Party mit den Angepassten

Lokalaugenschein bei Österreichs größter Maturareise in der Türkei.

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    Summersplash 2012

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    Summersplash 2012

Geht scho, gemma, Voigas – drei Wochen lang Ausnahmezustand an der türkischen Riviera. Wet-T-Shirt-Contests, Alkleichen, nicht weniger als ein Sodom und Gomorrha unter 18Jährigen. Quasi drei Wochen lang "Saturday Night Fever", nur halt eben echt live. Das eigene Kind hierhin schicken? – Sicher nicht. Mit diesem Bild vor Augen tritt man an, zur "Summer Splash"-Pressereise in die Türkei. Und wird enttäuscht. Positiv.

Party-Organisation mit militärischer Präzision.
"Summer Splash", das ist Massenbespaßung mit nahezu militärischen Präzision (und Disziplin). Schon Wochen zuvor beginnt das "Splashline"-Team um Maturareisen-Mastermind Dietmar Tunkel mit dem Aufbau des technischen Equipments, vier Partyfloors werden fit for Fun gepimpt, Sportfelder auf dem 1,5 Kilometer langen Sandstrand des All Inclusive-Clubs "Pegasos" errichtet. Tunkel, der die Maturasause vor 13 Jahren erfand: "Wenn 'Summer Splash 2012' vorbei ist, schläft das Team mal eine Woche – danach beginnt schon die Planung für das nächste Jahr." Allein die Logistik rund um An- und Abreise treibt den Event-Managern die Schweißperlen auf die Stirn: Jeden Samstag reisen 4.000 Jugendliche ab, treffen 4.000 Jugendliche am kleinen Flughafen von Antalya ab. Welchen organisatorischen Wahnsinn das bedeutet, wird klar, wenn man mit Maturant Roland aus Krems spricht: "Zwei aus unserer Klasse haben ihren Koffer am Flughafen nimmer g'funden. Und eine wollt dann plötzlich in ein anderes Zimmer."

"Anschissrunde" um 9 Uhr morgens.
Koffer weg, falsches Zimmer – ins Reine bringen müssen derlei Dramen unter anderem die 300 "Mates" (manche würden auch sagen "Ordner"). Viele "Mates" waren im letzten Jahr selbst als Maturareisende hier – für einen Job in der nächsten Saison kann man sich gleich vor Ort bewerben. Sie sind jung, fesch – und halten die Jugendlichen auch ohne autoritäres "Security"-Gehabe im Griff. Und das in einem Club, in dem Jugendliche sieben Tage lang 24 Stunden feiern. Hat einer doch mal zu viel getrunken, ist sofort ein "Mate" zur Stelle: "Ich glaub', du hattest ein bisserl zuviel. Vielleicht solltest mal kurz ein wengerl ins Zimmer."

Wer sich daneben benimmt, hat nur kurz was zu lachen. Jeden Morgen um 9 Uhr findet die "Anschissrunde" statt (ja, die heißt tatsächlich so). Dort zum Rapport antreten muss, wer die Regeln von "Summer Splash" missachtet. Die da wären: Keine Dosen, Flaschen, Gläser oder andere Gegenstände in den Pool schmeißen. Nicht am Gelände pinkeln. Aggressives Verhalten. Wer zuwiderhandelt, bekommt die "Gelbe Karte". Beim zweiten Verstoß: "Rot" – und sofortiger Heimflug auf eigene Kosten.

Oft kommt derlei aber ohnedies nicht vor. Party ja – Exzess nein. Kaum einer der Jugendlichen ist wirklich hackevoll. Denn an den Bars bekommt man pro Order nur vier Becher. Die sind klein – und maximal halbvoll. Die Kellner sind nicht allzu flott, der Andrang an den Bars riesig. Wirklich "zua werden wie am Feuerwehrfest", wie es Maturantin Nadine formuliert, fällt darob schwer. Braucht es aber auch nicht. Denn als Ersatz fürs (eventuell von ihnen erhoffte) Massenbesäufnis werden die 18Jährigen rund um die Uhr bespaßt.

Programm rund um die Uhr.

Über 2,5 Millionen kostet Dietmar Tunkel das Entertainment-Programm, diesmal mit Star-DJs wie dem 22jährigen Hitparaden-Wunder AVICII und Mike Candys. Das Nachmittagsprogramm wird durch Antonia aus Tirol bestritten – wer hierzu nicht im Biergarten anschunkelt, hat Fun am Pool oder beim Beachvolleyball und Fußball am sogenannten "Muscle Beach". Eine Gruppe junger Burgenländer versucht, sich wie Maulwürfe ein Loch zur Erdmitte zu buddeln. "Sorry, Jungs, der Strand darf nicht zerstört werden". Ein Mate, eh klar. Die Burgenländer spuren. Das tun sie alle, diese Jugendlichen. Egal, ob sie bei der Ö3 Beachmania brav auf Kommando die Hände von links nach rechts schwingen, oder ob sie gesittet zum Abend-Buffet antreten. Das hat bis in die Morgenstunden geöffnet. 50.000 Hamburger, 30.000 Pizzen und 70.000 Liter Softdrinks verputzen die Maturanten während "Summer Splash."

Wohin die Kalorien wandern? Man sieht es nicht. Trainierte Hardbodys und schlanke Wadeln wo man hinschaut.

Seelsorgerin im Party-Paradies.
"Das habe ich echt unterschätzt: Wie sehr es den Jugendlichen ums Präsentieren geht, wie wichtig Äußerlichkeiten hier sind", sagt die Theologin Katharina Brandstetter. Erstmalig unterstützt mit ihr heuer eine Seelsorgerin das "Summer Splash"-Ärzteteam. "Die Jugendlichen haben das Bedürfnis, manchmal mit einer neutralen Person zu sprechen, die ihnen einfach zuhört." Die Probleme: Liebeskummer bei den Mädels, Selbstzweifel bei den Jungs: "Warum schleppe ich keine ab?" Und manchmal auch Ängste vor der Zukunft. Seelsorgerin Brandstetter: "Die Matura in der Tasche kommt plötzlich ein großes Fragezeichen. Die Welt scheint offenzustehen, manchmal fehlt der Plan – und der Druck durch die Eltern ist auch da." Ein wenig Alkohol – und schon werden aus kleinen Dramen echte Tragödien. Viel zu tun hatte Katharina Brandstetter bislang nicht. Veranstalter Dietmar Tunkel: "Die Jugendlichen sind irrsinnig angepasst und brav. Wenn ich mich da an meine Maturareise erinnere, das hat schon anders ausgesehen."

Als einziger "Freak" sticht der 18jährige Georg aus der Steiermark ins Auge. Rein äußerlich. Er ist von der Nasen- bis zur Zehenspitze mit Edding beschmiert. 200 Unterschriften am Körper – das war die Wette. Der Einsatz: Eine Palette Bier, eh klar. Hat er gewonnen, dafür sieht er jetzt wie ein Alien aus. Was seine Mutter sagen wird, wenn er so bemalt nach Hause kommt? "Ah geh," sagt der angehende Tourismusmanagement-Student. "Es ist ja nur ein Spaß – und weh tut’s auch niemanden." Besser kann man "Summer Splash 2012" auch wirklich nicht beschreiben.

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