Prozess nach Baby-Entführung vor Gericht: Zurechnungsfähigkeit wird Hauptstreitfrage

War Tirolerin wirklich nicht zurechnungsfähig bei Tat? Angeklagte auch wegen anderer Delikte vor Gericht

Prozess nach Baby-Entführung vor Gericht: Zurechnungsfähigkeit wird Hauptstreitfrage

Staatsanwältin Renate Nötzold verwies zum Prozessauftakt darauf, dass sich die Angeklagte "tatsachengeständig" zeigen werde. "Meine Mandantin wird geständig sein", bestätigte auch Verteidiger Mathias Kapferer. Im Zuge des Verfahrens wolle er die zum Tatzeitpunkt nicht gegebene Zurechnungsfähigkeit beweisen. Die 33-Jährige habe vor der Kindesentführung eine Fehlgeburt erlitten und an einer "posttraumatischen Störung" gelitten, erklärte Kapferer im Eröffnungsplädoyer.

Große Fahndungsaktion
Das kleine Mädchen war entführt worden, während seine Mutter in dem Einkaufszentrum Kleidung anprobierte. Die Angeklagte aus dem Bezirk Kitzbühel hatte das Baby aus dem vor der Umkleidekabine abgestellten Kinderwagen genommen. Obwohl das Einkaufszentrum unmittelbar danach abgeriegelt worden war, gelang ihr die Flucht. Aufgrund der veröffentlichten Bilder aus der Überwachungskamera gingen jedoch bald Hinweise ein. Im Zuge einer großangelegten Fahndung wurde die Entführerin fünf Stunden später in Bayern in Grenznähe zu Tirol festgenommen. Das Baby konnte den Eltern unverletzt übergeben werden.

Streitfrage Zurechnungsfähigkeit
Laut Staatsanwaltschaft soll die Frau zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig gewesen sein. Die Tirolerin wurde nach ihrer Festnahme in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, wo bei ihr ein "übersteigerter Kinderwunsch" und eine Störung des Sozialverhaltens festgestellt wurden. Mitte Juli 2010 wurde die Frau von Bayern nach Tirol überstellt, das Landesgericht Innsbruck verhängte die Untersuchungshaft. Im vergangenen Februar wurde die Angeklagte enthaftet. Ihr Verteidiger hatte insgesamt drei Enthaftungsanträge gestellt. "Meine Mandantin ist geständig, die Taten sind voll geklärt, die Anklageschrift wurde von uns nicht beeinsprucht. Da sind acht Monate Untersuchungshaft einfach genug", hatte er damals argumentiert.

Entführung nicht das einzige Delikt
Beim Delikt der Kindesentführung liegt das Strafmaß bei bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Im Fall der Veruntreuung soll die Angeklagte in der Zeit von August 2007 bis Juni 2009 Geld im Wert von rund 160.000 Euro unterschlagen haben. Zudem wird der Tirolerin auch Urkundenfälschung vorgeworfen. Ein Urteil könnte in den Mittagsstunden fallen.

(apa/red)