Kirche stürmt soziale Netzwerke

US-Geistliche bei Twitter erfolgreicher als Lady Gaga. Erste Schritte in Österreich.

Glaubensgemeinschaften entdecken die sozialen Medien für sich und sind damit sehr erfolgreich. Die frommen Botschaften ziehen zwar nicht so viele Menschen an wie jene von Persönlichkeiten aus der Popkultur, die Resonanz ist aber ungleich höher. Twitter-Mitarbeiter haben herausgefunden, dass einige evangelikale US-Geistliche - gemessen an Retweets und Antworten auf Botschaften - mit ihren Meldungen 30 Mal erfolgreicher sind als Lady Gaga, wie die New York Times berichtet. Twitter hat deshalb entschieden, die religiöse Verwendung des Netzwerks bewusst zu fördern. Auch heimische Kirchen setzen auf Social Media.

von Soziale Netzwerke - Kirche stürmt soziale Netzwerke © Bild: Getty/Thinkstock

"Erhebungen aus den USA lassen sind nicht auf den deutschsprachigen Raum umlegbar. Religion wird in den Vereinigten Staaten anders gelebt. Die Ausdrucksformen sind bei uns weniger exzessiv. In Amerika gibt es religiöse Facebookseiten, die so viele Fans haben wie Coca Cola. Religion ist dort stärker mit Öffentlichkeit verknüpft", relativiert Andrea Mayer-Edoloeyi, Social-Media-Beauftragte der Diözese Linz. Trotzdem gewinnen soziale Netzwerke auch in Glaubensgemeinschaften hierzulande stetig an Bedeutung.

Geistliche Social-Media-Struktur erst im Aufbau
"In Österreich gibt es einige Diözesen, Pfarren und andere kirchliche Organisationen, die Social-Media-Accounts betreiben. Vor allem Facebook ist sehr beliebt. Das wichtigste in der religiösen Kommunikation ist der persönliche Kontakt. Soziale Medien eignen sich sehr gut, um ins Gespräch zu kommen. Für die Kirche ist es strategisch wichtig, die Leute im Netz zu Diskussionen über Glaubensthemen zu animieren", so Mayer-Edoloeyi. Anders als in den USA werden kirchliche Social-Media-Auftritte bei uns meist nicht von Geistlichen betrieben.

"Wie bei anderen Non-Profit-Organisationen entwickelt sich das Thema Social Media in der Kirche gerade. Die meisten Diözesen sind mittlerweile bei Facebook. Die Betreuung obliegt den Kommunikationsabteilungen. Das Angebot ist noch ausbaufähig, wir lernen aber stetig dazu und setzen neue Schritte", erklärt Mayer-Edoloeyi. Eine dezidierte Social-Media-Betreuerin gibt es in Österreich momentan nur in der Diözese Linz.

Dezentrale Ausrichtung
"Ich sehe meine Aufgabe als Social-Media-Beauftragte darin, Gläubige und Ehrenamtliche bei ihren Online-Aktivitäten zu unterstützen. Ich helfe auch beim Aufbau eines Netzwerks. Natürlich kommuniziere ich auch selber, aber die Glaubenskommunikation via Social Media kann eigentlich nur dezentral funktionieren, sonst geht das persönliche Element verloren. Viele Menschen, die ihren Glauben online ausleben, nutzen ihre persönlichen Netzwerke", erläutert Mayer-Edoloeyi ihre Herangehensweise.

In den USA versenden die Geistlichen vor allem Bibelzitate, die den Gläubigen als Inspiration und Anleitung dienen sollen, via Twitter. 15 Prozent der US-Amerikaner sind laut dem Pew-Research Center bei Twitter registriert. Im deutschen Sprachraum wird dieser Wert zwar nicht erreicht, als Kanal für spezielle Zielgruppen sind soziale Medien aber auch hier attraktiv.

Social-Media-Beauftragte: Qualität steht vor Quantität
"Die sozialen Medien eröffnen der Kirche neue Möglichkeiten mit jungen Menschen zu kommunizieren. Das ist keine Anbiederung, denn die Kommunikation ist dieselbe wie vor 20 Jahren. Wenn etwa einige Jugendarbeiter in Kontakt zu ihren Anvertrauten stehen, hat sich nur der Kanal geändert, im Zentrum stehen weiterhin persönliche Beziehung und Begleitung. Die Social-Media-Auftritte sollen auch nicht von anderen Problemen ablenken. Andere Reformen werden nicht vernachlässigt", sagt Mayer-Edoloeyi.

Die Geistlichen selber verwenden soziale Medien in Österreich großteils für persönliche Zwecke. "Einige Priester sind persönlich bei Facebook vertreten, bis auf den Wiener Dompfarrer jedoch meist als Privatpersonen", so die Fachfrau. Es gebe ein erhöhtes Interesse an den Online-Auftritten der Amtsträger, das heiße aber nicht, dass sie deshalb im Netz präsent sein müssen. "Nur diejenigen, die soziale Medien gerne verwenden, sollen das auch tun. Der Jugendbischof etwa ist mit seinem Blog sehr aktiv. Beziffern lässt sich die kirchliche Social-Media-Aktivität schwer. Ich glaube, dass Qualität in diesem Fall wichtiger ist als Quantität", so Mayer-Edoloeyi.