Hippie-Bewegung: 50 Jahre später

Obdachlosigkeit und Suchtprobleme statt Hippie-Träume

Für viele lebt der "Summer of Love" weiter. Das 50. Jubiläum der Flower-Power-Bewegung wird in San Francisco gefeiert. Hippies erinnern an alte Ideale, Besucher folgen den Blumenkindern. 1967 begann der Massenansturm von "Blumenkindern" die aus allen Teilen Amerikas gen Westen zogen, auf der Suche nach Frieden, Liebe, Drogen und Musik, als Protest gegen den Vietnamkrieg und Gesellschaftsnormen.

von Summer of Love - Hippie-Bewegung: 50 Jahre später © Bild: shutterstock

Die Alt-Hippies sind in die Jahre gekommen, aber es gibt sie noch. Ann Cohens lange weiße Haare wehen über ihr buntes Batikkleid. Mit 69 Jahren hält die Künstlerin an den Idealen von damals fest. 1966 war sie von Los Angeles in die Nähe von San Francisco gezogen. Ihren Büstenhalter habe sie auf Haight Street für immer abgelegt, erzählt Cohen mit einem verschmitzten Lächeln.

Die Hippie-Philosophien hätten ihr Leben völlig verändert. "Es war der Keim für so viele Bewegungen, für den Umweltschutz, für gesundes Leben, für Gemeinschaft und gegenseitige Hilfe", sagt Cohen. In ihrer kleinen Wohnung in North Beach, dem alten Revier der Beatnik-Bewegung, zeigt sie stolz auf die Original-Ausgaben der "Oracle"-Untergrundzeitung. Ihr späterer Ehemann, der Dichter Allen Cohen (1940-2004), hatte die psychedelische Heftserie 1966 herausgebracht. Es war die Bibel der Hippie-Bewegung, mit Beiträgen von Schriftstellern und Denkern wie Allen Ginsberg und LSD-Guru Timothy Leary.

Auch die Modedesignerin und Geschäftsfrau Sunshine "Sunny" Powers, die auf der Haight Street den Laden "Love on Haight" führt, versprüht Hippie-Flair. Geboren wurde sie in San Francisco, aber erst Jahre nach dem "Summer of Love". "Ich bin froh, jetzt zu leben und die Fackel weiterzutragen", sagt die 36-Jährige im langen Batikkleid.

Das 50. Jubiläum des Sommers der Liebe ist für Powers eine "monumentale Angelegenheit". Sie gehört zu einem Team, das dutzende Veranstaltungen in den nächsten Monaten organisiert. Die Stadt feiert mit Straßenfesten, Konzerten und Ausstellungen, 100.000 Besucher werden erwartet. Zur Sonnenwende am 21. Juni wird im Golden Gate Park zum "Tie-Dye"-Treffen eingeladen. Es gibt Summer-of-Love-Stadtrundfahrten in bunt angemalten alten VW-Bussen, auch der 50. Jahrestag der Hippie-Hymne "San Francisco (Be Sure to Wear Flowers in Your Hair)" von Scott McKenzie wird zelebriert.

Ein nostalgisches "High" zieht mit Rauchschwaden von Marihuana durch die Westküstenmetropole. Doch hinter der Fassade haben Obdachlosigkeit und Suchtprobleme die Love- und Peace-Träume längst eingeholt. Schon im Herbst 1967 hatten Hippies den "Summer of Love" in einem symbolischen Trauerzug auf der Haight Street zu Grabe getragen. Das Szene-Viertel war hoffnungslos überlaufen, die Gegenkultur der Blumenkinder geriet durch Negativ-Schlagzeilen über Vergewaltigungen, Drogentote und Diebstähle unter Druck.

Obdachlosigkeit zählt heute zu den größten Problemen im Viertel Haight Ashbury. Mit San Franciscos Tech-Boom explodieren auch die Mietpreise in dem Alternativ-Viertel mit den verschnörkelten viktorianischen Häusern. Für eine reiche Stadt wie San Francisco sei es "extrem beschämend", dass rund 500 junge Menschen auf der Straße lebten, lamentiert Powers. Sie ist Mitbegründerin der Hilfsorganisation "Taking it to The Streets", die obdachlosen Jugendlichen Jobs und Unterkünfte beschafft.

Die Haight Ashbury Free Clinic ist heute - wie vor 50 Jahren - ein Zufluchtsort für Drogensüchtige, Alkoholiker, Obdachlose und Kranke ohne Krankenversicherung. Das verblichene viktorianische Haus mit bemalten Fluren und Postern von Rockkonzerten an der Ecke Haight und Clayton Street, war 1967 die erste Nachbarschaftsklinik in den USA, die von Spenden lebte und Patienten kostenlos versorgte.

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