Im Bus von Donezk nach Charkiw

Von der weiten Steppe, knappen Abständen und der Kernaufgabe von Tankstellen

Wenn man von Donezk nach Charkiw fährt, um das Spiel Deutschland gegen die Niederlande zu besuchen, dann hat man über 300 km lang die Möglichkeit, sich die die Ukraine anzusehen. Und - wenigstens in diesem kleinen Ausschnitt im Osten des Landes - man muss sagen: Schön, aber irgendwie verwackelt - das könnte aber auch an der Straße gelegen haben.

von NEWS.AT EURO-Tagebuch - Im Bus von Donezk nach Charkiw © Bild: NEWS.AT/Patrick Fischer

Schnell wird nämlich klar, warum hier bestenfalls 100 km/h erlaubt sind. Bei Tempo 130 müssten Sie schon eine sehr optimistische Einschätzung ihrer Stoßdämpfer haben. Oder Mut. Am besten aber beides. Innerhalb der erlaubten Höchstgeschwindigkeit hat man im wesentlichen aber keine Probleme. Ich würde übrigens gerne mal die GTI-Gemeinschaft vom Wörthersee auf der Strecke Donezk-Charkiw sehen: Das wäre ein Ausscheidungsrennen für die Ewigkeit.

Wirklich interessant ist auch folgendes: Was in Österreich dazu dient, Fahrstreifen voneinander zu trennen, dürfte auf den ukrainischen Überlandstraßen bestenfalls ein unverbindlicher Vorschlag sein. Anders sind Überholmanöver, die man so zuletzt bei Eddie Irvine gesehen hat, nicht zu erklären. Der französische Kollege, der im Bus hinter mir saß und direkten Blick durch die Windschutzscheibe genoss, war jedes mal aufs Neue fassungslos, wenn wieder einmal kurzfristig aus zwei einfach vier Spuren gemacht wurden. Bei Vollgas, versteht sich.

Viel Platz für die Landschaft
Um aber noch einmal zur Landschaft zurückzukommen - in einem Wort: Steppe. Aber wenn man das mag, sehr schön. Herrlich weitläufig, satt grün, leicht hügelig - und wahnsinnig viel Platz. Kein Wunder, wenn man bedenkt, dass wir uns in Österreich zu hundert pro Quadratkilometer drängeln, sich aber im Schnitt nur 70 Ukrainer auf der gleichen Fläche sammeln. Da bleibt eben viel Raum für Landschaft.

Und noch eine schöne Entdeckung konnte ich machen: In der Ukraine gibt es tatsächlich noch Tankstellen, die nur dem Automobil dienen. Der Fahrer ist hier zweitrangig. Statt dem Mini-Supermarkt gibt es dann eine Werkstatt. Will heißen: Das Auto kann Ihnen gerne verrecken, wenn Sie von Donezk nach Charkiw fahren. Das kriegen die hier schon hin. Die Milch für Ihren Kaffee sollten Sie aber - vor allem Sonntags - unbedingt dabei haben.