Handke: Scharfe Kritik an Norbert Gstrein
NEWS: "Das tut nur ein Karrierist"

Österreichs Weltliterat über sein Partisanenstück Sein neues Buch und die Peter Handke-Biografie

Peter Handke übt scharfe Kritik am österreichischen Schriftsteller Norbert Gstrein und dessen viel diskutiertem Roman „Die ganze Wahrheit”.

Handke: Scharfe Kritik an Norbert Gstrein
NEWS: "Das tut nur ein Karrierist" © Bild: NEWS/Vukovits

Handke in der morgen erscheinenden NEWS-Ausgabe zum angeblichen Schlüsselroman über Suhrkamp-Verlegerin Ulla Berkewicz und ihren verstorbenen Gatten Siegfried Unseld: „Das habe ich verfolgt, und ich finde, das ist unerlaubt. So zu tun, als ob es kein Schlüsselroman wäre, und dann doch damit spielen und damit die Leute aufgeilen, das tut kein Schriftsteller. Das tut nur ein Karrierist.”

Peter Handke im NEWS-Interview
Im Interview mit NEWS spricht Handke über sein Leben im Pariser Vorort Chaville und tadelt ­seinen Kollegen Norbert Gstrein, der mit einem angeblichen Schlüsselroman über die Suhrkamp-Verlegerin Ulla Berkéwicz sprachraumweites Aufsehen erregt.

NEWS:  Wann schreiben Sie?
Handke:  Gott schreibt für mich.

NEWS:  Wann?
Handke:  Immer seltener. Die richtige Arbeit ist selten. Ich drück mich, wo ich kann, weil ich immer noch Angst vorm Schreiben habe. Ich fange eher am Nachmittag an, wenn ich müde werde, wenn alles nicht mehr so einfach scheint. Ich gehe vorher wandern und Essen zube­reiten, einkaufen, Haus und Garten in Unordnung halten. Mit dem Schreiben beginne ich meistens so um zwei. Damit ich aus dem Nachmittagstunnel herauskomme, bringt mir das Schreiben das Licht. Früher habe ich immer am Vor­mittag geschrieben, jetzt finde ich nach drei, vier Stunden den Rhythmus nicht mehr, verliere vor allem die Bilder. Man muss beim Schreiben ein Bild haben. Aus dem Bild kommt das Gefühl, und aus dem Gefühl kommt der Rhythmus. Nach vier Stunden kann ich nicht mehr.

NEWS:  Wie sind nun diese Nachttexte entstanden?
Handke:  Ich habe mich zwei Jahre lang ­darauf trainiert, mich mitten in der Nacht zu wecken und den Satz, den ich gehört, den ich selber vielleicht gesprochen habe, aufzuschreiben. Die Sprache der Träume ist zum Buch geworden. Ich fand das seltsam, habe es noch nie gehört und noch nie zu lesen bekommen. Träume werden ja oft erzählt, und das ist meistens sehr langweilig. Aber wie die Sprache der Träume ist, wie die Sätze funktionieren, das hat mich fasziniert.

NEWS:  Reibt das Verfahren nicht auf?
Handke:  Man muss sich nur ermannen, dann reibt es überhaupt nicht auf. Man hat seine Pflicht getan und schläft weiter.

NEWS:  Als ob man sich etwas notiert, das einen nicht schlafen lässt?
Handke:  Ja genau. Dann ist es getan und man schläft weiter.

NEWS:  Haben Sie je mit Drogen experimentiert?
Handke:  Nicht einmal mit Wein. Ich trinke gern einmal am Abend Wein, aber ich könnte nicht schreiben, da kommt nur Unsinn heraus. William Faulkner hat mit Bourbon-Whiskey seine letzten Bücher geschrieben, aber ich kann mir das nicht vorstellen. Ich brauche gar nichts, ich brauche nicht einmal Wasser beim Schreiben.

NEWS:  Haben Sie die Debatte um Norbert Gstreins Roman „Die ganze Wahrheit“ verfolgt? Es geht da angeblich um Ihre ­Verlegerin Ulla Berkéwicz und ihren verstorbenen Mann Siegfried Unseld.
Handke:  Das habe ich verfolgt, und ich finde, das ist unerlaubt. So zu tun, als ob es kein Schlüsselroman wäre, und dann doch damit spielen und damit die Leute aufgeilen, das tut kein Schriftsteller. Das tut nur ein Karrierist.

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