um sichergestellte Datenträger handelt, die in einem laufenden Verfahren des BVT benötigt werden und wo das BVT für die Datensicherheit verantwortlich ist, wurden diese Festplatten in ein Verzeichnis aufgenommen. (...) Es entstand der Eindruck, dass es rein um das Sammeln von möglichst vielen Daten ging".

Der BVT-Mitarbeiter merkte zudem kritisch an, dass Träger mit sensiblen Daten achtlos und nicht den Vorschriften entsprechend in "offene Kartons und Plastiksackerl" abtransportiert wurden, "obwohl auf die Sensibilität der sichergestellten Daten hingewiesen wurde". "Diese Art des Transportes sichergestellter Datenträger widerspricht den Vorgaben und Vorschriften, wie mit Datenträgern umgegangen werden muss, die einer forensischen Datensicherung zugeführt werden müssen."

Grindling bestätigt, dass gesamte Serverlandschaft beschlagnahmt werden sollte

Der Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) Peter Gridling bestätigte, dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Hausdurchsuchung die gesamte Serverlandschaft der Behörde beschlagnahmen wollte. Das geht aus von der APA am Donnerstag veröffentlichten Aktenvermerken hervor. Der Staatsanwaltschaft sei offenbar nicht klar gewesen, wie die Systeme des BVT organisiert seien. Außerdem habe man darauf hingewiesen, dass das BVT auch als Dienstleister der Landesämter agiere. "Damit war nach einem kurzen Diskussionsprozess klar, dass die Idee, die Serverlandschaft im BVT abzubauen, dem Zweck der Hausdurchsuchung nicht förderlich ist und einen massiven Einfluss auf die Arbeit (des BVT, Anm.) gehabt hätte."

Kein Vertrauensverlust, aber kritische Fragen

Zudem geht er nicht von einem Vertrauensverlust ausländischer Nachrichtendienste aus. Nach der Hausdurchsuchung im BVT war spekuliert worden, ausländische Partner könnten die Kooperation einschränken. "Es gibt kritische Fragen an uns, aber es gibt keine bemerkenswerten Einschränkungen in der Zusammenarbeit", sagte Gridling am Donnerstag.

Bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichtes 2017 plädierte Gridling allerdings dafür, geheime Informationen besser vor dem Zugriff der Justiz zu schützen. Er verwies darauf, dass die Strafprozessordnung zwar Berufsgeheimnisse von Rechtsanwälten und Ärzten schütze, nicht aber ausländische Staatsgeheimnisse. Das sei "eine Lücke, die wir rechtlich schließen sollten, so dass ein Schutz von klassifzierten Informationen in einem Strafverfahren sichergestellt ist".

In der aktuellen Causa hat das BVT laut Gridling aber eine "gute Lösung" für den Umgang mit den Informationen ausländischer Geheimdienste gefunden. Seinen Angaben zufolge wurde nach der Hausdurchsuchung am 28. Februar vereinbart, dass diese Daten unter Verschluss genommen und nur unter Einbeziehung des BVT-Rechtsberaters ausgewertet werden, um die Schutzinteressen der Partnerdienste sicherzustellen.

NEOS empört: "Völlig neue Dimension"

Die NEOS zeigen sich über die neuen Enthüllungen in der BVT-Affäre empört. "Wenn es wirklich der Plan war, die komplette Serverlandschaft des BVT sicher zu stellen, erreicht diese Hausdurchsuchung eine völlig neue Dimension", so NEOS-Sicherheitssprecherin Stephanie Krisper, die auch für die NEOS in den BVT-Untersuchungsausschuss gehen wird.

"Der Abbau der Serverlandschaft hätte das BVT völlig lahmgelegt und dadurch ein enormes Sicherheitsrisiko dargestellt. Das ist ein Skandal im Skandal." Krisper kritisiert dazu den Transport von hochsensible Daten in Plastiksackerln und die brutale Vorgangsweise durch Einsatzleiter Wolfgang Preiszler, die in den Berichten der BVT-Mitarbeiter beschrieben werde. "Es muss geklärt werden, wie es zu dieser verantwortungslosen, unprofessionellen und völlig überzogenen Vorgangsweise kam."

Krisper fordert den Innenminister daher auf, alle BMI-internen Korrespondenzen zur Planung der Hausdurchsuchung dem U-Ausschuss zur Verfügung zu stellen. "Nur der Einblick in diese Akten kann uns Klarheit bei der Aufklärung verschaffen."

FPÖ irritiert über Vorgehensweise

Auch die FPÖ ist von den jüngsten Enthüllungen irritiert. Die Vorgehensweise der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mute "äußerst befremdlich an", sagte der Fraktionsführer der FPÖ im BVT-Untersuchungsausschuss Hans-Jörg Jenewein in einer Aussendung.

Wenn tatsächlich die gesamte Serverlandschaft des BVT abgebaut hätte werden sollen, "so muss die Frage gestellt werden, welche Experten der WKSTA hier tätig waren, beziehungsweise, wer den Auftrag dafür erteilt hat". So sei auch die - laut Aktenvermerk - festgehaltene Wahrnehmung, wonach völlig wahllos Akten, Daten und Datenträger sichergestellt worden seien, jedenfalls aufklärungsbedürftig, so Jenewein.

Es müsse jedenfalls untersucht werden, warum Daten und Datenträger, wenn diese - laut Aktenvermerk - mit sensiblen Daten bespielt worden sind, in offenen Kartons beziehungsweise in Plastiksäcken abtransportiert worden seien. Ob für die handelnden Beamten aus der Justiz klar ersichtlich gewesen sei, welche Daten hier beschlagnahmt werden und wie die räumlichen Umstände, das Ordnungssystem und das Ablagesystem im BVT gestaltet war, werde ebenfalls noch zu klären sein.

"Tatsache ist jedenfalls, dass im Zuge der Hausdurchsuchung die Sicherung der Daten ausschließlich durch Beamte des Justizministeriums beziehungsweise durch Beamte des Finanzressorts erfolgt ist. Die heute erhobenen Vorwürfe gegen die WKSTA sind unbedingt lückenlos aufzuklären", so Jenewein.

Die Präsentation des Verfassungsschutzberichts 2017 mit Generaldirektorin für öffentliche Sicherheit Kardeis und Direktor Gridling (BVT) ab 9.55 Uhr hier LIVE:

Kommentare

Henry Knuddi

die drogenpolizei hat nach drogen gesucht und nur festplatten gefunden und wollten festplatten öffnen und nachsehen - chch hr kickl

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