Was 12-Stunden-Tage
wirklich ändern würden

Neue Verhandlungen zu Mindestlohn und Arbeitszeitflexibilisierung

Die Verhandlungen der Sozialpartner über einen Mindestlohn von 1.500 Euro und eine Flexibilisierung der Arbeitszeit laufen zäh. Bis Ende Juni hatte die Bundesregierung dazu eine Einigung verlangt. Inzwischen sei man sich beim Mindestlohn näher, aber bei den Gesprächen über flexiblere Arbeitszeiten sei man weit auseinander, sagte AK-Präsident Rudolf Kaske. Österreichs Arbeitnehmer leisten schon jetzt mehr Überstunden oder Mehrstunden als sie im Endeffekt bezahlt bekommen. Kann eine Arbeitszeiterhöhung in Ausnahmesituationen auf zwölf Stunden die Work-Life-Balance gefährden?

von Arbeitszeit - Was 12-Stunden-Tage
wirklich ändern würden © Bild: shutterstock

Kaske äußerte sich nicht über die Chancen auf eine Einigung. Aus seiner Sicht müsse es eine "Win-Win-Situation" geben, bei der "sowohl Arbeitnehmer profitieren als auch auf der anderen Seite die Arbeitgeber zufriedengestellt werden können", sagte er. Aber "ein genereller 12-Stunden-Tag kommt für uns nicht in Frage". Die Vertreter der Arbeitnehmer wünschten sich im Gegenzug zu mehr Flexibilität "Zeitsouveränität, Arbeitszeitverkürzung, sechste Urlaubswoche", aber dazu sei "das Signal der Arbeitgeber derzeit auf rot". Ohne Entgegenkommen "müssen wir uns das sehr genau anschauen". Wenn die Industriellenvereinigung sage, dass es nichts zu verteilen gebe, "dann halte ich dem gegenüber, wir haben nichts zu verschenken".

»"Die Flexibilisierung trifft bis zu hundert Prozent der Arbeitnehmer«

Jedenfalls werden die Sozialpartnerpräsidenten am Freitag weiter verhandeln. Immerhin sei man bei einer Grundsatzvereinbarung zum Mindestlohn "relativ gut unterwegs". Aber die Erhöhung des Mindestlohns auf 1.500 Euro brutto betreffe zwölf Prozent aller Arbeitnehmer, während die Flexibilisierung "bis zu hundert Prozent der Arbeitnehmer betrifft".

Wochenarbeitszeit der Österreicher schon jeztzt sehr hoch

2015 sind im Sektor der unselbstständig Erwerbstätigen laut Statistik Austria durchschnittlich 5,7 Überstunden pro Woche entlohnt worden - ein Fünftel weniger als tatsächlich gearbeitet wurde. Leittragende sind vor allem die Frauen: Der Anteil unbezahlt geleisteter Überstunden liegt bei ihnen deutlich höher (27 Prozent) als bei Männern (18 Prozent). Die Österreicher leisten laut Arbeiterkammer (AK) insgesamt rund 250 Millionen Überstunden pro Jahr, davon werden rund 50 Millionen nicht bezahlt.

»Flexibilität ist möglich, aber es muss eine Grenze geben«

Die Österreicher sind nicht arbeitsfaul: Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern haben wir eine der höchsten Wochenarbeitszeiten. Themen wie Arbeitnehmer-Gesundheit und Work-Life-Balance sind daher immer wieder Gegenstand von Diskussionen. Die Arbeiterkammer sieht die im Regierungsprogramm vereinbarte 12-Stunden-Tage-Regelung durchaus kritisch. "Es muss sich erst bewahrheiten, dass es keinen Schaden anrichtet", sagt AK-Expertin Silvia Hruska-Frank. Es ist zwar geplant, dass mit der Gleitzeit längere Erholungsphasen erarbeitet werden, ob diese auch eingehalten werden, werde sich zeigen. "Flexibilität ist möglich, aber es muss eine Grenze geben", teilt Hruska-Frank mit.

Pro - Das sagen ÖVP und Wirtschaft

Der Vorschlag von Mitterlehner eine Höchstarbeitszeit von 12 Stunden in Unternehmen mit Gleitzeit ohne eine Verringerung der Überstundenzuschläge durchsetzen, stößt bei den Wirtschaftstreibende natürlicherweise auf Gegenliebe. Dabei fällt ein Argument am häufigsten: die Flexibilität. Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung für Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), betonte in einer Aussendung: Laut einer aktuellen Umfrage glauben 87 Prozent der Arbeitnehmer, dass globaler Wettbewerb, anspruchsvollere Kunden und Schwankungen bei Aufträgen heute von Unternehmen und Mitarbeitern mehr Flexibilität verlangen als früher. "Es wäre schön, wenn auch die Vertretung der Arbeitnehmer diese Erkenntnis annehmen und nicht reflexartig alle Vorschläge zur Flexibilisierung ablehnen würde", teilte Gleitsmann mit.

"Ziel muss es sein, dass dann gearbeitet werden kann wenn die Arbeit anfällt", heißt es in einer Aussendung von Wirtschaftsbund-Generalsekretär Peter Haubner. Er ist ebenfalls davon überzeugt: Das wollen Arbeitgeber wie Arbeitnehmer. Gleitsmann argumentiert außerdem: Der Vorschlag sehe bei Gleitzeit lediglich die Möglichkeit vor, an einzelnen Tagen bis zu 12 Stunden zu arbeiten. Die wöchentliche Höchstarbeitszeit soll unverändert bei 50 Stunden bleiben.

Contra - Das sagen die Gegner

Der springende Punkt ist nicht, ob Arbeitnehmer an vereinzelten Tagen bis zu 12 Stunden lang arbeiten wollen oder nicht. Denn viele Arbeitnehmer haben das im Laufe ihrer Karriere ohnehin bereits getan - vielleicht sogar unbezahlt. In Wahrheit dreht sich die Diskussion um die Frage: Öffnet diese geforderte Neuregelung Tür und Tor für noch mehr (unbezahlte) Überstunden und eine folglich schlechtere Work-Life-Balance?

Das befürchten zumindest Arbeitnehmervertreter. Laut dem Ende 2015 veröffentlichten Arbeitsklima Index kommen mehr als ein Viertel aller Beschäftigten auf über 40 Stunden pro Woche. Das schadet der viel zitierten Balance zwischen Arbeit und Freizeit bereits. Eine 12-Stunden-Tage-Regelung ist "nicht ohne weiteres möglich und das ist auch gut so", sagte Alois Bachmeier, stv. Bundesgeschäftsführer der GPA-djp in einer Aussendung. Eine Vielzahl von Studien belege nämlich, dass eine tägliche Arbeitszeit von zwölf Stunden weder produktiv noch gesundheitsfördernd sei. Eine Arbeitszeitflexibilisierung sei für den Gewerkschafter nur vorstellbar, "wenn sie unter dem Strich zu einer Verkürzung der Jahresarbeitszeit und zu mehr selbstbestimmter Freizeit der Arbeitnehmer führt."

Zuletzt wurde sogar unter Anregung von Bundeskanzler Kern über eine Verkürzung der Arbeitszeit auf 37,5 Wochenstunden nachgedacht. Aus arbeitsmedizinischer und arbeitswissenschaftlicher Sicht eine sinnvolle Überlegung.

Die Frauen als mögliche Leittragende

Laut AK-Expertin Hruska-Frank würden zahlreiche Vielarbeiter angeben, dass sie dieses Pensum nicht bis zur Pension durchhalten können. Langfristig gesehen haben eine hohe Zahl an Überstunden gesundheitliche Konsequenzen, wie Hruska-Frank erklärt. Wer viel sitzt, macht weniger Bewegung. Typische physische Folgeerkrankungen wie Rückenschmerzen können die Folge sein. Außerdem ist es in den letzten Jahren laut Expertin zu einer Verdichtung der Arbeit gekommen, vor allem in Hinblick auf geistige Tätigkeiten. Die Gefahr Burnout lauert also im Hintergrund. Ab der 9. Arbeitsstunde steigt zudem die Gefahr von Arbeitsunfällen. Das alles, so lautet das Gegenargument, wollen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer.

Daneben ortet die Expertin in Bezug auf den 12-Stunden-Tag ein weiteres Problem: "Diejenige Arbeitskraft, die pünktlich nach Hause gehen muss und die 12 Stunden nicht leisten kann, weil sie zum Beispiel das Kind aus dem Kindergarten abholen muss, wird durch die neue Regelung benachteiligt." Die Arbeitgeber würden sich lieber jemanden suchen, der die Überstunden auch leisten kann. Da ein Großteil der Teilzeitbeschäftigten in Österreich Frauen sind, seien sie hauptsächlich betroffen. Es sei zu befürchten, dass die neue Regelung die Geschlechterunterschiede verschärft.

Und was bedeutet das für den geforderten 12-Stunden-Tag? An der momentanen Situation würde eine Neuregelung wohl so schnell nichts ändern, da vereinzelte 12- Stunden-Tage teilweise ohnehin schon zur Arbeitsrealität gehören. Langfristig gesehen, gilt es jedenfalls zu beobachten, wie sich die tatsächliche Arbeitsleistung der Arbeitnehmer im Falle eine Änderung entwickelt.

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Kommentare

Oszkar

Finde ich toll Montag,Dienstag,Mittwoch arbeiten den Rest der Woche frei...

Henry Knuddi

also 12-std bringen dann gestresste, verschlafene, oft kranke mitarbeiter - danach kommen pleiten und vermehrte arbeitslose, pensionsreife mit 40j, kosten + kosten + kosten + verluste

auch maschinen müssen rasten(service)

gewinne werden fallen - kostenexplosion. der arbeitslosen und dadurch höhere steuern.

mitterlehner solls vorhupfen mit eigener pleite

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