So steht es um Air Berlin

Chefsanierer drängt auf schnelle Auffanglösung - Betriebsübergang für Niki?

Für Air Berlin muss angesichts abbröckelnder Buchungen nach Ansicht von Chefsanierer Frank Kebekus eine schnelle Auffanglösung gefunden werden. "Es besteht die Gefahr, dass uns das Geschäft wegbricht, falls der Verkauf zu lange dauert", sagte der Insolvenzexperte der deutschen "WirtschaftsWoche".

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Turbulenzen - So steht es um Air Berlin

Der Prozess steht unter großem Zeitdruck, da Buchungen sowohl von Privatleuten als auch von Reiseveranstaltern bei andauernder Unsicherheit ausbleiben.

Die kurzfristigen Flugbuchungen lägen zwar nur 6 bis 7 Prozent unter Vorjahr. Bei Buchungen für Flüge, die erst in einigen Monaten stattfinden, hielten sich die Kunden stärker zurück, vor allem auf der Langstrecken. "Air Berlin verbrennt Cash", sagte der Generalbevollmächtigte Kebekus. Ein Insolvenzverfahren sei "nicht gerade die beste Werbung für eine Fluggesellschaft."

Insider: Massekredit reicht nicht lange

In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" und im "Bonner Generalanzeiger" (Donnerstag) wurden neue Zweifel laut, ob die insolvente Air Berlin mit dem deutschen Massekredit auskommt. 150 Mio. Euro hat der deutsche Bund für die Aufrechterhaltung des Flugbetriebs ausgelegt. "Der größte Humbug, der in den vergangenen Tagen gesagt wurde, ist, dass der staatliche Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro für den Flugbetrieb bis Mitte November reicht", wird ein Branchenmanager zitiert. Aus heutiger Sicht werde eher mit sechs Wochen kalkuliert. Im ersten Quartal habe Air Berlin etwa 3 Mio. Euro Verlust am Tag gemacht. Im Sommer läuft das Geschäft wegen des Urlaubsverkehrs traditionell besser. Allerdings dürften nun weniger Buchungen eingehen, Geschäftspartner beharren auf kürzeren Zahlungsfristen, wenn sie nicht Vorkasse verlangen.

Obwohl Air Berlin mit Schnäppchenpreisen wirbt, gehen die Buchungen zurück. Es kommt also kaum noch frisches Geld hinein, heißt es in den Berichten. Die Passagiere, die jetzt noch von Air Berlin geflogen werden, haben aber ihre Tickets schon vor Wochen oder Monaten bezahlt - dieses Geld ist in der Insolvenzmasse.

Startvorteile für Lufthansa

Es herrscht Zeitdruck. Der gebe der Lufthansa Startvorteile, weil sie bereits vor dem Insolvenzantrag am Tisch gesessen und damit einen Informationsvorsprung habe, räumte Kebekus ein. "Daran können wir aber nichts ändern, und das hat auch nichts mit einem abgekarteten Spiel zu tun." Der Verkaufsprozess sei offen, jeder seriöse Interessent habe Zugang zu den Daten und könne ein Angebot abgeben. Rivalen wie Ryanair und der deutsche Unternehmer Hans-Rudolf Wöhrl hatten Air Berlin und der deutschen Bundesregierung eine Vorfestlegung auf den größeren Konkurrenten vorgeworfen.

Als weitere Interessenten gelten die britische Easyjet und die Thomas-Cook-Tochter Condor. Involviert ist zudem der deutsche Touristikflieger TUIfly, der mit eigenem Personal 14 Flugzeuge für Niki betreibt. Andere Stimmen sehen das Interesse von TUI an Lufthansa-Teilen erkaltet.

Kebekus rechnet trotz des Zeitdrucks nicht mehr mit konkreten Ergebnissen in diesem Monat. "Vor September wird es höchstwahrscheinlich keine großen Deals geben." Es werde "zügig" verhandelt und die Richtung stimme. Der Vorgang sei aber komplex und nicht an einem Tag abzuwickeln.

Air Berlin hatte vor über einer Woche Insolvenz angemeldet, am Mittwochnachmittag haben die Gläubigerausschüsse in ihrer konstituierenden Sitzung zunächst beschlossen, den Betrieb und das Insolvenzverfahren fortzuführen. Verhandelt wird derzeit mit der Lufthansa und weiteren Interessenten an Air Berlin.

Betriebsübergang für Niki?

Im gestrigen Gläubigerausschuss hat die AUA-Mutter Lufthansa jedenfalls einen sogenannten "Letter of intent" vorgelegt. In der Absichtserklärung nennt die Fluggesellschaft die Teile, die sie interessieren - versehen mit einer entsprechenden Preisvorstellung, die bisher aber nicht durchgesickert ist. Danach will das Unternehmen zusätzlich zu den bereits von Air Berlin angemieteten 38 Mittelstrecken-Jets weitere rund 50 Flugzeuge übernehmen. Dazu gehört auch die österreichische Air-Berlin-Tochter Niki. Damit könnten auch viele der mehr als 8.000 Mitarbeiter von Air Berlin bei der Kranich-Airline landen. Allerdings werden sie sich zum überwiegenden Teil neu bewerben müssen.

Nur bei separaten Einheiten wie etwa bei der bisher nicht insolventen Niki wird es sich wohl um einen klassischen Betriebsübergang (Paragraf 613a) handeln, heißt es heute im "Handelsblatt". Dabei würden alle Mitarbeiter zu ihren bisher geltenden Vertragsbedingungen übernommen, die in der Regel für ein Jahr garantiert seien.

Der Air-Berlin-Gläubigerausschuss besteht aus einem Hauptausschuss für die gesamte in London notierte Aktiengesellschaft, einen Gläubigerausschuss für den Flugbetrieb sowie ein Extragremium für die gerade in Düsseldorf sehr wichtige Technik.

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