Der reinste Albtraum

Wenn dich im Schlaf das Böse holt... Mysterium um Sudden Death Syndrome geklärt?

Stellen Sie sich vor, Sie wachen mitten in der Nacht auf, liegen im Bett, können sich aber nicht bewegen, während ein Wesen mit glühenden Augen auf ihrer Brust hockt und Ihnen das Atmen erschwert. Die meisten würden in einer Situation wie dieser Todesfurcht verspüren. Einige sterben dabei tatsächlich.

von Seltene Krankheiten - Der reinste Albtraum © Bild: Corbis

Lange Zeit rätselte man, wie es sein kann, dass - auch junge - Personen ohne jeglichen physischen Grund im Schlaf sterben. Die Rede ist vom "Sudden Death Syndrome", das auffällig oft bei der aus Laos stammenden Volksgruppe der Hmong beobachtet wurde. Shelley Adler, Professorin an der University of California, hat laut "20min.com" eine Theorie entwickelt, die dieses Mysteriums klären soll.

Geheimer Krieg
Zur Zeit des Vietnamkriegs führte die USA eine Geheimoperation in Laos durch. Ziel war es, die Versorgungsroute der Vietcong durch heftige Bombardements zu zerstören. Die Hmong waren es, die den Bodeneinsatz für die USA übernahmen. Als die Kommunisten 1975 den Kampf für sich entschieden, flohen viele Hmong in die USA. Dort wurden sie, verstreut in alle Himmelsrichtungen, angesiedelt. Schon bald darauf starben die ersten von ihnen im Schlaf. Dabei handelte es sich in 116 von 117 Fällen um völlig gesunde Menschen. Wie ist das möglich?

Wachträume
Shelley Adler geht bei ihrer Theorie vom Phänomen des "Wachträumens" aus: Während man träumt, hat man das Gefühl, hellwach zu sein. Das liegt an einer Fehlschaltung im Gehirn, das eigentlich Körper und Geist im Schlaf trennen sollte. Nun glaubt man zwar, wach zu sein, ist es aber nicht. So kann man sich auch nicht bewegen, was ja durchaus Sinn macht. Denn würden wir während der REM-Phase alle Bewegungen, die wir erträumen, ausführen, blieben wir keine fünf Minuten lang im Bett liegen. 15 bis 25 Prozent der Menschen haben diesen Zustand mindestens ein Mal im Leben erfahren.

Wenn die Angst kommt...
Wachträumen an sich ist nicht schlimm, wird aber gefährlich, wenn man es mit der Angst zu tun bekommt. Nicht selten haben Wachträumer das Gefühl, etwas Böses sei in der Nähe. Sie glauben eine Präsenz zu spüren, Gerüche, Schritte und Schatten wahrzunehmen und glühende Augen zu sehen. Oft haben sie das Gefühl, etwas säße auf ihrer Brust. Sie haben Mühe zu atmen und durchleben Todesängste.

Nocebo-Effekt oder Wenn der Glaube tötet
Was der Glaube allein bewirken kann, kennen wir vom Placebo-Effekt. Während wir bei der Einnahme eines Placebos auf dessen positive Wirkung vertrauen und sich dieses dann auch entsprechend positiv auswirkt, ist beim Nocebo-Effekt genau das Gegenteil der Fall. Glaubt der Betroffene an die negative Konsequenz einer Sache, reagiert der Körper auch ohne jegliche physische Grundlage auf entsprechend negative Weise. Je stärker der Glaube, desto größer die Wirkung.

Geister holen sie im Schlaf
Nun vertrauen die Hmong auf den Schutz durch Dorfgeister oder die Geister ihrer Ahnen. Wer allerdings nicht ordentlich betet, bei religiösen Ritualen nachlässig ist oder keine Opfergaben darbringt, wird von ihnen nicht mehr beschützt und ist den bösen Geistern ausgeliefert. Die wiederum kommen im Schlaf, um den Nachlässigen zu holen. In einem Fall wie diesem rufen die Hmong für gewöhnlich einen Schamanen. Da die Volksgruppe in den USA aber so versprengt ist, ist es ihnen oft nicht möglich, traditionelle Riten durchzuführen. In ihrem Glauben sind sie den bösen Geistern hilflos ausgeliefert. Ist der Glaube stark genug, träumen sie sich quasi zu Tode.

Für uns gefährlich?
Heißt das, wir müssen künftig um unser Leben bangen, wenn wir uns zu Bett begeben? "Die gleichen biologischen Prozesse an unterschiedlichen Orten haben unterschiedliche Effekte auf die Leute", entwarnt Adler. Außerdem kommt es nur dann zum Sudden Death Syndrome, wenn der Glaube auch wirklich stark genug ist. Man müsse sich also keine Sorgen machen, einfach so dahingerafft zu werden. In diesem Sinne: Schlafen Sie auch heute Nacht gut!

Buchtipp: Sleep Paralysis: Night-mares, Nocbos, and the Mind Body Connection von Shelley Adler, erschienen bei Rutgers Univ Pr

Weiterführender Link: 20min.com