Mit Online-Pizza zum Himmel-Flitzer

Wie Jitse Groen Österreichs Markt für Essens-Lieferservice umkrempeln will

Jitse Groen hat in Österreich Großes vor. In wenigen Jahren möchte der 33-jährige Niederländer die Nr.1 bei Essens-Lieferservices sein. Dabei ist der Niederländer, der ein europaweites Lieferservice-Imperium besitzt, hierzulande gerade erst in den Markt eingestiegen. Die harte Konkurrenz scheut er jedoch nicht, denn er ist überzeugt mit seinem Dienst Lieferservice.at auch in Österreich erfolgreich zu sein.

von Lieferservice.at - Mit Online-Pizza zum Himmel-Flitzer © Bild: Jitse Groen

Als NEWS.AT Jitse Groen trifft, ist er gerade aus Hannover angekommen, wo er zur Feier eines Restaurants geladen war, dessen Umsätze sich dank Groens Online-Lieferservice verdoppelt haben. Kurz davor war er bei der holländischen Kronprinzessin Maxima geladen. Auch ihr ist der Selfmade-Millionär ein Begriff, auch wenn sie selbst noch nicht dort bestellt hat – Maxima zählt wohl nicht ganz zur Zielgruppe.

Seit kurzem ist Groen auch in Österreich aktiv, da es ein idealer Markt für Essens-Lieferer ist oder wie es Groen ausdrückt: "Wir sind überall, wo es regnet". Denn während ein verregneter Sonntag für die meisten eher wenig erfreulich ist, bedeutet das für einen Essenszulieferer, dass die Kasse klingelt. Gleich doppelt, denn der Sonntag ist zum einen der umsatzstärkste Tag und bei Regen steigen außerdem die Umsätze um mehr als 30 Prozent. Deshalb konzentriert sich Groen bei seiner Expansion auf den nordwesteuropäischen Raum. Denn im Süden wird noch immer deutlich mehr zu Hause gekocht und das Wetter ist für einen Unternehmer wie Groen einfach zu gut. Mit etwa 100 Regentagen pro Jahr sieht es da in Österreich weit "besser" aus. Groen geht deshalb davon aus, dass der Markt für Essens-Lieferung in Österreich größer ist, als beispielsweise in Italien.

Millionär startete mit 50 Euro
Jitse Groen hat im Leben viel Glück gehabt. Er ist erst 33 Jahre jung, sieht blendend aus und hat mit damals lediglich 50 Euro ein Internet-Essens-Lieferservice aufgebaut und damit Millionen verdient. In seiner Heimat ist er ein gefeierter Selfmade-Millionär und Internetpionier, trotzdem ist er am Boden geblieben. Auf die Frage, wie es sich als Internet-Millionär lebt, meint er nur: „Ich führe ein ganz normales Leben“. Wobei ganz normal trifft es nicht zur Gänze, denn in einer Hinsicht bleibt er nicht am Boden. Groen ist ein leidenschaftlicher Pilot und kann sich dieses Hobby jetzt auch leisten.

Erstaunlich für jemanden, der im Jahr 2000 mit 50 Euro und der Idee Essen über das Internet bestellen zu lassen, startete. Zu einer Zeit, als das Internet noch wenig Verwendung fand und die Leitungen so langsam waren, dass sich noch kaum jemand den weltweiten Siegeszug vorstellen konnte. Deshalb erfolgten die ersten Onlinebestellungen auch hauptsächlich noch per Fax.

Danach ging es Schlag auf Schlag. In den Niederlanden ist Groen seit 2005 unbestrittener Marktführer, inzwischen bestellen dort 50 Prozent ihr Essen per Telefon und 50 Prozent über das Internet. Diejenigen, die das Internet dazu nutzen, landen fast alle bei Groen. Von diesem starken Heimmarkt aus begann er eine Expansion, die ihn nach Belgien, Luxemburg, Deutschland, Frankreich, Dänemark, die Schweiz und zuletzt Österreich geführt hat. Um diese Expansion zu finanzieren, holte er sich im Jänner zusätzliche Investoren an Bord, die 13 Millionen Euro investierten.

Hart umkämpfter Markt in Österreich
In Österreich hat er es jedoch mit harter Konkurrenz zu tun. Das Unternehmen Mjam/Willessen ist hierzulande Marktführer und auch Netkellner.at ist sehr groß. Doch eine langwierige und teure Marketing-Schlacht fürchtet er nicht: „In Österreich bestellen erst weniger als 20 Prozent der Leute Essen über das Internet. Unsere Konkurrenz ist das Telefon und nicht die anderen Internetanbieter. Es ist bei weitem genug Geschäft für alle da.“ Ein fairer und gelassener Umgang mit der Konkurrenz, der dem Jungmillionär generell zu eigen ist.

Denn Knebelverträge, die Restaurants dazu zwingen nur mehr über sein Service zu liefern, lehnt er zutiefst ab und hält sie wörtlich für „illegal“. Stattdessen möchte er schlicht mit dem besten Service punkten. Eilig hat man es jedoch nicht, damit in Österreich erfolgreich zu sein. Für beständiges und nachhaltiges Wachstum hat man auch genug Geld als Reserve. „Bis wir in Österreich profitabel sind, kann es Jahre dauern. Aber wir wollen hier die Nr.1 werden.“ Aber erste Schritte sind bereits getan. Dank einer intensiven Marketingkampagne hat sich Lieferservice.at bereits einen Namen gemacht und unter anderem bereits 35.000 Facebook-Freunde sammeln können.

Google wichtiger als Facebook
Von Facebook hält der Unternehmer dennoch nicht allzu viel. „Die Aktie ist immer noch überbewertet“, ist für ihn klar. Ihm fehlen ein klares Geschäftsmodell und der eindeutige Nutzen. „Wer auf Google nach einer Pizza sucht, will höchstwahrscheinlich eine bestellen. Wer auf Facebook Pizza liket, mag eben Pizza“, stellt er klar, weshalb Google der weit wichtigere Faktor ist. Sorge, dass ihm Google selbst einmal das Geschäft streitig machen könnte und die Lieferung von Essen selbst übernimmt, hat er dennoch nicht. Dafür hält er das Geschäft für zu komplex und für Google nicht interessant. Was aber kommen wird, ist die Verfeinerung der Suche, die jemandem der beispielsweise „Pizza Diavolo“ eingibt, gleich Restaurants die in der Nähe sind und Lieferservices, jeweils samt Preis anzeigen. Auf diese Änderungen bereitet man sich bereits intensiv vor.

Ein weiterer Trend wird die Essensbestellung über das Handy werden. Aktuell gehen bei Lieferservice.at bereits 15 Prozent aller Bestellungen über das Handy ein. Das ist im europäischen Vergleich ein sehr guter Wert, der einmal mehr zeigt, wie weit Smartphones in Österreich inzwischen verbreitet sind. Bei denen, die über das Handy zuschlagen, sind Apple-User klar in der Mehrheit. Ganze 65 Prozent der Bestellungen gehen über das iPhone ein, weit mehr als der Marktanteil dieser Geräte am Handymarkt ist.

Nicht nur Studenten als Zielgruppe
Das Essensgeschäft selbst ist schwieriger, als man es sich vielleicht vorstellt. Denn die eigentliche Herausforderung ist es, damit wirklich Geld zu verdienen und neue Kundengruppen anzusprechen. Denn, dass Studenten gerne die Essensbestellung via Internet nutzen, ist klar. Doch wie erreicht man ältere Menschen, die vielleicht auch teilweise Scheu davor haben, über das Internet zu bestellen? Groen spricht hier vom Problem, dass das Lieferservice „ein magisches Business“ sei. Der Vorgang von der Eingabe über eine Online-Bedienung bis zur Lieferung nach Hause wirkt für viele Neukunden unüberschaubar und wenig vertrauenswürdig. Deshalb setzt Lieferservice.at auf ein mehrstufiges System der Vorab-Information. Bei Aufgabe der Bestellung gibt es eine Bestätigungs-Info per SMS oder E-Mail, ebenso wenn das Restaurant die Bestellung erhalten hat und weiß wie lange es bis zur Lieferung dauert. Eine letzte Information gibt es, wenn der Lieferant das Restaurant verlässt. Diese letzte Info bestätigt dann entweder nochmals den Lieferzeitpunkt oder ändert ihn ab, falls es doch länger gedauert hat. Für Groen ist es von entscheidender Bedeutung, dass das Essen nach 30 bis spätestens 40 Minuten beim Kunden ist, da dieser ja fast immer schon hungrig ist, wenn er die Bestellung aufgegeben hat.

Auch die Qualitätssicherung bei den Restaurants ist für ihn entscheidend. Sich einen besseren Platz im Ranking zu sichern, indem man dafür zahlt, das gibt es bei ihm nicht und auch die Bewertungen von Restaurants sind nur möglich, nachdem man bereits bestellt hat. So soll ein Restaurant-Ranking entstehen, dass den Kunden nahegelegene und gut bewertete Restaurants zuerst anzeigt. Denn 80 Prozent alle Kunden wählen aus den Top-einträgen aus. Umso wichtiger ist es, dass bei diesen die Qualität stimmt.

Österreicher bestellen fünf Mal Essen pro Jahr
Sieht man sich die Kunden genauer an, so zeigt sich, dass Herr und Frau Österreicher etwa vier bis fünf Mal pro JahrEssen bestellen. Dadurch kommen etwa 200.000 Bestellungen pro Jahr zustande. Die Restaurants zahlen an Groens Firma überall in Europa denselben Preis, unabhängig von Größe oder Bestellvolumen, acht Prozent der Bestellsumme gehen an Groen, der Rest bleibt bei den Restaurants. Für Marketingaktivitäten kommt man alleine auf. Laut Groen ist das für die Restaurants aber ein gutes Geschäft, da sie sich teure Flyer-Werbung mit zweifelhafter Wirkung ersparen würden.

Für Groen wird es aber noch ein weiter Weg, bis er auch in Österreich so erfolgreich ist, wie in den Niederlanden. Denn hier gilt es noch viel auszubauen. Vorerst konzentriert sich das Lieferservice-Geschäft überwiegend auf Wien, künftig soll aber auch in den übrigen Landeshauptstädten mehr investiert werden. Groen hat es allerdings schon in vielen Ländern geschafft und ist auch nach Österreich gekommen, um zu bleiben.

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