"Habe ja nichts zu verschenken"

Lobbyist im NEWS-Interview: Über Jagdeinladungen, Millionen und Blaulichtfunk

von Alfons Mensdorff-Pouilly - "Habe ja nichts zu verschenken" © Bild: NEWS/Markus R. Leeb

NEWS: Herr Mensdorff, Manager, Beamte und Politiker waren Ihre Jagdgäste im Burgenland und in Schottland. Diese Personen haben jetzt Erklärungsbedarf. Ist Ihnen das peinlich?
Alfons Mensdorf-Pouilly: Eine interessante Fragestellung, die einen Vorwurf impliziert. Es ist bekannt, dass ich Jagdunternehmer bin. Ich veranstalte Gesellschaftsjagden. Die können Sie bei mir buchen, wenn Sie Jäger sind. Es gibt keinen weiteren Erklärungsbedarf.

NEWS: Im parlamentarischen Korruptions-Untersuchungsausschuss sieht man das offensichtlich völlig anders. Dort meint man, die Jagdeinladungen bei Ihnen seien der Rahmen für Absprachen und Korruption gewesen.
Mensdorf-Pouilly: Man muss den Korruptionsausschuss als das sehen, was er ist. Nämlich nicht nur ein Ort der Aufklärung und Wahrheitssuche. Das mag er auch sein, und es gibt sicher einige Leute dort, die dieses Ziel redlich verfolgen. Aber diese öffentlichen Befragungen sind auch eine Bühne für Politiker, die sich selbst inszenieren, indem sie alle möglichen Vorwürfe in den Raum stellen. Das ist erlaubt. Ob solche Vorverurteilungen fair sind, ist eine andere Sache.

NEWS: Ist das nicht ein wenig wehleidig?
Mensdorf-Pouilly: Das ist eine nüchterne Analyse. Manchen ist es wichtiger, öffentlich Fragen zu stellen, als die Antwort zu hören.

NEWS: Sie gelten als eine der Schlüsselpersonen.
Mensdorf-Pouilly: Ich habe nie Wert darauf gelegt, everybody’s darling zu sein. Dass meine Ehefrau ÖVP-Ministerin war, spielt eine große Rolle. Mich zum Bösen zu stempeln gehört zur politischen Inszenierung.
Die einen gehen jagen, andere kaufen eine Loge am Opernball.
NEWS: Haben Sie sich auf die Befragung im Ausschuss vorbereitet?
Mensdorf-Pouilly: So gut es in der einen Woche seit der Ladung neben der Arbeit gegangen ist. Ich nehme den Korruptionsausschuss ernst. So ich Antworten geben kann, will ich jenen helfen, die nach der Wahrheit suchen. Wer sein Urteil schon gefällt hat, der wartet nicht auf meine Aussage.

NEWS: Sprechen Sie von Peter Pilz?
Mensdorf-Pouilly: Das haben Sie gesagt. Jeder kann sich selbst ein Bild machen. Die Befragungen sind ja öffentlich.

NEWS: Kommen wir zurück zur Jagd. Wie wird man von Ihnen zur Jagd eingeladen?
Mensdorf-Pouilly: Ich lade nicht ein. Wie sagt es Niki Lauda: Ich habe ja nichts zu verschenken. Das Ganze ist ein Geschäftsmodell.

NEWS: Wie funktioniert das?
Mensdorf-Pouilly: Als Land- und Forstwirt besitze ich Jagdgründe. Wenn Sie eine Eigenjagd besitzen, bekommen Sie behördlich vorgeschrieben, wie viel von welchem Wild jährlich zu erlegen ist. Manche verkaufen einzelne Abschüsse. Ich organisiere im Burgenland und in Schottland die Jagd samt Aufsicht und einen gesellschaftlichen Rahmen.

NEWS: Wie sieht so ein Rahmenprogramm aus?
Mensdorf-Pouilly: Das kann ein Tee nach der Jagd oder ein gemeinsames Essen sein, aber auch eine Übernachtung samt festlichem Abendessen.

NEWS: Was kostet eine Jagdeinladung?
Mensdorf-Pouilly: Nicht mehr als eine Loge am Opernball.

NEWS: Die Telekom hat für eine Jagd gut 70.000 Euro bezahlt, oder?
Mensdorf-Pouilly: Sie können eine Rebhuhnjagd um 5.000 Euro buchen oder eine sehr aufwendige Jagd auf Wildschweine, die samt Übernachtung und Essen auf gut 4.000 Euro pro Person kommt.

NEWS: Kann man den Preis noch verhandeln?
Mensdorf-Pouilly: Wenn Sie zwei nehmen, schon.

NEWS: Zwei Rebhühner?
Mensdorf-Pouilly: Zwei Jagden.

NEWS: Und wenn man zu Ihnen nach Schottland will, kommen die Flugkosten dazu?
Mensdorf-Pouilly: Ja, 60 Euro für einen Billigflug oder mehr für ein Erste-Klasse-Ticket.

NEWS: Oder einen Privatjet.
Mensdorf-Pouilly: Auch das.

NEWS: Warum leistet man sich so etwas?
Mensdorf-Pouilly: Warum gehen Leute auf den Opernball und vorher auf ein Dinner? Warum besuchen Leute die Festspiele und übernachten in Salzburg? Weil es ein besonderes Ereignis ist.

NEWS: Ist es auch ein Rahmen, um Geschäfte zu machen?
Mensdorf-Pouilly: Mit Charme hat Österreich schon immer Politik gemacht und Geschäfte eingefädelt.

NEWS: Der Vorwurf lautet Korruption, nicht Charme.
Mensdorf-Pouilly: Eine Gesellschaftsjagd eignet sich nicht für Korruption. Dafür kommen zu viele Leute zusammen.

NEWS: Warum ist es geheim, wer bei Ihnen zu Gast war?
Mensdorf-Pouilly: Es macht ja auch nicht jedes Unternehmen öffentlich, wer zum Opernball oder zum Hahnenkammrennen samt VIP-Pass eingeladen wird. Ich überlasse es meinen Kunden, darüber zu reden.

NEWS: Es sind auch gekrönte Häupter darunter: Das wäre doch gut für Ihr Geschäft, wenn man weiß, dass schon Könige bei Ihnen waren, oder?
Mensdorf-Pouilly: Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, schätzen in der Freizeit Privatsphäre.

NEWS: Die Jagd hat einen anderen Nimbus als eine Einladung zu den Salzburger Festspielen oder zum Beachvolleyball. Weil man dabei bewaffnet ist?
Mensdorf-Pouilly: Bei der Jagd erlegt man Wild. Das war zwar schon zur Urzeit der Menschheit so, aber es ist aus unserem Alltag ausgeblendet.

NEWS: Vertraut man einem Jagdfreund mehr als anderen?
Mensdorf-Pouilly: Ich nehme an, das ist so wie unter Bergsteigern oder Golfern.

NEWS: Zeigt die Jagd den Charakter eines Menschen?
Mensdorf-Pouilly: Ja. Ein Mensch, der gefestigt ist, genießt die Natur und die Spannung der Jagd.

NEWS: Kommen wir wieder zum geschäftlichen Hintergrund von Jagden: Ist eine Einladung von hohem Wert eine Bestechung?
Mensdorf-Pouilly: Für mich ist es Bestechung, wenn der Unternehmer Maier dem Beamten Müller Geld gibt und deshalb einen Auftrag bekommt. Dazu braucht man keine Jagdeinladung, wo noch dazu zehn andere zuschauen. Eine Jagdeinladung ist keine Bestechung.
Den Ernst Strasser habe ich nie eingeladen. Er ist kein Jäger.
NEWS: Wäre es verwerflich, sich Geschäfte zuzuschanzen oder bei Genehmigungen großzügig zu sein?
Mensdorf-Pouilly: Kein Unternehmen kann es sich leisten, zu teuer, also über dem Marktpreis, zu bezahlen. Wenn man sich vom Jagen, Golfen oder Radfahren kennt und sich daher vertraut, wird man eher versuchen, miteinander ins Geschäft zu kommen. Da muss aber auch der Preis passen. Und kein Politiker kann heute für einen Freund Ausnahmegenehmigungen erwirken. Das wäre politischer Selbstmord.

NEWS: Warum will man dann per Gesetz verbieten, dass Politiker, Beamte und Beschäftigte in teilstaatlichen Unternehmen künftig Einladungen von hohem Wert annehmen?
Mensdorf-Pouilly: Ich will nichts verbieten. Aber wenn es Gesetz ist, wird man sich daran halten, das ist ja selbstverständlich.

NEWS: Welche Regierungsmitglieder waren als Jagdgäste bei Ihnen?
Mensdorf-Pouilly: Mir fällt keiner ein.

NEWS: War nicht Monika Forstinger in ihrer Ministerzeit auf Einladung des damaligen Nationalratspräsidenten Thomas Prinzhorn hier jagen?
Mensdorf-Pouilly: Wenn Sie das wissen.

NEWS: War Ernst Strasser hier?
Mensdorf-Pouilly: Nicht zum Jagen, er ist kein Jäger. Soweit ich mich erinnere, hat ihn meine Frau als Regierungskollegen zum Essen eingeladen.

NEWS: Wie viele Jagden hat die Telekom bei Ihnen gebucht?
Mensdorf-Pouilly: Zwei.

NEWS: Pro Jahr?
Mensdorf-Pouilly: Nein, insgesamt zwei Jagden.

NEWS: Das waren die beiden Wildschweinjagden, von denen eine rund 70.000 Euro, die andere 77.000 gekostet hat?
Mensdorf-Pouilly: Ebendiese.

NEWS: Und was ist mit dem Jagdausflug nach Schottland?
Mensdorf-Pouilly: Da hat die Telekom nur den Flug bezahlt.

NEWS: Und die Jagd?
Mensdorf-Pouilly: Die wurde gar nicht bezahlt.

NEWS: Was bringt es der Telekom, Jagden zu veranstalten?
Mensdorf-Pouilly: Das, was auch andere Firmenevents bringen: Motivation, Auszeichnung, Belohnung, und immer ist das Ziel letztendlich mehr Geschäftserfolg. Davon lebt eine ganze Branche samt Kunst und Kultur.

NEWS: Welche Telekom-Vorstände waren bei Ihnen jagen?
Mensdorf-Pouilly: Gernot Schieszler war als Gastgeber der beiden Jagden da.

NEWS: Was ist mit Boris Nemsic, Heinz Sundt und Rudolf Fischer?
Mensdorf-Pouilly: Nein. Soweit ich weiß, sind sie keine Jäger.

NEWS: Sie haben ja noch einen ganz anderen Geschäftszweig: Ihre Consultingfirma MPA.
Mensdorf-Pouilly: Ja, das ist richtig: die MPA mit zwei Tochterfirmen in Prag und in Budapest.

NEWS: Wovon leben Sie – von der Land- und Jagdwirtschaft oder von Ihrer Beratungsfirma?
Mensdorf-Pouilly: Ich hatte immer mehr von der MPA gelebt, jetzt aber mehr von der Landwirtschaft. Die MPA schreibt eine schwarze Null. Aber das Geschäft ist weniger geworden.

NEWS: Wie viele Kunden berät die MPA?
Mensdorf-Pouilly: Früher waren es rund 14 Unternehmen, heute sind es vier.

NEWS: Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Mensdorf-Pouilly: Sechs Mitarbeiter sind es in Wien. Wir arbeiten jetzt in Wien auch mehr für die Forstverwaltung. Ich habe das Geschäft in Wien konzentriert und musste keinen Mitarbeiter entlassen.
Die 1,1 Mio. Euro von der Telekom liegen noch immer am Konto.
NEWS: Warum ist das Geschäft weniger geworden?
Mensdorf-Pouilly: Zum einen ist es die Krise, zum anderen ist die Publizität dem Geschäft abträglich. Aber ich selbst brauche nicht viel.

NEWS: Mit wie viel Geld kommen Sie aus?
Mensdorf-Pouilly: Wenn ich alle Ausgaben mit Auto und Handy nehme, brauche ich im Monat rund 3.000 Euro.

NEWS: Sie haben mit der Consultingfirma Millionen verdient. Was ist Ihr Geschäftsmodell?
Mensdorf-Pouilly: Vereinfacht erklärt: Ich kenne mich in vielen Bereichen und Ländern aus und weiß, mit wem man reden muss. Das sind oft Abendessen oder gesellschaftliche Anlässe, bei denen man viel erfährt, indem man Menschen kennt und frägt.

NEWS: Und das ist dann 1,1 Millionen Euro wert?
Mensdorf-Pouilly: Das kann noch viel mehr wert sein. Es kommt darauf an, was der Nutzen für den Auftraggeber ist. Wenn dieser beispielsweise um 20 Millionen Euro eine Firma in Rumanien kaufen will und durch mich erfahrt, dass diese Firma nur funf Millionen wert ist, hat er sich viel Geld und Arger erspart.

NEWS: War das konkret bei der Telekom der Fall?
Mensdorf-Pouilly: Uber den konkreten Auftrag darf ich nicht sprechen. Das war nur ein Beispiel.

NEWS: Haben Sie auch für den Blaulichtfunk gearbeitet?
Mensdorf-Pouilly: Nie direkt. Ich habe fur die Telekom Austria, die nicht im Tetron-Konsortium mit Motorola und Alcatel Lucent war, unter anderem Interessen gegenuber dem Konsortium wahrgenommen. Mit der Ausschreibung hatte ich nichts zu tun.

NEWS: Man unterstellt Ihnen, Sie hätten beim Blaulichtfunk mitgemischt und dafür gesorgt, dass Siemens den Auftrag verliert und das Tetron-Konsortium von Motorola und Alcatel ihn bekommt. Dafür sollen Sie Millionen kassiert und an die Politik verteilt haben.
Mensdorf-Pouilly: Das weise ich entschieden zurück. Es gibt gleich mehrere Ungereimtheiten. Das Siemens-Konsortium soll technische Probleme gehabt haben. Und solche Fähigkeiten, einen vergebenen Auftrag jemand anderem zuzuschanzen, wird man mir bei aller Böswilligkeit kaum zugestehen.

NEWS: Sie erwähnten mehrere Ungereimtheiten?
Mensdorf-Pouilly: Ja. da ware auch noch das Geld: Die 1,1 Millionen Euro von der Telekom sind ja noch immer da, am Konto der MPA Budapest. Ich habe mit dem Geld damals die Kaution in England bezahlt.

NEWS: Aber jetzt ist es wieder da, oder?
Mensdorf-Pouilly: Ja, es ist wieder da und liegt am Konto. Also kann ich es gar nicht verteilt haben.

NEWS: Können Sie es sich leisten, 1,1 Millionen Euro liegen zu lassen?
Mensdorf-Pouilly: Wir wirtschaften derzeit extrem sparsam. Das Geld ist da, um die Kosten zu decken, auch Anwaltskosten.

NEWS: Wie hoch sind Ihre Anwaltskosten bisher?
Mensdorf-Pouilly: Rund eine halbe Million Euro.

NEWS: Wie kommt man zu einem Vermögen wie dem Ihren?
Mensdorf-Pouilly: Indem man erbt, sehr viel arbeitet und gute Mitarbeiter hat.

NEWS: Mussten Sie Risiken eingehen?
Mensdorf-Pouilly: Ja, ich habe das Haus in Luising gebaut und musste dafür einen Kredit bei der roten P.S.K. aufnehmen.

NEWS: Wie lange haben Sie gebraucht, um den Kredit zurückzuzahlen?
Mensdorf-Pouilly: Zwanzig Jahre.

NEWS: Das Schloss war eine gute Investition?
Mensdorf-Pouilly: Ja, das Haus war der Grundstein fur das Jagdunternehmen. So habe ich aus der Forstverwaltung ein profitables Geschäft gemacht.

NEWS: Womit wir wieder bei der Jagd wären.
Mensdorf-Pouilly: Zu der ich voll und ganz stehe.

Wie Alfons Mensdorff die Jagd, das Geschäft und die Politik
geschickt miteinander verquickt hat: Lesen Sie die vollständige Story im aktuellen NEWS Nr. 12/12!

Kommentare

Ach ja,... Das Geschäft und DIE FIRMA scheinen ja gut zu laufen bei Herrn Mensdorff, aber DAS SCHWEIGEN DER (Unschulds)LÄMMER dauert an und DER PATE Alfons und viele Politiker sind wohl ZIEMLICH BESTE FREUNDE , drum lacht er sich jetzt ins Fäustchen und denkt sich: „CATCH ME IF YOU CAN, hihi“. Das wehleidige Geraunze gegenüber den Medien gehört natürlich zum INSIDE JOB.

Aber Gott sei Dank kommt jetzt SCHINDLERS..sorry Spindeleggers LISTE mit dem neuen Verhaltenskodex und dann wird endlich DIE VERBLENDUNG aller Protagonisten bis hin zum LETZTEN MOHIKANER einer neuen Moral weichen ( oder auch nicht). Ob’s irgendwann auch mal PAYBACK- einen ZAHLTAG gibt, könnte ja Alfons bei der ZIB2, wenn (D)ER dann MIT DEM WOLF TANZT dem Armin vielleicht verraten. Schau ma mal;-))

Lobbyist Was ist das eigentlich für ein Beruf! Wenn ich seinerzeit meinem Vater erklärt hätte, ich will Lobbyist werden, hätte er mich gefragt, was das ist. Das hat es in meiner Jugend noch nicht gegeben. Wenn mein Vater gewusst hätte, was das ist, hätte ich eine saftige Watsch´n bekommen. Und dann glauben diese Leute noch, sie würden "arbeiten". In welch dekadenter morbiden Gesellschaft leben wir eigentlich?

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