Zum Lernen nach Baden bei Wien

Eine Reise zu den Sommerspielen außerhalb der Stadt

von Heinz Sichrovsky © Bild: NEWS

Zu meinen Anfängertagen gab es in Österreich nicht nur eine intakte Sozialdemokratie, sondern auch eine zugehörige Tageszeitung namens "AZ", bei welcher ich das zweite und dritte Theaterfach betreuen durfte. Zu den Sommerspielen im Umkreis von Wien kommandiert zu werden, galt damals als Strafversetzung in den intellektuellen B-Zug. Denn dort wurde nicht, wie in den Kellertheatern, experimentiert, sondern bevorzugt klassisches Repertoire umstandslos vom Blatt gespielt. Viele Jahre später begann ich, meine Position gegenüber dieser Art theatralischer Mühewaltung zu revidieren.

Anlass war eine Reise ins Stadttheater von Baden bei Wien, wo Jacques Offenbachs dämonische Märchenoper "Hoffmanns Erzählungen" gegeben wurde. Mit diesem von mir geliebten Werk wollte ich gern meine damals siebenjährige Tochter Dorothea vertraut machen. Allerdings wurde es in der Staatsoper gerade nicht gespielt, und in der Volksoper zeigte man ein wirres Regiekonzept, das einer Farbsymbolik gehorchte, statt den verzweifelten Dichter, den Teufel und die animierte Puppe im Geist Offenbachs und E. T. A. Hoffmanns auf die Bühne zu stellen. Und da ich meine Tochter nicht vom Metier entwöhnen, sondern für dasselbe begeistern wollte, brachen wir nach Baden auf. Wir haben es beide nicht bereut, und ich hatte etwas gelernt. So viel zum Sommerbeginn.

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