Dem Himmel so nah

Bekannt wurde sie als TV-Beauty. Jetzt begleitet sie Menschen auf dem Weg zum Tod.

von
Cathy Zimmermann - Dem Himmel so nah

Rückblende in eine andere Welt: Vor einem halben Jahr noch verortete man Cathy Zimmermann, 30, unter den sichersten Zukunftsoptionen des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Als Moderatorin im Landesstudio Niederösterreich tätig, genoss die schöne blonde Dame österreichweite Aufmerksamkeit. Seit fast drei Jahren mit dem nicht minder ansehnlichen "Zeit im Bild"-Moderator Roman Rafreider, 42, liiert, war sie gern gesehener, omnipräsenter Gast öffentlicher Anlässe. Im Vorjahr erreichte sie die siebente Runde der "Dancing Stars" und überglänzte das Gewalze souverän.

Im Frühsommer 2011 wandelten sich plötzlich die Prioritäten: Ihre Mutter wäre im Alter von 64 Jahren beinahe an einem Darmverschluss verstorben. Während einer Autofahrt fasste die eigentlich Cathrin-Theres gerufene Tochter den lebensver­ändernden Entschluss, sich im schweren Amt der Sterbebegleitung ausbilden zu lassen. Den Lebensunterhalt bestreitet sie mit Veranstaltungsmoderationen. Mit ­Lebenspartner Roman Rafreider – Heirat und gemeinsame Kinder sind aktuell nicht vorgesehen – stellte sie sich nun einem ­berührenden NEWS-Interview. Sie spricht über die neue Berufung, die schön und ­beängstigend in einem ist.

NEWS:  Weshalb tun Sie sich diese neue, an die Grenzen gehende Aufgabe an?
Cathy Zimmermann:  Meine Mama fragt mich auch, warum ich mir das antue. Wahrscheinlich, weil sie einen sehr verkrampften Zugang zu dem Thema hat. Sie war total schockiert und hat fast geweint, als ich ihr gesagt habe, dass ich Sterbebegleitung machen möchte. Sie versteht nicht, warum ich so etwas freiwillig mache. Ich bekomme ­weder Geld für diese Tätigkeit, die ja ehrenamtlich ist, noch werde ich dadurch berühmt. Es ist wohl eine Berufung …

NEWS:  … die beim Autofahren über Sie ­gekommen ist.
Zimmermann:  Ich habe ein Plakat der Caritas Socialis mit alten Menschen drauf ge­sehen, und es hat sich bei mir ein Schalter umgelegt. In dem Moment habe ich den Tod in mein Leben gelassen.

Einen Toten zu sehen ist nicht wie schnell Semmeln holen.
NEWS:  Und wie verlief dann die erste ­Begegnung mit dem Tod?
Zimmermann:  Das war für mich ein irr­sinnig wichtiger Moment. Ich habe einen Mann, der kurz zuvor gestorben war und mit dem ich immer gescherzt hatte, berührt und mit ihm gesprochen. Ich habe länger überlegt, ob ich zu ihm gehen soll. Nicht, dass ich Angst hatte, aber einen Toten sehen ist eben auch nicht schnell Semmeln holen gehen. Für mich war das der Moment, in dem mir bestätigt wurde, dass nur mehr eine Hülle vor mir liegt, ein Körper. Der alte Mann aber war längst woanders.

NEWS:  Sie meinen, es ist nicht vorbei, wenn man stirbt?
Zimmermann:  Früher dachte ich: Du bist tot, das war’s. Mittlerweile ist das anders. Nicht, dass ich an rosa Wolken oder Engel glaube, aber wir werden die Menschen ­wiedersehen, die wir verloren haben. Es geht weiter. Die Seele oder der Geist existieren weiter. Darum habe ich auch mit dem toten Mann gesprochen. Ich bin mir sicher, er konnte es irgendwie wahrnehmen.

NEWS:  Herr Rafreider, wie gehen Sie mit der Berufung Ihrer Freundin um? Hat Sie der Entschluss ebenfalls schockiert?
Roman Rafreider:  Schockiert? Meine Güte nein! Ich war überrascht. So überrascht wie wohl alle, die Cathy gut kennen. Man würde dieser quirligen, lebensbejahenden jungen Frau wohl so ziemlich alles zutrauen, aber doch nicht jetzt plötzlich auf Sterbebe­gleitung zu machen. Klingt beim ersten Hin­hören wie ein Widerspruch, ist es aber genau nicht. Genau das Lebensbejahende hilft sowohl ihr als auch den zu Begleitenden extrem. Ich finde es wohl auch so großartig, weil ich selbst ein – sagen wir mal – "unkompliziertes" Verhältnis zum Thema Tod hab. Er macht mich irgendwie neugierig. Nur wenn es um Kinder geht, die sterben oder zurückbleiben, das geht mir dann schon extrem nahe. Und genau dorthin möchte sie sich jetzt orientieren.

NEWS:  Sie wollen in Zukunft auch todkranke Kinder begleiten?
Zimmermann:  Nein, aber trauernde Kinder, die gerade jemanden verloren haben. Es gibt den "Roter Anker", eine Einrichtung des CS Hospiz Rennweg, der auch Schulprojekte macht. Dabei wird mit Kindern in der Klasse über den Tod und die Hospiz­ arbeit gesprochen. Unter Einwilligung der Eltern. Kinder sind offener und haben einen naiveren Zugang zum Tod, den Erwachsene leider verlieren.

NEWS:  Wie erklären Sie ihnen denn den Himmel?
Zimmermann:  Davor werde ich mich hüten, zu erklären, was ich nicht wissen kann. Ich würde wohl eher mit den Kindern in deren Fantasiewelt eintauchen. Aber ich würde wohl sagen, dass man Menschen hoffentlich wiedertrifft, die man sehr, sehr lieb ­gehabt hat.

NEWS:  Gibt es einen lieben Gott im Himmel, an den Sie glauben?
Zimmermann:  Manchmal sende ich kleine Stoßgebete hinauf – wo auch immer die ­ankommen. Aber ich nenne es nicht Gott, sondern glaube an das Schicksal und dass Dinge irgendwie gelenkt werden.

NEWS:  War Ihre Entscheidung für die Sterbebegleitung womöglich ein Anzeichen von Burnout? Wollten Sie die Fernsehwelt hinter sich lassen?
Zimmermann:  Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Die Entscheidung, beim ORF Niederösterreich zu kündigen, fiel lange vor der Entscheidung, in der Sterbebegleitung tätig zu sein. Viele haben das nicht verstanden und gesagt: Jessas, das ist ihr Karriereende. Doch für mich ist es noch immer nur eine Fernsehpause. Im Herbst möchte ich die Weichen neu stellen und in der Unterhaltung beim Fernsehen arbeiten. Die Sterbebegleitung mache ich weiter. Dieses Helfersyndrom habe ich einfach in mir. Das hat schon bei einem Hund begonnen, den ich einmal aus der Tötungs­station gerettet hab.

Ich bringe der Menschheit ja eigentlich nichts.
NEWS:  Was tun Sie denn Gutes im Leben, Herr Rafreider?
Rafreider:  Ich? Hmm, jetzt, da Sie so fragen … eigentlich nichts. Ich bringe der Menschheit eigentlich gar nichts (lacht). O. k., ich versuche zumindest ein Leben zu führen, das niemandem schadet, und aus meinem Sohn einen guten Menschen zu machen. Und ich trenne Müll. Sterbebegleitung ­jedenfalls könnte ich nicht machen. Und zwar weniger wegen der Sterbenden als vielmehr wegen der Menschen, die zurückbleiben. Der Verlust ist ja das Schlimme am Tod, nicht der Tod an sich.

NEWS:  Und was halten Sie von aktiver Sterbehilfe? Sollte die in Österreich möglich werden?
Zimmermann:  Wenn man immer sehr autonom war, dann möchte man bis zuletzt bestimmen, was mit einem passiert. Das gehört zum würdevollen Sterben. Sollte man also sterbenskrank sein, ohne Aussicht auf Heilung, und davon reden wir hier, glaube ich, dass jeder die Entscheidung selbst treffen können sollte. Auch in Österreich.
Rafreider:  Ich sehe das auch so. In Wahrheit gilt beim Tod, was beim Leben gilt – meiner Meinung nach: so viel Freiheit wie möglich, so viel Gesetz und Verbot wie notwendig. Am Ende des Tages muss jeder selbst entscheiden können, was mit seinem Leben passiert.

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Super Mädel... ...so was gefällt mir...hübsch, intelligent und sozial...alle Achtung!

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